Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren: Zulässigkeit einer Beschwerde gegen den nachträglichen Entzug von Prozesskostenhilfe

 

Orientierungssatz

Gegen einen Beschluss zur nachträglichen Entziehung von Prozesskostenhilfe wegen unterbliebener Auskunft über mögliche nachträgliche Änderungen in den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ist eine Beschwerde nicht statthaft. Das gilt auch dann, wenn in der Rechtsmittelbelehrung zum Aufhebungsbeschluss eine Beschwerdemöglichkeit aufgeführt wurde (Anschluss LSG Chemnitz, Beschluss vom 31. August 2011, L 7 AS 553/11).

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 3. Mai 2011 hinsichtlich der Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird als unzulässig verworfen.

 

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin begehrt die Aufhebung des die bewilligte Prozesskostenhilfe (PKH) abändernden Beschlusses für ein zwischenzeitlich erledigtes erstinstanzliches Klageverfahren.

Mit Beschluss vom 12. November 2008 wurde der Beschwerdeführerin im Verfahren S 24 AS 1652/08 vor dem Sozialgericht Nordhausen PKH ohne Ratenzahlung bewilligt und Rechtsanwalt M. mit Wirkung vom 20. Juni 2008 beigeordnet. Die Beschwerdeführerin bezog zu diesem Zeitpunkt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch. Im Erörterungstermin vom 28. September 2009 wurde die Klage zurückgenommen.

Im Februar 2011 wurde die Beschwerdeführerin durch das erstinstanzliche Gericht zur erneuten Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse mit Fristsetzung bis zum 14. März 2011 aufgefordert. Das Schreiben wurde der Beschwerdeführerin mit Postzustellungsurkunde am 2. April 2011 durch Einwurf in den Briefkasten zugestellt. Die Beschwerdeführerin reagierte nicht.

Mit Beschluss vom 3. Mai 2011 entschied das Sozialgericht, dass die Bewilligung der Prozesskostenhilfe vom 12. November 2008 nach § 124 Nr. 2 2. Alternative Zivilprozessordnung (ZPO) in Verbindung mit § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) aufgehoben wird. Dem Aufhebungsbeschluss war eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt, die die Beschwerde zum Thüringer Landessozialgericht als statthaft bezeichnete. Der Beschluss wurde der Beschwerdeführerin am 12. Mai 2011 zugestellt.

Mit ihrer am 26. Mai 2011 eingelegten Beschwerde begehrt die Beschwerdeführerin die Aufhebung des Beschlusses vom 3. Mai 2011.

Sie reicht die nunmehr ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach und begehrt hilfsweise die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Der Beschwerdegegner hat keine Stellungnahme abgegeben.

Der Prozessbevollmächtigte der Beschwerdeführerin wurde mit Schreiben des Gerichts vom 29. Juni 2011 darauf hingewiesen, dass die Beschwerde nicht statthaft ist.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die in den Akten befindlichen Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist nicht statthaft und damit unzulässig. Die anderslautende Rechtsmittelbelehrung des Sozialgerichts führt nicht zur Zulässigkeit des Rechtsmittels.

Gemäß § 172 Abs. 1 SGG findet gegen Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser Gerichte die Beschwerde zum Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist. Eine solche Bestimmung trifft § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG. Danach ist die Beschwerde gegen die Ablehnung von PKH ausgeschlossen, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die PKH verneint. Die Bewilligung von PKH erfolgt im sozialgerichtlichen Verfahren nach den Regelungen der Zivilprozessordnung (ZPO). Dies ergibt sich aus § 73a SGG.

§ 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG ist auch im vorliegenden Fall der "Aufhebung" von PKH anwendbar. Das Sozialgericht Nordhausen hat die Bewilligung von PKH aufgehoben, da die Beschwerdeführerin ihre wirtschaftlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der Überprüfung nicht offengelegt hat. Diese Entscheidung beruht nur auf den wirtschaftlichen Verhältnissen der Beschwerdeführerin. Der Beschluss vom 3. Mai 2011 entspricht daher einer Entscheidung über die Ablehnung von Prozesskostenhilfe aus wirtschaftlichen Gründen (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, 2008, § 172, Rd. 6h).

Zwar könnte der Gesetzeswortlaut dagegen sprechen, wenn in der Norm allein von der "Ablehnung" von PKH die Rede ist. Allerdings ist auch die Aufhebung der Sache nach nichts anderes als eine (wenn auch nachträgliche) Aufhebung.

Mit dem Sächsischen LSG (Beschluss vom 31. August 2011 - L 7 AS 553/11 B PKH-) ist der Senat der Ansicht, dass der Fall der nachträglichen Entziehung der Prozesskostenhilfe nicht anders zu behandeln ist als eine anfängliche Verneinung der persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe. In beiden Fällen wird die Prozesskostenhilfe abgelehnt, ohne dass die Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung geprüft wird. Ausweislich der Gesetzesbegründung soll die Ablehnung von Prozesskostenhilfe nur dann mi...

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