Entscheidungsstichwort (Thema)
Beibehaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge
Leitsatz (amtlich)
Gemäß § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist die elterliche Sorge auf einen Elternteil allein zu übertragen, wenn zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den antragstellenden Elternteil dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Die Frage, ob die elterliche Sorge einem Elternteil allein zu übertragen ist, ist somit ausschließlich am Wohl des Kindes zu orientieren.
Hinsichtlich einer mangelnden Konsens- und Kooperationsbereitschaft der Eltern ist zu prüfen, welche Auswirkungen die mangelnde Einigungsfähigkeit der Eltern bei einer Gesamtbeurteilung der Verhältnisse auf die Entwicklung und das Wohl des Kindes haben wird (BGH v. 29.9.1999 - XII ZB 3/99, MDR 2000, 31, m. Anm. Oelkers = FamRZ 1999, 1646; OLG Karlsruhe v. 9.9.1999 - 5 UF 184/98, FamRZ 2000, 111). Ist nicht erkennbar, dass sich das behauptete schlechte Verhältnis zwischen den Eltern bislang negativ auf das Kindeswohl ausgewirkt hat und ist auch nicht zu befürchten, dass sich zukünftig negative Auswirkungen ergeben könnten, verbleibt es trotz der Kommunikationsschwierigkeiten zwischen den beiden Elternteilen bei der gemeinsamen elterlichen Sorge, da die in der gemeinsamen Sorge gesetzlich ausgeprägte besondere gemeinschaftliche Verantwortung der Eltern für ihr Kind auch in der getrennt lebenden Situation dem Kindeswohl am besten entspricht, wenn keine besonderen Umstände dagegen sprechen.
Normenkette
BGB § 1671 Abs. 2 Nr. 2
Verfahrensgang
AG Brühl (Urteil vom 19.01.2005; Aktenzeichen 33 F 36/96) |
Tenor
Die Beschwerde wird auf Kosten der Antragsgegnerin zurückgewiesen.
Gründe
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist nicht begründet.
Das AG hat zu Recht davon abgesehen, der Antragsgegnerin das alleinige Sorgerecht für E., der jetzt 14 Jahre alten gemeinsamen Tochter der Parteien zu übertragen.
Gemäß § 1671 Abs. 2 Nr. 2 BGB ist die elterliche Sorge auf einen Elternteil allein zu übertragen, wenn zu erwarten ist, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf den antragstellenden Elternteil dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Dabei ist die Ausgestaltung der gemeinsamen elterlichen Sorge, wie sie § 1687 BGB geregelt hat, zu berücksichtigen. Danach hat das Elternteil, bei dem sich das Kind gewöhnlich aufhält, die Befugnis zur alleinigen Entscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens. Lediglich bei Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung für das Kind ist gegenseitiges Einvernehmen erforderlich. Aus diesem Grunde ist zwar regelmäßig ein gewisses Mindestmaß an Kooperationsbereitschaft und Kooperationsfähigkeit erforderlich. In diesem Zusammenhang besteht Anlass zu dem Hinweis, dass die Eltern im Rahmen der elterlichen Sorge verpflichtet sind, einen Konsens zu finden bzw. sich um Konsensfindung zu bemühen. Wenn ein Elternteil das Fehlen der eigenen Kooperationsbereitschaft nicht nachvollziehbar begründen kann, kann dies Zweifel an seiner Erziehungsfähigkeit begründen.
Entscheidend ist, dass sich die Frage der Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge ausschließlich am Wohl des Kindes zu orientieren hat. Hinsichtlich einer mangelnden Konsens- und Kooperationsbereitschaft ist also zu prüfen, welche Auswirkungen die mangelnde Einigungsfähigkeit der Eltern bei einer Gesamtbeurteilung der Verhältnisse auf die Entwicklung und das Wohl des Kindes haben wird (BGH v. 29.9.1999 - XII ZB 3/99, MDR 2000, 31, m. Anm. Oelkers = FamRZ 1999, 1646; OLG Karlsruhe v. 9.9.1999 - 5 UF 184/98, FamRZ 2000, 111). Hier sind jedoch keinerlei Tatsachen bzw. Gesichtspunkte dafür dargelegt oder sonst erkennbar, dass sich das behauptete schlechte Verhältnis zwischen den Eltern bislang negativ auf das Kindeswohl ausgewirkt hat und deshalb zu befürchten ist, dass sich zukünftig negative Auswirkungen ergeben könnten.
Die Eltern leben bereits seit 8-9 Jahren getrennt und zwar bei gemeinsamer elterlicher Sorge, ohne dass bislang ein Anlass gesehen wurde, die Alleinsorge zu beantragen. Bei Trennung im Jahr 1996 war das am 22.11.1990 geborene Kind erst 5 Jahre alt. Es galt in der Folgezeit also einige Angelegenheiten von erheblichem Gewicht für das Kind zu regeln, wie z.B. die Einschulung, Besuch einer weiterführenden Schule, ohne dass die Antragsgegnerin hier Konflikte geschildert hätte. Zudem stehen in der Zukunft - soweit ersichtlich - angesichts des Alters des Kindes von nunmehr 14 Jahre auch keine Entscheidungen an, die Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung für das Kind betreffen.
Der Senat vermag keinen Grund zu erkennen, weshalb das Kindeswohl eine Änderung der bestehenden Verhältnisse erfordern könnte.
Der Wille des Kindes, die Antragsgegnerin möge die elterliche Sorge alleine ausüben, ist insoweit nicht entscheidend. Die Frage der Regelung der elterlichen Sorge betrifft hier im wesentlichen eine Rechtsfrage, da die tatsächlichen Lebensumstände des Kindes nicht berührt sind. Die Parteien sind sich darüber einig, dass das Kind b...