Finanzminister wollen bei Reform der Grundsteuer Tempo machen

Die Reform der Grundsteuer ist ein gewaltiges Projekt. Bundesfinanzminister Scholz will höhere zusätzliche Belastungen vermeiden. Er hat seinen Länderkollegen Pläne vorgestellt, die aber nicht überall gut ankommen.

Bei der geplanten Reform der Grundsteuer wollen die Finanzminister von Bund und Ländern trotz weiter unterschiedlicher Positionen Tempo machen. Anfang Januar soll es ein erneutes Treffen von Bundesfinanzminister Olaf Scholz mit den Länderministern geben, wie die Deutsche Presse-Agentur nach Gesprächen am Mittwoch aus Teilnehmerkreisen erfuhr. Dann könnte bereits eine Entscheidung für ein Modell fallen.

Bis zum Frühjahr müsse ein Gesetzentwurf vorliegen, hieß es. Bei dem Treffen am Mittwoch habe es bei vielen Ländern Unterstützung für das von Scholz favorisierte wertbezogene Modell gegeben - mit der Begründung, dass dieses gerechter sei als ein Flächenmodell, das etwa Bayern und Niedersachsen favorisierten.

Ziel: Konsens mit allen Ländern

Scholz will laut Kreisen eine Einigung im Konsens mit allen Ländern. Seine Pläne sehen 3 Kernpunkte vor: 

  1. eine rechtssichere Bemessungsgrundlage sowie
  2. eine Reform, die sozial gerecht ist und
  3.  weiterhin ein Aufkommen von rund 14 Mrd. EUR für die Kommunen sichert.

Der Bundesfinanzminister selbst sagte am Mittwoch, er strebe eine Lösung ohne eine "größere Belastung" für die Steuerzahler an. Scholz sagte vor dem Treffen mit seinen Länderkollegen, die Diskussionen würden nun sehr sorgfältig geführt. "Ich bin überzeugt, dass wir das hinbekommen werden, und dass es eine Lösung ist, die die Zielsetzung verfolgt, die man hier haben kann - nämlich erstens, zu tun, was das Bundesverfassungsgericht uns aufgegeben hat, und zweitens, die Steuerzahler und Steuerzahlerinnen vor größerer Belastung zu schützen."

Konzept sieht ein wertabhängiges Modell vor

Vermieter und Mieter müssen sich in gefragten Gegenden dann wohl auf steigende Belastungeneinstellen. Es gehe im Schnitt um einen "mittleren zweistelligen Euro-Betrag mehr im Jahr", hieß es am Montag in Regierungskreisen. Mit dem Vorschlag müssten 36 Mio. Grundstücke, Wohngebäude und Häuser einzeln bewertet werden. Die Bemessungsgrundlage soll sich künftig zusammensetzen aus: 

  • Nettokaltmiete,
  • Wohnfläche,
  • Baujahr,
  • Grundstücksfläche und 
  • Bodenrichtwert. 

Vermieter können die Kosten für die Grundsteuer auf die Mieten umlegen. Bei dem Modell müssen aber auch Wohnungsbesitzer für selbst genutzte Immobilien eine "fiktive" Miete angeben - das Finanzministerium will dafür regionale Mietpreisstufen festlegen. Scholz selbst hielt sich am Montag bedeckt zu den Plänen, die er am Mittwoch den Bundesländern vorstellen will.

Steuermesszahl und Hebesatz sollen Auswüchse verhindern

Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur soll über einen zweiten Hebel verhindert werden, dass es gerade in gefragten Gegenden mit hohen Nettokaltmieten zu noch weiter steigenden Mieten kommt: Denn bei der komplexen Berechnung der Grundsteuer kommt neben der Bemessungsgrundlage auch immer die sog. Steuermesszahl zum Tragen - diese könnte im Gegenzug massiv gesenkt werden. Ebenso könnten die Kommunen über den dritten Faktor bei der Berechnung, den kommunalen Hebesatz versuchen, die Effekte der Reform auszugleichen.

Einheitsbewertung für die Bemessung der Grundsteuer verfassungswidrig

Die Grundsteuer-Erhebung in der bisherigen Form war Anfang des Jahres vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe verworfen worden - die Berechnungsgrundlage sei verfassungswidrig und völlig überholt. Das Gericht hatte eine Neuregelung bis spätestens Ende 2019 verlangt - dafür wird aber langsam die Zeit knapp.

2020 sollen die Bürger erstmals die Steuererklärung mit den Angaben zur neuen Grundsteuer ausfüllen - aber sie soll erst ab 2025 in der neuen Form kassiert werden, um genug Zeit für den Aufbau des Systems zu haben.

Kritik am wertbezogenen Modell aus Hessen

Hessens Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) teilte nach dem Treffen mit, die Grundsteuer müsse gerecht, einfach und verfassungskonform sein. "Der Vorschlag des Bundesfinanzministers löst das nicht ein." Immerhin habe das Bundesfinanzministerium nun endlich einen Vorschlag zur Grundsteuer vorgelegt. "Nach zu langem Stillstand bleibt jetzt aber gerade mal noch ein Jahr, daraus ein trag- und mehrheitsfähiges Gesetz zu machen und dieses auch zu verabschieden. Das wird nicht leicht, aber möglich ist es." Die Zeit dränge, so Schäfer. "Hessen wird sich mit konkreten Vorschlägen einbringen – für eine gerechte, einfache, verfassungskonforme, aber auch aufkommensneutrale Grundsteuer."

Die Motivation des Modells des Bundesfinanzministeriums sei es, die Grundsteuer sozial ausgewogen an der Miethöhe zu orientieren. Diese Idee werde im Berechnungsmodell aber ziemlich verwässert. "Ausgangsbasis ist zwar die Miete, aber unterstellte Zinssätze und das Baujahr beeinflussen die Belastungshöhe mindestens genauso stark und auch der Bodenwert spielt eine zentrale Rolle. Das Modell nimmt letztlich Immobilienwerte in den Blick und nicht das, was Mieter für die Nutzung zahlen."

Der Bund müsse außerdem seine Regelungskompetenz in der Verfassung klarstellen, sonst riskiere er die Nichtigkeit des neuen Gesetzes. "Eine Verfassungsänderung zur Absicherung der Reform muss meines Erachtens her."

Bayern lehnt das Modell strikt ab

Auch Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) bereits kritisiert, die Pläne von Scholz. Das würde "Steuererhöhungen, Mieterhöhungen und vor allem mehr Bürokratie bedeuten", kritisierte Füracker. Die Reform soll keine Steuermehrbelastungen für Eigentümer und Mieter erzeugen. Füracker kritisierte auch Scholz' Vorgehen als "verwunderlich": Dass kurz vor einem Treffen mit den Länderfinanzministern nun Bruchstücke des Plans an die Öffentlichkeit gelangten, erleichtere die Sache nicht. "Nicht der Bund ist für die Verwaltung der Grundsteuer zuständig." Deswegen sei erstmal eine enge Abstimmung mit den Bundesländern notwendig.

Bei dem von Bayern favorisierte Modell, soll die Steuer unabhängig vom Wert einfach nur nach der Wohn- und Grundstücksfläche berechnet wird. Das bedeutet zwar viel weniger Bürokratie, aber viele Experten halten das Modell wiederum für sozial ungerecht, weil zum Beispiel Besitzer von Filet-Immobilien in Großstädten dabei so viel zahlen würden wie Besitzer von Landgrundstücken, auf denen nur eine Gartenhütte steht.

dpa
Schlagworte zum Thema:  Grundsteuer, Steueränderungen