Entscheidungsstichwort (Thema)
Beginn der Erhöhung des Berufsschadensausgleichs nach eingestellter Zahlung
Leitsatz (amtlich)
Wird die Wiedergewährung eines früher bezogenen (Berufs-) Schadensausgleichs wegen einer mit Jahresanfang eingetretenen Erhöhung des Vergleichseinkommens bis zum 30. Juni beantragt, so beginnt die Leistung jedenfalls am 1. Januar, und zwar auch dann, wenn bereits im Vorjahr die Voraussetzungen einer Wiedergewährung in geringerer Höhe bestanden.
Leitsatz (redaktionell)
Es ist eine Gesetzeslücke anzunehmen, falls (wie hier) der oder die Versorgungsberechtigte bereits einen Berufs- oder Witwen-Schadensausgleich zeitweilig erhalten hatte und damit über die unverändert bleibenden Voraussetzungen des Anspruchs, insbesondere das "Einstufungsgerüst" entschieden worden war und falls danach die Voraussetzungen für die Entstehung eines neuen Anspruchs in der Zeit vor der Erhöhung, deren Beginn umstritten ist, mit dem Anstieg des Durchschnittseinkommens eingetreten waren. Die Gesetzeslücke ist durch eine entsprechende Anwendung des BVG § 60 Abs 2 S 4 Buchst a iVm S 2 oder durch eine solche des Abs 3 S 2 oder durch die Anwendung eines beiden Vorschriften zugrunde liegenden Rechtsgedankens zu schließen.
Normenkette
BVG § 60 Abs. 2 S. 2 Fassung: 1966-12-28, § 61 Buchst. a Fassung: 1964-02-21, § 1 Abs. 1 Fassung: 1950-12-20, § 40a Fassung: 1974-08-23, § 60 Abs. 2 S. 4 Fassung: 1974-08-23, Abs. 3 S. 2
Tenor
Die Revision gegen das Urteil des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 26. März 1975 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin bezog als versorgungsberechtigte Witwe von 1965 bis einschließlich Dezember 1969 einen Schadensausgleich (§ 40 a Bundesversorgungsgesetz - BVG -); dieser wurde nach dem Durchschnittseinkommen eines technischen Angestellten der Leistungsgruppe II der Wirtschaftsgruppe Maschinenbau im Bereich der Investitionsgüterindustrie (metallverarbeitenden Industrie) berechnet, das der Ehemann der Klägerin ohne seine Kriegsverschollenheit wahrscheinlich verdient hätte. Nach der anschließenden Neufeststellung (Bescheid vom 2. Juni 1970) stand der Klägerin ab Januar 1970 wegen der Einkommensverhältnisse kein Schadensausgleich mehr zu. Im Februar 1972 beantragte sie auf einem Fragebogen über ihre Einkommenslage, den ihr das Versorgungsamt (VersorgA) zusandte, erneut den Schadensausgleich, wie er schon gezahlt worden sei. Das VersorgA bewilligte entsprechend der bisherigen "Einstufung" diese Leistung, die sich rechnerisch in Höhe von 22,- DM schon ab Dezember 1971 ergab, in Höhe von 35,- DM monatlich rückwirkend ab Februar 1972 als dem Antragsmonat (Bescheid vom 4. April 1972). Der Widerspruch, mit dem die Klägerin eine "Weitergewährung" des "ruhenden" Schadensausgleichs seit der Erhöhung der Leistungen ab 1. Januar 1972 nach dem 3. Gesetz über die Anpassung der Leistungen des BVG (3. AnpG-KOV) vom 16. Dezember 1971 (BGBl I 1985) beantragte, blieb erfolglos (Bescheid vom 3. Januar 1973). Das Sozialgericht (SG) verurteilte den Beklagten, den Schadensausgleich auch für Januar 1972 zu gewähren (Urteil vom 22. Oktober 1974). Das Landessozialgericht (LSG) wies die vom SG zugelassene Berufung des Beklagten zurück (Urteil vom 26. März 1975): Der Anspruch auf Schadensausgleich, der infolge Erhöhung des Vergleichseinkommens 1971 erneut entstanden sei, müsse unabhängig vom Antrag mit dem Monat beginnen, in dem seine Voraussetzungen erfüllt seien (§ 60 Abs. 2 Satz 4 Buchst. a i. V. m. Satz 2 und § 61 Buchst. b BVG i. d. F. des 3. AnpG-KOV). Bei wörtlicher Auslegung dieser Vorschriften könne der höhere Anspruch erst im Februar 1972 entstehen, weil die Klägerin den Antrag nicht bis zum 30. Juni 1971 gestellt habe. Jedoch erfasse § 60 Abs. 2 Satz 4 i. V. m. Satz 2 BVG als Ausnahme von dem Grundsatz der Abs. 1 und 2 Satz 1 nach Sinn und Zweck auch Fälle wie den vorliegenden, in denen die Leistung nicht bereits laufend gezahlt worden sei; es genüge dafür, daß kein Schadensausgleich mehr gewährt worden sei und ein Anspruch auf einen höheren Schadensausgleich auf einer Änderung des Vergleichseinkommens beruhe. Nach dem in § 60 Abs. 2 und 3 BVG zum Ausdruck gekommenen Grundgedanken seien die Leistungen bei Änderung des Durchschnittseinkommens nicht von einem Antrag abhängig. Nur seien die dem Beklagten nicht bekannten Ansprüche lediglich dann rückwirkend bis zum Beginn eines jeden Jahres zu erfüllen, wenn der Antrag bis zum 30. Juni eingegangen sei.
Der Beklagte hat die - vom LSG zugelassene - Revision eingelegt; er rügt eine Verletzung des § 60 Abs. 2 Satz 4 Buchst. a i. V. m. Satz 2 und § 61 Buchst. b BVG. Diese Vorschriften könnten weder durch eine berichtigende Auslegung noch zur Lückenfüllung durch eine Analogie nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz auf den Fall der Klägerin angewendet werden. Die wortgetreue Anwendung sei vielmehr sinnvoll. Aus den Ausnahmevorschriften des § 60 Abs. 2 Satz 4 und des Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BVG lasse sich kein allgemeiner Grundgedanke ableiten, der auch für andere Fälle als die ausdrücklich geregelten gelte. Ein solcher lasse sich nicht erkennen.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung der Urteile des LSG und des SG die Klage abzuweisen.
Die Klägerin ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten ist nicht begründet.
Zutreffend haben die Vorinstanzen nicht die am 1. Januar 1972 in Kraft getretenen Vorschriften des Art. 3 § 2 des 3. AnpG-KOV, die den Antrag und den Leistungsbeginn betreffen, angewendet; denn der Anspruch der Klägerin auf Schadensausgleich (§ 40 a BVG) ist für 1972 nicht durch dieses Gesetz entstanden, sondern infolge Erhöhung des Durchschnittseinkommens, das der Ehemann der Klägerin ohne die kriegsbedingte Schädigung erzielt hätte, des "Vergleichseinkommens" (§ 40 a Abs. 2 und 4 i. V. m. § 30 Abs. 7 BVG, §§ 11 und 3 der Verordnung zur Durchführung des § 30 Abs. 3 und 4 BVG in den damals geltenden Fassungen; Rundschreiben des BMA vom 6. Dezember 1971 - BVBl 1971, 111 i. V. m. den Tabellen über die ab 1. Januar 1972 anzuwendenden Durchschnittsverdienste - BVBl 1971, 116 ff). Ob der Anspruch bereits für 1971 entstanden war, allerdings in geringerer Höhe (22,- DM statt 35,- DM ab 1. Januar 1972), wie das LSG angenommen hat, braucht nicht entschieden zu werden. Für die Anwendung der in Betracht zu ziehenden Vorschriften ist dies nicht rechtserheblich, und die Klägerin hat einen solchen Anspruch in diesem Verfahren nicht geltend gemacht. Die Verwaltung hat noch zu prüfen, ob der Klägerin diese Leistung von Amts wegen nach § 62 Abs. 1 BVG zuzuerkennen ist. Der Schadensausgleich steht der Klägerin ab 1. Januar 1972 entweder unmittelbar nach § 60 Abs. 2 Satz 4 Buchst. a i. V. m. Satz 2 und § 61 Buchst. b BVG in der seit dem 3. AnpG-KOV geltenden Fassung des 3. Neuordnungsgesetzes - NOG - vom 28. Dezember 1966 (BGBl I 750) oder nach § 60 Abs. 3 Satz 2 BVG oder in entsprechender Anwendung dieser Vorschriften zu. Falls ein Anspruch auf Berufsschadensausgleich (§ 30 Abs. 3 BVG) infolge Erhöhung des Durchschnittseinkommens (Abs. 4) entsteht und bei Heranziehung der amtlichen Erhebungen des Statistischen Bundesamtes der Antrag bis zum 30. Juni jeden Kalenderjahres - seit dem 3. AnpG-KOV wegen der nunmehr jährlichen Erfassung der Durchschnittseinkünfte von Arbeitnehmern (§ 6 a des Gesetzes über die Lohnstatistik i. d. F. des Änderungsgesetzes vom 4. August 1971 - BGBl I 1217) nicht mehr bloß eines jeden Kalenderjahres mit ungerader Jahreszahl - gestellt wird, beginnt die Leistung nach § 60 Abs. 2 Satz 4 Buchst. a BVG i. V. m. dem entsprechend anzuwendenden Satz 2 unabhängig vom Antragsmonat mit dem Monat, in dem die Voraussetzungen für den Berufsschadensausgleich erfüllt sind; das gilt nach § 61 Buchst. b BVG entsprechend für den Schadensausgleich der Witwen (§ 40 a BVG).
Grundsätzlich entstehen Versorgungsansprüche, ungeachtet der sonstigen Voraussetzungen, nur aufgrund eines Antrags (§ 1 Abs. 1 BVG); jedoch ist dieses Prinzip nicht schematisch und formalistisch zu handhaben (Urteil des erkennenden Senats vom 28. Oktober 1975 - 9 RV 458/74). Ob dieser Grundsatz stets auch für einzelne Leistungen i. S. des § 9 BVG gilt und selbst dann, wenn die Leistung - wie hier der Schadensausgleich - vorher bereits beantragt und sodann entzogen worden war, braucht in diesem Rechtsstreit nicht allgemein entschieden zu werden. Falls ein neuer Antrag für den Schadensausgleich ab 1972 erforderlich wäre, hätte der im Februar 1972, mithin nach dem 30. Juni 1971 von der Klägerin gestellte Antrag nicht nach § 60 Abs. 2 Satz 4 Buchst. a i. V. m. Satz 2 BVG (in der vor dem 3. AnpG-KOV geltenden Fassung des 3. NOG) auf einen Monat des Jahres 1971, in dem die sonstigen Voraussetzungen gegeben waren, zurückwirken können. Vielmehr wäre der Anspruch auf Schadensausgleich infolge Erhöhung der ab 1. Januar 1972 geltenden Durchschnittsverdienste erst neu "entstanden", und die Leistung müßte dann in direkter Anwendung des § 60 Abs. 2 Satz 4 entsprechend Satz 2 i. V. m. § 61 Buchst. b BVG mit dem Monat beginnen, in dem die übrigen Voraussetzungen - hier für einen Schadensausgleich in Höhe von 35,- DM - gegeben waren, also mit dem 1. Januar 1972.
Die Voraussetzung, von der dagegen das LSG und die Revision ausgehen, daß der Anspruch nicht erst mit dem 1. Januar 1972 "entstand", sondern von diesem Zeitpunkt an erhöht wurde, führt zu keinem anderen Ergebnis, obwohl der Fall weder in Abs. 2 Sätze 4 und 2 noch in Abs. 3 Satz 2 des § 60 BVG ausdrücklich geregelt ist. Für den Fall, in dem ein "höherer Berufsschadensausgleich" (oder Schadensausgleich) auf einer Änderung des Durchschnittseinkommens beruht, bestimmt § 60 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BVG den Beginn der Leistung. Nach dieser Vorschrift i. V. m. Halbsatz 1 beginnt der Schadensausgleich mit dem Monat, in dem das veränderte Vergleichseinkommen wirksam geworden ist, mithin für die Klägerin mit dem 1. Januar 1972. Allerdings regelt § 60 Abs. 3 den Beginn einer "höheren Leistung" (Sätze 1 und 2 Halbsatz 1), auch eines "höheren Berufsschadensausgleichs" (Satz 2 Halbsatz 2) ausdrücklich allein für die Fälle, in denen sie "von Amts wegen festgestellt" werden. Ob der Beklagte über den Schadensausgleich für die Klägerin für 1972 von Amts wegen statt - wie tatsächlich geschehen - auf Antrag hätte entscheiden müssen, wird in den §§ 60 und 61 BVG nicht bestimmt, sondern für den Regelfall der Neufeststellung einer wesentlichen Änderung der maßgebenden Verhältnisse in § 62 Abs. 1 BVG (vgl. Haack, Versorgungsbeamter, 1968, 64, 66). Über diese Frage braucht hier, wo es allein um den Beginn der Leistung geht, nicht entschieden zu werden; es kann dahingestellt bleiben, ob die Verwaltung nach entsprechender Aufklärung, zu der sie gemäß § 12 Abs. 1 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (VerwVG) verpflichtet ist, auch die Entscheidung von Amts wegen hätte vornehmen müssen. Wenn § 60 Abs. 3 BVG nicht im Wege einer ausdehnenden Gesetzesauslegung, die noch vom möglichen, aus dem Zusammenhang und Zweck erkennbaren Wortsinn gedeckt wird (BSG 14, 238, 239 = SozR Nr. 2 zu § 1291 RVO; BVerfG 8, 210, 221; 9, 89, 104 f; 14, 260, 262), auf den vorliegenden Fall, in dem die Leistung auf Antrag festgestellt worden ist, anzuwenden wäre, stände der Klägerin gleichwohl der Schadensausgleich ab 1. Januar 1972 zu. Allerdings läßt sich auch die Vorschrift des § 60 Abs. 2 Satz 4 BVG, die die Entstehung eines Anspruchs auf Berufsschadensausgleich im Falle eines Antrags betrifft und für die Klägerin ebenfalls zu einem Leistungsbeginn mit dem 1. Januar 1972 führen würde, nach ihrem Wortlaut hier nicht unmittelbar anwenden, falls es um eine höhere Versorgungsleistung dieser Art geht. Wohl regeln Satz 2, der nach Satz 4 entsprechend anwendbar ist, und der einleitende Satz 1 den Beginn einer "höheren Leistung". Damit ist aber jede höhere Versorgungsgesamtleistung gemeint, und zwar auch evtl. eine Einzelleistung i. S. des § 9 BVG, die über den bereits gewährten Versorgungsanspruch, unter Umständen eine Summe verschiedener Leistungsarten, hinausgeht, z. B. ein Berufs- oder ein Witwenschadensausgleich im Verhältnis zur Grund- und Ausgleichsrente; dies bestätigt Nr. 2 der Verwaltungsvorschrift zu § 60 BVG. Lassen sich aber die zitierten Vorschriften nicht unmittelbar auf den vorliegenden Fall anwenden, so besteht eine Gesetzeslücke, die zugunsten der Klägerin zu schließen ist. Wenn in den einschlägigen Bestimmungen offen bleibt, wann die Erhöhung des Berufsschadensausgleichs beginnt, falls sie tatsächlich auf Antrag und nicht von Amts wegen festgestellt wird, so kann das Schweigen des Gesetzes nicht als "beredt" (BSG SozR Nr. 32 zu § 368 a RVO; 3200 § 81 Nr. 2) in dem Sinn gedeutet werden, daß gar keine Sonderregelung, sondern der Grundsatz des § 60 Abs. 1 und 2 Satz 1 BVG gelten solle. Gegen die Ausdehnung dieses Grundsatzes spricht schon, daß der Beginn des Berufsschadensausgleichs in besonderen Vorschriften anderswo (§ 60 Abs. 2 Satz 4 und Abs. 3 Satz 2 BVG) geregelt ist. Als der Gesetzgeber insgesamt den Leistungsbeginn mit dem 2. NOG vom 21. Februar 1964 (BGBl I 85) neu ordnete, hat er den vorliegenden Fall offenbar übersehen. Dies läßt sich allein aus der Rechtsentwicklung erkennen. Vor dem 1. NOG vom 27. Juni 1960 (BGBl I 453) begann ein höherer Versorgungsanspruch unabhängig von einem Antrag mit dem Monat, in dem die Voraussetzungen erfüllt waren, wenn die höhere Leistung durch eine Änderung des Familienstandes oder die Vollendung des 65. Lebensjahres (jetzt entsprechend § 60 Abs. 3 Satz 2 BVG i. d. F. des 3. NOG) oder durch eine Einkommensminderung bedingt wurde, im letzten Fall aber nur auf einen binnen sechs Monaten nach der Minderung gestellten Antrag (§ 60 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 und Satz 3, § 61 Abs. 4 Satz 1 Halbsatz 2 und Satz 2 BVG i. d. F. vom 6. Juni 1956 - BGBl I 469). Im wesentlichen gleiches galt nach dem 1. NOG, das erstmalig den Berufsschadensausgleich für Erwerbsunfähige, für die Witwe hingegen in entsprechenden Fällen eine erhöhte Ausgleichsrente (§ 41 Abs. 3) einführte (§ 60 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 Satz 2, § 61 Abs. 5 Satz 2, Abs. 6 Satz 1, § 60 a). Unter der Herrschaft des 2. NOG, das den Berufsschadensausgleich allgemein auf Schwerbeschädigte ausdehnte und den Witwen-Schadensausgleich schuf, hatten die §§ 60 und 61 fast den gleichen Wortlaut wie nach dem 3. NOG. Damit sollte erkennbar die Rechtslage allgemein für Versorgungsleistungen und mithin auch für den Berufs- und den Witwen-Schadensausgleich gegenüber dem früheren Rechtszustand nicht verschlechtert werden. Nach der Begründung zum Entwurf der Bundesregierung (Begründung B, zu Nr. 38 (§ 60)) sollte § 60 Abs. 2 Satz 2 für alle vom Einkommen abhängigen Leistungen dem bisherigen § 60 a entsprechen, also nicht auf Fälle der Feststellung auf Antrag beschränkt sein und sollte Satz 4 allgemein die Entstehung des Anspruchs auf Berufsschadensausgleich regeln, während Abs. 3 die Erhöhung eines bereits gewährten Berufsschadensausgleichs betraf (BR-Drucks. 189/63; BT-Drucks. IV/1305). Würden aber die speziell den Berufsschadensausgleich betreffenden Vorschriften des § 60 Abs. 2 BVG ausschließlich auf die Feststellung eines neuen Berufsschadensausgleichs auf Antrag und des Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 allein auf die Feststellung eines höheren Berufsschadensausgleichs von Amts wegen beschränkt und müßte der vorliegende Fall nach der allgemeinen Regel des § 60 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 BVG entschieden werden, so würde sich das im Ergebnis zuungunsten der Versorgungsberechtigten auswirken; die Leistung könnte frühestens mit dem Antragsmonat beginnen. Indes besteht kein Anhalt dafür, daß die Sondervorschriften über den Berufsschadensausgleich für einzelne Fälle dieser Leistungsart nicht gelten sollen. Für eine Zuordnung von Neufeststellungen des Berufsschadensausgleichs in Fällen wie dem vorliegenden unter die allgemeine Regelung über höhere Leistungen besteht kein rechtfertigender Grund. Sie wäre unverständlich und mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung gleichartiger Sachverhalte (Art. 3 Grundgesetz; BVerfG 1, 14, 52; 36, 73, 79) nicht vereinbar. Durch gar keinen vernünftigen Grund ließe es sich rechtfertigen, daß die Versorgungsberechtigten, die einen höheren Berufsschadensausgleich von Amts wegen erhalten, die Leistung von einem früheren Zeitpunkt an erhalten sollen als diejenigen, die sie beantragt haben. In den beiden Fällen, die in § 60 Abs. 2 Satz 4 i. V. m. Satz 2 BVG einerseits und in Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 andererseits ausdrücklich geregelt sind, beginnt der Berufsschadensausgleich stets mit der Änderung des Durchschnittseinkommens. Dieser Grundsatz läßt für Fälle der vorliegenden Art eine Lücke, d. h. eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes (BSG SozR 3200 § 81 Nr. 2), erkennen. Ob diese durch eine entsprechende Anwendung des § 60 Abs. 2 Satz 4 Buchst. a i. V. m. Satz 2 BVG oder durch eine solche des Abs. 3 Satz 2 oder durch die Anwendung eines beiden Vorschriften zugrunde liegenden Rechtsgedankens zu schließen ist, kann hier dahingestellt bleiben; denn im vorliegenden Fall führt jede dieser Analogien zum selben Ergebnis, zum Rentenbeginn mit dem 1. Januar 1972. Der Analogie steht - entgegen der Ansicht der Revision - nicht entgegen, daß in § 60 Abs. 2 Satz 4 i. V. m. Satz 2 und Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BVG Ausnahmevorschriften enthalten wären, für die es im übrigen problematisch ist, ob sie allgemein weder erweiternd ausgelegt noch entsprechend angewendet werden dürfen (Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 3. Aufl. 1975, S. 343 ff). Hier handelt es sich vielmehr im Verhältnis zu § 60 Abs. 1 und 2 Satz 1 BVG um Sonderbestimmungen für den Berufsschadensausgleich, die anderen Vorschriften über den Beginn sonstiger Leistungen unabhängig vom Antrag entsprechen. Die entsprechende Anwendung eines der bezeichneten Rechtssätze auf die durch Ansteigen des Durchschnittseinkommens bedingte Erhöhung eines Berufsschadensausgleichs ist um so mehr berechtigt und geboten, als der Erhöhungsgrund der Versorgungsverwaltung am ehesten bekannt wird, während der Versorgungsberechtigte eine Minderung des eigenen Einkommens, die nach dem entsprechend anzuwendenden Satz 2 des § 60 Abs. 2 BVG eine gleiche Regelung des Beginns einer höheren Leistung begründet, in der Regel früher erfahren wird. Jedenfalls ist diese Lücke anzunehmen und durch die Analogie, wie aufgezeigt, zu schließen, falls - wie hier - der oder die Versorgungsberechtigte vorher bereits einen Berufs- oder einen Witwen-Schadensausgleich zeitweilig erhalten hatte und damit über die unverändert bleibenden Voraussetzungen des Anspruchs, insbesondere das "Einstufungsgerüst" (§ 30 Abs. 4, § 40 a Abs. 2 BVG; BSG 39, 14, 17 f = SozR 3640 § 4 Nr. 2), entschieden worden war und falls danach die Voraussetzungen für die Entstehung eines neuen Anspruchs (nicht das Wiederaufleben eines ruhenden Anspruchs - vgl. dazu § 65 BVG; für die Rentenversicherung: BSG SozR Nr. 37 zu § 1291 RVO) in der Zeit vor der Erhöhung, deren Beginn umstritten ist, mit dem Anstieg des Durchschnittseinkommens eingetreten waren. Hat die Verwaltung, nachdem ihr das neue Durchschnittseinkommen bekannt geworden ist, weder einen neuen Antrag gemäß § 7 Abs. 2 VerwVG (jetzt: § 16 Abs. 3 Sozialgesetzbuch - Allgemeiner Teil - SGB-AT-) angeregt noch nach entsprechenden Ermittlungen gemäß § 12 Abs. 1 VerwVG von Amts wegen über den Anspruch entschieden (jetzt: § 17 Abs. 1 Nr. 1 SGB-AT), so darf der Versorgungsberechtigte, dem weder die Erhöhung des Durchschnittseinkommens noch seine davon abhängigen Ansprüche bekannt sind und der sie deshalb nicht beantragt hat, nicht ungünstiger gestellt werden, als er nach § 60 Abs. 3 Satz 2 Halbsatz 2 BVG bei einer Neufeststellung von Amts wegen stände. Wie einerseits diese Analogie den Versorgungsberechtigten keinen Vorteil verschafft, der nach dem System des § 60 Abs. 1 bis 3 BVG nicht gerechtfertigt wäre, belastet sie andererseits die Versorgungsverwaltung nicht unzumutbar. Die Verwaltung hat im Fall der Entscheidung auf Antrag wie bei einem neu entstehenden Anspruch (§ 60 Abs. 2 Satz 4 BVG) oder wie allgemein bei höheren Leistungen infolge einer Einkommensminderung (Satz 2) den Berufs- oder Witwen-Schadensausgleich nur rückwirkend bis zu einem halben Jahr zu gewähren.
Die mithin unbegründete Revision des Beklagten muß zurückgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen