Tenor

1. Der Bescheid vom 10.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.04.2016 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Kläger mit einem Handbike mit zuschaltbarem Elektroantrieb Typ „dynagil AP“ in Höhe von 9.882,57 € zu versorgen.

2. Die Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Kostenübernahme eines Handbikes mit E-Motor Typ „dynagil AP“ nach den Vorschriften des Fünften Buches Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V).

Der querschnittsgelähmte Kläger ist aktuell mit einem Faltrollstuhl und Rollstuhl mit Starrrahmen versorgt. Zusätzlich war er mit einem E-Fix-Antrieb versorgt, der jedoch mittlerweile defekt ist und entsorgt wurde. Beim Kläger liegt ein Grad der Behinderung von 100 mit den Merkzeichen aG, H, RF, B und G sowie Pflegegrad 5 vor.

Am 27.11.2015 beantragte der Kläger durch Vorlage einer ärztlichen Verordnung und eines Kostenvoranschlags der C. GmbH ein Handbike „dynagil AP“ mit Tetra-Sonderzubehör in Höhe von 9.882,57 Euro.

Der verordnende Arzt, Herr D., gab in dem von der Beklagten übermittelten Fragebogen am 09.12.2015 an, dass der Kläger das begehrte Hilfsmittel mindestens 3-4 mal pro Woche nutzen würde zur Besserung der Beweglichkeit und Teilnahme am dörflichen Leben. Der Kläger sei mit einem Elektrorollstuhl versorgt, mit diesem könne er aber keine Strecken bis zu 1000 m und mehr zurücklegen.

Mit Bescheid vom 10.12.2015 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, dass Radfahren bei Erwachsenen nicht zu den Grundbedürfnissen gehören würde.

Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Der Kläger beruft sich auf die Rechtsprechung des BSG vom 18.05.2011 (B 3 KR 7/10 R und B 3 KR 12/10 R), wonach die Kostenübernahme eines Handbikes bejaht worden sei, wenn sie Schmerzen verhindern oder eine therapeutische Behandlung unterstützen würden.

Daraufhin beauftragte die Beklagte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Hessen (MDK) mit der Begutachtung. Dieser führt in seinem Gutachten vom 02.02.2016 aus, dass bei der angegebenen Läsionshöhe von einer Gehunfähigkeit mit erheblicher Beeinträchtigung der oberen Gliedmaßen auszugehen sei. Wegen dieser Beeinträchtigung sei der Kläger nicht in der Lage, das begehrte Hilfsmittel über jene Wegstrecken anzutreiben, die ihm von der gesetzlichen Krankenversicherung zu ermöglichen seien. Es sei ein elektrisch angetriebenes Krankenfahrzeug erforderlich, welches scheinbar auch bereits vorhanden sei (E-Fix-Antrieb). Die zusätzliche Bereitstellung eines Hilfsmittels mit Elektroantrieb sei daher nicht erforderlich und übersteige das Maß des Notwendigen. Auch der Wunsch des Klägers, Wegstrecken von über 100 km zurückzulegen, liege nicht mehr im Leistungsbereich dessen, was die gesetzliche Krankenversicherung im Rahmen einer Hilfsmittelausstattung abzudecken habe. Es handele sich um Freizeitaktivitäten, die der Eigenverantwortung unterliegen würden. Die zusätzlich genannten therapeutischen Aspekte ließen sich zielgerichteter und wirtschaftlicher durch Maßnahmen einer vertraglichen Heilmittelbehandlung oder durch eigentätige Übungen erzielen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.04.2016 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.

Hiergegen richtet sich die erhobene Klage. Der Kläger sei bisher mit einem Faltrollstuhl und einem Rollstuhl mit Starrrahmen versorgt. Der E-Fix-Antrieb sei defekt. Die beiden Rollstühle seien nicht zur Erschließung des Nahbereichs ausreichend. Er könne sich nicht alleine vom Rollstuhl in seinen Pkw umsetzen. Die Nutzung des Pkw sei nur mit Hilfe seiner Eltern möglich. Da seine Mutter verstorben sei und der Vater altersbedingt nicht mehr helfen könne, komme der Kläger mit dem vorhandenen Hilfsmittel nur bis zur Grundstückgrenze. Mit der bisherigen Versorgung könne der Kläger keine Bordsteinkanten überwinden und auch keine Gefällstrecken befahren, da die Bremsfunktion des E-Fix-Antriebs nicht mehr gegeben sei. Das beantragte Handbike würde den Kläger in die Lage versetzen, ohne fremde Hilfe sein Haus zu verlassen, um im Nahbereich seiner Wohnung seine benötigten Lebensmittel einzukaufen. Zudem habe er niemals den Wunsch geäußert, mit dem Handbike Wegstrecken von über 100 km zurückzulegen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom 10.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.04.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Kläger mit einem Handbike mit zuschaltbarem Elektroantrieb Typ „dynagil AP“ in Höhe von 9.882,57 € zu versorgen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, dass bisher nicht ärztlich festgestellt worden sei, dass der Kläger den Nahbereich mit der vorhandenen Versorgung nicht erschließen könne. Die Beklagte könne sich eine vergleichbare Regulierung dahingehend vorstellen, dass sie den Kläger mit einem Elektrorollstuhl versorge oder alternativ die Anschaffung des streitigen Handbikes mit Elektroantrieb in Höhe der Wiedereinsatzpauschale für einen Elektror...

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