Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsprüfung. Beitragsnacherhebung. Beitragspflicht von zuvor ausgezahlten SFN-Zuschlägen, die sich entgelterhöhend im Rahmen der Lohnfortzahlung für Urlaubstage auswirken
Leitsatz (amtlich)
Auch soweit Teilbeträge der für Urlaubstage zu gewährenden Lohnfortzahlung auf die Zahlung beitragsprivilegierter Zuschläge für Nachtarbeit im vorausgegangenen Referenzzeitraum zurückzuführen sind, nimmt die Lohnfortzahlung ihrerseits nicht an der Beitragsprivilegierung teil.
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der nicht erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die sich insbesondere mit Arbeiten am Bahnschienennetz befassende Klägerin wendet sich mit ihrer Berufung gegen eine auf der Grundlage einer Betriebsprüfung gemäß § 28p SGB IV erfolgten Nacherhebung von Beiträgen zur Sozialversicherung in einer Gesamthöhe von 2.574,14 €.
Die Klägerin ist Arbeitgeberin der Beigeladenen zu 1. bis 3. (vgl. den Arbeitsvertrag mit dem Beigeladenen zu 1., Bl. 40 ff. GA; den Arbeitsvertrag mit dem Beigeladenen zu 2., Bl. 50 ff. GA, und den Arbeitsvertrag mit dem Beigeladenen zu 3., Bl. 43 ff. GA).
Die von den Beigeladenen zu 1. bis 3. geschuldeten Arbeitsleistungen waren jedenfalls zu erheblichen Teilen während der Nacht oder an Sonn- bzw. Feiertagen zu erbringen. Dafür gewährte die Klägerin den Beigeladenen zusätzlich zu dem vereinbarten Grundgehalt Zuschläge (im Folgenden: SFN-Zuschläge).
So erhielt beispielsweise der Beigeladene zu 2. im Oktober 2013 (vgl. Gehaltsabrechnung Bl. 1 VV, auf deren Einzelheiten verwiesen wird, vgl. hinsichtlich der weiteren Gehaltsabrechnungen Bl. 2 ff. VV) zusätzlich zu dem regulären Gehalt von 3.700 € (wobei in diesem Vergütungsbetrag nach Maßgabe des Arbeitsvertrages bereits eine Überstundenpauschale in Höhe von 555 € enthalten war, mit dem „im gesetzlich zulässigen Rahmen geleistete“ Überstunden abgegolten werden sollten) für 192 Stunden Nachtarbeit einen Zuschlag von 20 % auf den Stundenlohn von 18,50 €. Dies ergab in der Summe einen Betrag von 710,40 €. Für 34 Arbeitsstunden an Sonn- und Feiertagen wurde ein Zuschlag von 50 % und damit in der Summe unter diesem Gesichtspunkt insgesamt weitere 388,50 € gezahlt. Ferner leistete die Klägerin für 24 Arbeitstage Auflösungen in Höhe von jeweils 8 €.
Von dem sich damit ergebenden Bruttogesamtbetrag von 4.990,90 € führte die Klägerin Beiträge zur Sozialversicherung nach Maßgabe des Gehalts von 3.700 € ab, bezüglich der weiteren Zahlbeträge berücksichtigte sie die Beitragsfreiheit der Zahlungen.
Das reguläre Gehalt zahlte die Kläger den Beigeladenen zu 1. bis 3. auch für Urlaubstage fort. Die in den Vormonaten geleisteten Zuschläge für Nachtarbeit sowie für Arbeit an Sonn- und Feiertagen wirkten sich hingegen nach den Gehaltsberechnungen der Klägerin nicht erhöhend auf die Lohnfortzahlung für Urlaubszeiten aus. Entsprechend verfuhr die Klägerin bei der Berechnung des fortzuzahlenden Entgelts für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit und für arbeitsfreie Feiertage.
Demgegenüber gelangte die Beklagte im Rahmen der Betriebsprüfung in Bezug auf den Prüfzeitraum 2014 bis 2017 zu der Einschätzung, dass von Rechts wegen die Klägerin zur Zahlungen höherer Entgeltfortzahlungen für Urlaubs-, Krankheits- und Feiertage arbeitsrechtlich verpflichtet gewesen sei. Auch wenn sie dieser Pflicht nicht nachgekommen sei, habe sie für die geschuldeten, wenngleich nicht geleisteten höheren Entgeltfortzahlungsbeträge Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen abzuführen. Auf dieser Basis zog sie die Klägerin mit Bescheid vom 9. November 2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. März 2019 für Monate mit Urlaubs-, Krankheits- und Feiertagen auf Seiten des jeweils eingesetzten Beigeladenen zur Zahlung weiterer Beiträge zu allen Zweigen der Sozialversicherung unter Einschluss von Umlagen U1, U2 und UI heran. In der Summe ermittelte die Beklagte nachzuentrichtende Beiträge in einer Gesamthöhe von 2.574,14 € für den vierjährigen Prüfzeitraum. Wegen der Einzelheiten der Berechnungen verweist der Senat auf den angefochtenen Bescheid (Bl. 38 ff. VV).
Mit ihrer am 19. April 2019 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, dass die Beklagte einen Summenbeitragsbescheid erlassen habe (vgl. Berufungsbegründung vom 24. Juli 2019; tatsächlich hat die Beklagte aber einen personenbezogenen Beitragsnacherhebungsbescheid erlassen).
Nach den Vorgaben des § 1 Abs. 1 SvEV i.V.m. § 3b Abs. 1 EStG seien Zuschläge für „tatsächlich geleistete“ Nachtarbeit sowie Arbeiten an Sonn- und Feiertagen beitragsfrei. Nach klägerischer Rechtsauffassung könne nichts anderes gelten, wenn entsprechende Zuschläge sich entgelterhöhend auf Lohnfortzahlungen auswirken würden. Die gegenteilige Auffassung sei rechts- und verfassungswidrig. Es erschließe sich nicht, weshalb sich die Beitragsprivilegierung nicht auch auf nicht geleistete, aber im Rahmen von Lohnfo...