Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. einstweiliger Rechtsschutz. Regelungsanordnung. Anordnungsgrund. Sozialhilfe. Hilfe zur Pflege. Übernahme der Heimkosten. Kündigung des Heimvertrages. fehlendes Rückkehrrecht nach stationärer Krankenhausbehandlung. Anordnungsanspruch. erweiterte Hilfe. Nichtbestehen eines Leistungsanspruchs nach § 61 SGB 12 wegen übersteigenden Vermögens. Bestehen einer gegenwärtigen Notlage, der der Hilfebedürftige nicht selbst begegnen kann
Orientierungssatz
1. Bei auf die Übernahme laufender Heimkosten gerichteten Eilverfahren liegt eine ein gerichtliches Eingreifen erfordernde Notlage (Anordnungsgrund) jedenfalls dann vor, wenn der Heimträger eine Kündigung des Heimvertrages ausgesprochen hat und eine Räumungsklage anhängig geworden ist, weil spätestens dann die konkrete Gefahr eines unmittelbar bevorstehenden Verlustes des Heimplatzes und von Obdachlosigkeit vorliegt.
2. Ein Anordnungsgrund besteht auch bei Nichtanhängigkeit einer Räumungsklage, wenn sich der Heimbewohner aufgrund einer stationären Krankenhausbehandlung nicht mehr in der Pflegeeinrichtung befindet und aufgrund der Kündigung des Heimvertrages über kein rechtlich gesichertes Rückkehrrecht (mehr) verfügt.
3. § 19 Abs 5 SGB 12 setzt mit Blick auf den Wortlaut und den Zweck der Vorschrift - Erbringung von Leistungen in einer gegenwärtigen Notlage trotz fehlender Bedürftigkeit - zum einen voraus, dass der vom Leistungsempfänger der Sache nach geltend gemachte Anspruch allein im Hinblick auf die Regelungen zu Einkommen und Vermögen nicht durchgreift.
4. Darüber hinaus muss in Anknüpfung an die Vorgängervorschriften aus dem BSHG ein sog begründeter Fall vorliegen, der im Hinblick auf den Zweck der erweiterten Sozialhilfe nur dann bestehen soll, wenn eine gegenwärtige Notlage vorliegt (vgl BSG vom 20.9.2012 - B 8 SO 20/11 R = SozR 4-3500 § 19 Nr 4), der der Hilfebedürftige trotz fehlender Bedürftigkeit nicht selbst begegnen kann.
Tenor
Der Antragsgegner wird im Wege einstweiliger Anordnung verpflichtet, die ungedeckten Kosten für die Unterbringung des Antragstellers in einem Alten- und Pflegeheim vorläufig für die Zeit ab Oktober 2014 für zunächst 6 Monate, längstens jedoch bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu übernehmen.
Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob der Antragsgegner verpflichtet ist, die ungedeckten Heimkosten des Antragstellers zu tragen.
Der am 25.03.1952 geborene Antragsteller ist verheiratet mit Frau XXX. Er leidet an einer organischen affektiven Störung, den Folgen eines Hirninfarktes, Multiinfarkt-Demenz, essentieller Hypertonie sowie Diabetes mellitus und steht aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts (AG) Lippstadt vom 02.02.2013 unter Betreuung. Seit dem 21.03.2013 wird er im XXX in einer geschlossenen Wohngruppe versorgt. Seine Ehefrau lebt weiterhin in der früher gemeinsamen Wohnung XXX in XXX. Mit Beschlüssen vom 19.02.2013 und vom 15.04.2013 genehmigte das AG Lippstadt die geschlossene Unterbringung des Antragstellers im XXX bis längstens zum 15.04.2014. Mit Bescheid vom 03.06.2013 wurde mit Wirkung vom 21.03.2013 bei dem Antragsteller die Pflegestufe I festgestellt.
Noch während seiner stationären Behandlung in der XXX auf der geschlossenen Station XXX beantragte der Antragsteller - vertreten durch seine Betreuerin - am 12.03.2013 die Übernahme der ungedeckten Heimkosten beim Antragsgegner. Er sei krankheitsbedingt nicht mehr in der Lage, ein selbstständiges Leben zu führen, auf Hilfe von außen angewiesen und verwies insoweit auf eine Stellungnahme der XXX zur Heimnotwendigkeit vom 13.02.2013. Nach Abschluss der stationären Behandlung solle er deshalb in einer geschlossenen Wohngruppe im XXX untergebracht werden. Er sei nicht in der Lage, diese Heimunterbringung aus eigenen Mitteln zu finanzieren. Aussagekräftige und insbesondere vollständige Angaben zu seinem und dem Einkommen und Vermögen seiner Ehefrau konnte der Antragsteller nicht machen. Die selbst an einer chronischen Psychose leidende Ehefrau war nicht bereit, der Betreuerin des Antragstellers diesbezügliche Auskünfte zu erteilen oder Nachweispapiere auszuhändigen. Lediglich den Kontostand des Girokontos des Antragstellers (XXX € 629,77 am 19.02.2013) und eines Sparbuchs (XXX 1.385,82 am 19.02.2013) bei der XXX sowie eine Lebensversicherung bei der XXX (XXX, Rückkaufswert zum 01.04.2013 € 2.090,69) und das Eigentum an einem 16 Jahre alten Pkw XXX (amtl. Kennzeichen XXX) wurde nachgewiesen. Auch auf schriftliche Aufforderung durch den Antragsgegner war die Ehefrau des Antragstellers nicht bereit, ihm weitergehende Informationen und Nachweise zu Einkommen und Vermögen zu überlassen.
Mit Bescheid vom 05.08.2013 lehnte der Antragsgegner die Gewährung der beantragten Leistungen wegen des fehlenden Nachweises der Hilfebedürftigkeit ab. Trotz der schriftlichen Aufforderung vom 05.06.2013 und mehrfacher Nachfragen und Erinnerungssc...