Entscheidungsstichwort (Thema)

Ruhensfeststellung im Vorverfahren - Sorgerechtsentzug bei Gefährdung der Rückführung

 

Normenkette

BGB §§ 1666, 1674; KSÜ Art. 5 Abs. 1, Art. 15 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Lörrach (Beschluss vom 03.08.2009; Aktenzeichen 11 F 602/08)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Beteiligten Ziff. 1 und 2/Eltern gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Lörrach vom 3.8.2009 (11 F 602/08) wird zurückgewiesen.

2. Gerichtskosten und Auslagen des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten der Beteiligten werden nicht erstattet.

3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 6.000 EUR festgesetzt.

4. Der Beteiligten Ziff. 1/Kindesmutter wird ratenfreie Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug bewilligt und Rechtsanwalt F. beigeordnet.

5. Der Antrag des Beteiligten Ziff. 2/Kindesvaters auf Prozesskostenhilfe für den zweiten Rechtszug wird abgelehnt.

6. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Das Rechtsmittel richtet sich gegen den teilweisen Entzug der elterlichen Sorge für das Kind Aurora Paulino-Beltre, geboren am ... 2007.

Aurora wurde am ... 2007 nichtehelich geboren. Die Mutter ist wie Aurora Staatsangehörige der Dominikanischen Republik. Sie lebt seit 2000 in Deutschland. Der Vater stammt aus dem Kosovo. Die Vaterschaft wurde durch Urteil des AG - Familiengericht - Lörrach vom 22.1.2009 (11 F 588/08) gerichtlich festgestellt. Der Mutter stand somit die elterliche Sorge für Aurora zunächst alleine zu.

Zu Beginn der Schwangerschaft mit Aurora fiel die Mutter durch bizarres und aggressives Verhalten auf. Sie wurde im März 2007 in das Zentrum für Psychiatrie E. (ZPE) eingewiesen, wo sie als "nahezu stuporös, sprach wirr, zusammenhanglos wenige Worte, kippte während des Aufnahmegesprächs nach hinten und überstreckte sich" beschrieben wurde. Nach einer Woche verließ sie das ZPE am 7.3.2007, wurde jedoch am 10.3.2007 wieder aufgenommen auf Grund von auffälligem Verhalten (Nackt ausziehen in einer Gaststätte, unzusammenhängendes Reden, desorganisiertes Auftreten etc.) sowie wegen Verdachts auf Intoxikation mit Cannabis. Seitens des AG - Vormundschaftsgerichts - Lörrach wurde ein Betreuungsverfahren (XVII 8297/07) eingeleitet. Im Lauf dieses Verfahrens kam es 2007 zu insgesamt zehn Aufenthalten im ZPE. Das Betreuungsgutachten vom 7.5.2007 (I, 123) stellte eine psychische Erkrankung fest mit der Diagnose: Akute polymorphe psychotische Episode mit Symptomen einer Schizophrenie, schädlicher Gebrauch von Cannabis, Verdacht auf posttraumatische Belastungsstörung nach Autounfall und/oder Anpassungsstörung. Die Mutter hatte am 21.1.2007 in B. einen Verkehrsunfall, bei dem sie verletzt wurde (Diagnose: HWS-Distorsion), in dessen Folge sich nach Angaben der Mutter ihr Verhalten jedoch verändert hatte, ohne dass ein medizinischer Kausalzusammenhang bisher festgestellt wurde. Aufgrund des Betreuungsgutachtens wurde eine Betreuung für die Angelegenheiten Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitssorge, Vertretung gegenüber Versicherungen, Behörden (Rechtsangelegenheiten), Heimen und Wohnungsangelegenheiten eingerichtet.

Nach Auroras Geburt (.../07) hielten die Eltern sich mit Aurora zunächst in der Dominikanischen Republik auf. Sie kehrten im April 2008 nach Deutschland zurück und trennten sich. Am 12.4.2008 wurde die Mutter in einer psychischen Ausnahmesituation angetroffen und in das ZPE gebracht, wo sie jedoch am 13.4.2008 wieder entlassen wurde. Am 16.4.2008 fiel die Mutter in zwei Cafes in ... als "verwirrte Frau" auf, die Aurora 30-45 Minuten unbeaufsichtigt in dem Cafe ließ und das Cafe in dieser Zeit verlassen hatte, ansonsten mit Aurora die Zeit von 12:00-23:00 Uhr in Cafes verbracht hatte und dort jeweils die Zeche nicht bezahlen konnte. Die Polizei wurde zu zwei Cafes gerufen. Um 23.24 Uhr wurde die Polizei erneut gerufen, diesmal in die Wohnung der Mutter. Die Polizei traf die Wohnung sehr verwahrlost an. Die Mutter war nach der Einnahme von Schlaftabletten zusammengesunken. Mit dem Verdacht eines Suizidversuches wurde die Mutter in das ZPE gebracht, wo sie sich bis Ende Juni 2008 aufhielt. Aurora wurde von dem Jugendamt in Obhut genommen. Sie wurde zunächst in eine Bereitschaftspflegefamilie gebracht. Im Verfahren des AG - Familiengericht - Lörrach 11 F 359/08 wurde das Ruhen der elterlichen Sorge für Aurora festgestellt und das Jugendamt zum Vormund bestimmt. Im weiteren Verlauf kam das Jugendamt zu der Einschätzung, dass Aurora nicht mehr zur Mutter zurückkehren können werde, weswegen sie - 2 ½ Monate nach ihrer Inobhutnahme - am 3.7.2008 in Vollzeitpflege durch die Beteiligten Ziff. 5 und 6 gegeben wurde, wo sie sich seither aufhält.

Auch nachfolgend fiel die Mutter weiter auf. Am 31.5.2008 (während eines Urlaubs vom ZPE) wurde sie in einer Drogerie von einer Detektivin angesprochen. Dort verhielt sie sich wieder unangemessen (urinierte im Sozialraum der Drogerie und auch auf der Polizeiwache). Der Strom wurde abgestellt, die Müllgebühren wurden nicht bezahlt. Vorübergehe...

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