Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Verfahrensgebühr gem RVG-VV Nr 3103. keine entsprechende Anwendung des § 15a RVG
Leitsatz (amtlich)
Bei der Verfahrensgebühr Nr 3103 RVG-VV handelt es sich nicht um die Anrechnung einer Gebühr auf eine andere Gebühr nach § 15a RVG, sondern um einen Sondergebührentatbestand für eine vorausgegangene Tätigkeit im Verwaltungs- bzw Widerspruchsverfahren. Auch eine entsprechende Anwendung des § 15a RVG kommt nicht in Betracht.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nordhausen vom 14. Dezember 2010 wird zurückgewiesen.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der Rechtsanwaltsgebühren für ein Verfahren vor dem Sozialgericht Nordhausen streitig (Az.: S 24 AS 2750/08).
Mit Bescheid vom 10. August 2008 hatte die Beklagte, eine ARGE Grundsicherung, den Antrag der Kläger (Bedarfsgemeinschaft von zwei Personen) auf Übernahme einer Heizkostennachzahlung in Höhe von 42,23 Euro abgewiesen. Den von dem Beschwerdeführer erhobenen Widerspruch wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 7. August 2008 zurück. Auf die Klageerhebung gewährte das Sozialgericht dem Kläger Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung und ordnete den Beschwerdeführer bei. In dem 26 Minuten dauernden Erörterungstermin am 28. September 2009 verhandelte das Sozialgericht drei Verfahren der Kläger. Nach dem Hinweis des Kammervorsitzenden, dass die Berechnung der Beklagten richtig sei, nahm der Beschwerdeführer die Klage zurück.
In seiner Kostenrechnung vom 24. November 2009 machte er aus der Staatskasse für das Verfahren einen Betrag 654,20 Euro geltend, der sich wie folgt errechnet:
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Verfahrensgebühr Nr. 3102 VV RVG |
250,00 Euro |
Gebührenerhöhung Nr. 1008 VV RVG |
75,00 Euro |
Terminsgebühr Nr. 3106 VV RVG |
200,00 Euro |
Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld |
4,75 Euro |
Post- und Telekommunikation Nr. 7002 VV RVG |
20,00 Euro |
Zwischensumme |
549,75 Euro |
Mehrwertsteuer |
104,45 Euro |
Gesamtbetrag |
654,20 Euro |
Unter dem 30. April 2010 wies die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UKB) die Zahlung von 345,70 Euro an und führte aus, hinsichtlich der Verfahrensgebühr Nr. 3103 werde eine um ¼ geminderte Mittelgebühr (127,50 Euro) als angemessen erachtet. Die Bedeutung der Angelegenheit für die Kläger sowie Umfang und Schwierigkeit seien leicht unterdurchschnittlich, die Einkommen- und Vermögensverhältnisse unterdurchschnittlich gewesen. Für die Terminsgebühr sei die Hälfte der Mittelgebühr angemessen. Nachdem am gleichen Tag 12 Verfahren verhandelt wurden, seien Fahrtkosten-, Tage- und Abwesenheitsgeld anteilig zu berechnen.
Seine Erinnerung hat der Beschwerdeführer auf die Höhe der Verfahrens- und Terminsgebühr beschränkt und ausgeführt, die Verhandlungsgebühr sei anhand der Kriterien des § 15a des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) zu berechnen. Die Entscheidung der UKB sei nicht nachvollziehbar. Die Bedeutung der Sache sei für die Kläger eher überdurchschnittlich gewesen. Der Umfang seiner anwaltlichen Arbeit sei nicht unterdurchschnittlich gewesen und es habe sich um eine sehr komplexe und komplizierte Rechtsmaterie gehandelt. Die Kürzung der Terminsgebühr sei nicht angebracht, weil die volle Terminsgebühr mit der Wahrnehmung des Termins entstehe. Auf die Dauer des Termins komme es nicht an.
Mit Beschluss vom 14. Dezember 2010 hat das Sozialgericht die aus der Staatskasse zu erstattenden Kosten auf 451,11 Euro festgesetzt und im Übrigen die Erinnerung zurückgewiesen. Einschlägig sei die Verfahrensgebühr Nr. 3103 VV RVG, weil der Beschwerdeführer die Kläger bereits im Widerspruchsverfahren vertreten habe. Der Ansatz der Gebühr Nr. 3102 VV RVG komme nicht in Betracht. § 15a RVG sei bereits nach seinem Wortlaut nicht anwendbar, da er lediglich die Folgen einer Anrechnung nach dem RVG regle (vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. September 2009 - Az.: II ZB 35/07 und 29. April 2010 - Az.: V ZB 38/10). Wann die Anrechnung erfolge, sei im RVG ausdrücklich geregelt, z.B. in der Vormerkung 3 Abs. 4 RVG. Bei Nr. 3103 VV RVG handle es sich nicht um eine Anrechnung sondern um einen Sondergebührentatbestand für den Fall einer vorausgegangenen Tätigkeit im Verwaltungs- bzw. Widerspruchsverfahren. Eine entsprechende Anwendung des § 15a RVG scheitere bereits an der notwendigen planwidrigen Regelungslücke, denn der Gesetzgeber habe nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/12717 S. 2, 58) mit dem neuen § 15a RVG ausdrücklich nur den Begriff der Anrechnung definieren wollen um unerwünschte Auswirkungen der Anrechnung zu vermeiden. Im zugrunde liegenden Verfahren seien Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit durchschnittlich und die Bedeutung für die Kläger leicht überdurchschnittlich gewesen. Bei der Terminsgebühr sei eine Kürzung der Mittelgebühr um ein Drittel gerechtfertigt. Auf die Dauer des Erörterungstermins komme es neben den weiteren Kriterien des § 14 RVG durchaus an (Senatsbeschluss vom 6. März 2008 - Az.: L...