Entscheidungsstichwort (Thema)
Erhöhte Anforderungen an die Glaubhaftmachung des Anordnungsgrundes zur Gewährung höherer Leistungen der Grundsicherung durch Eilrechtsschutz
Orientierungssatz
1. Bei der Bewilligung höherer Leistungen der Grundsicherung als bisher vom Grundsicherungsträger durch einstweiligen Rechtsschutz gewährt sind besondere Anforderungen an die Glaubhaftmachung der Anordnungsgrundes zu stellen.
2. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die entsprechenden Leistungen bisher lediglich aufgrund einer Interessenabwägung und nicht aufgrund eines Rechtsanspruchs vom Grundsicherungsträger gewährt worden sind. Deshalb ist bei der gerichtlichen Entscheidung auch die Realisierbarkeit eines Rückzahlungsanspruchs zu Gunsten des Grundsicherungsträgers bei seiner vorläufigen Verpflichtung zur Leistungsgewährung zu berücksichtigen.
3. Insbesondere bei der Übernahme von Stromschulden ist zu beachten, ob der Hilfebedürftige zumutbare Selbsthilfemöglichkeiten ausgeschöpft hat. Diesem ist u. a. zumutbar, sich im Zivilrechtsweg gegen eine angekündigte oder schon erfolgte Stromsperre zu wehren oder sich um einen Wechsel des Stromversorgers zu bemühen.
Tenor
Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 05.05.2014 wird zurückgewiesen.
Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Antragsgegner zu Recht nicht zur vorläufigen Zahlung höherer Leistungen verpflichtet und auch den Antrag auf Übernahme von Zahlungsrückständen aus Strom- und Gaslieferverträgen zutreffend abgelehnt.
Die Antragsteller können nicht die vorläufige Gewährung höherer laufender Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem Sozialgesetzbuch 2. Buch (SGB II) verlangen, weil es dafür jedenfalls an einem Anordnungsgrund fehlt. Gemäß § 86b Abs. 2 S. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis nur dann zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies ist in Bezug auf die von den Antragstellern verlangten Mehrleistungen nicht der Fall, denn aufgrund der Entscheidung des Sozialgerichts ist gewährleistet, dass ihnen in einem längstens bis zum 16.10.2014 andauernden Übergangszeitraum die nach dem SGB II vorgesehene Regelleistungen bzw. das Sozialgeld zustehen. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass ihnen schwere und unzumutbare sowie nachträglich nicht wiedergutzumachende Nachteile entstehen, wenn bis zu einer abschließenden Klärung der Rechtslage während eines beschränkten Zeitraumes das dem Antragsteller zu 2) gewährte Pflegegeld der Pflegestufe I und das ihm gleichfalls gewährte Gehörlosengeld als den Bedarf minderndes Einkommen berücksichtigt werden.
Die Beschwerdeführer weisen zwar zutreffend darauf hin, dass gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 4 der Arbeitslosengeld II/Sozialgeld-Verordnung die nichtsteuerpflichtigen Einnahmen einer Pflegeperson für Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung nicht als Einkommen (beim Anspruchsberechtigten) zu berücksichtigen sind. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass der Antragsteller zu 2) keine Aufwendungen für eine Pflegeperson hat, weil seine erwerbslose Mutter die erforderliche Pflege übernimmt. Auch wegen der Anrechnung des ohnehin nicht bundesweit gewährten Gehörlosengeldes sind keine schwerwiegenden Nachteile ersichtlich, die bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens eine vorläufige Regelung erfordern. Ein jetzt konkret abzudeckender Mehrbedarf wegen der Gehörlosigkeit des Antragstellers zu 2) wurde weder geltend gemacht noch ist ein solcher ersichtlich.
Die Beschwerdeführer verkennen, dass ihnen eine Leistung bisher lediglich aufgrund einer Interessenabwägung und nicht aufgrund eines Rechtsanspruchs gewährt wird. Es ist deshalb legitim, bei der vorzunehmenden Interessenabwägung auch die Realisierbarkeit eines Rückzahlungsanspruchs zu Gunsten des Antragsgegners bei seiner vorläufigen Verpflichtung zur Leistungsgewährung zu berücksichtigen. Schließlich sollte es auch im Interesse der Antragsteller liegen, nicht möglicherweise mit größeren als unbedingt erforderlichen Rückzahlungsansprüchen belastet zu werden. Unter Berücksichtigung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Rechtssache C-333/13 beim EuGH sieht es der Senat als durchaus fraglich an, dass der Antragstellerin zu 2), die sich zwar seit 2010 im Bundesgebiet aufhält, die bislang aber keine Beschäftigung oder sonstige Tätigkeit ausgeübt hat, Leistungen zustehen.
Ein Anspruch auf Übernahme von Zahlungsrückständen für Energielieferungen gemäß § 22 Abs. 8 SGB II besteht ebenfalls nicht.
Ein Anordnungsgrund für eine Wiederherstellung der Gasversorgung zur Beheizung der Wohnung ist außerhalb der Heizperiode aufgrund der derzeitigen und noch für mehrere Monate zu erwartenden Außentemperatur...