Verfahrensgang
SG Dortmund (Urteil vom 27.10.1988) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 27. Oktober 1988 wird mit der Klarstellung zurückgewiesen, daß auch der Bescheid der Beklagten vom 18. März 1985 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. November 1985 und der Bescheid vom 6. Oktober 1986 geändert sind.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten für das Revisionsverfahren zu erstatten.
Tatbestand
I
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der festgestellten Rente streitig, und zwar die Frage, in welche Leistungsgruppe nach der Anlage 1 C Ia zu § 22 des Fremdrentengesetzes (FRG) die in Polen zurückgelegte Beitragszeit des Klägers vom 1. Mai 1964 bis 28. Februar 1973 bei der Berechnung der Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit (12. August 1984 bis 30. September 1985) einzustufen ist.
Der 1941 geborene Kläger arbeitete ab 1961 im Untertagebetrieb einer polnischen Steinkohlezeche und war in dem genannten Zeitraum Fahrer einer Elektrolokomotive. Im August 1979 siedelte er in die Bundesrepublik Deutschland über.
Mit Bescheid vom 18. März 1985 bewilligte die Beklagte Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit vom 12. August 1984 bis zum 30. September 1985 und ordnete die Beitragszeiten als Lokführer der Leistungsgruppe 3 der Anlage 1 C Ia zu § 22 FRG zu. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 18. November 1985). Zwischenzeitlich gewährte die Beklagte dem Kläger durch Bescheid vom 25. September 1985 Knappschaftsrente wegen Berufsunfähigkeit ab 1. Oktober 1985.
Während des Klageverfahrens vor dem Sozialgericht (SG) stellte die Beklagte durch den weiteren Bescheid vom 6. Oktober 1986 die Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit in der Höhe neu fest. In Ausführung eines vor dem SG am 13. August 1987 geschlossenen Vergleichs änderte die Beklagte die Rentenhöhe durch die Bescheide vom 23. Februar und 18. März 1988 erneut. Mit Urteil vom 27. Oktober 1988 hat das SG die Beklagte antragsgemäß unter entsprechender Aufhebung der Bescheide vom 23. Februar 1988 und vom 18. März 1988 verurteilt, für die Zeit vom 1. Mai 1964 bis zum 28. Februar 1973 die Leistungsgruppe 2 der Anlage 1C Ia zu § 22 FRG zugrunde zu legen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Zuordnung der Tätigkeit des Klägers in die Leistungsgruppe 2 folge daraus, daß der Kläger bei einer Beschäftigung als Elektro-Lokomotivführer unter Tage im Bergbau des Bundesgebietes im streitigen Zeitraum in die oberen Lohnklassen eingestuft gewesen wäre. Maßgeblich sei nach dem Eingliederungsprinzip des FRG die gleichzeitig geltende Lohnordnung im Bundesgebiet, nicht dagegen die des Herkunftslandes. Dies folge schon aus dem Wortlaut des Gesetzes. Auch dem Eingliederungsgedanken werde am ehesten Rechnung getragen, wenn die Entwicklungen in der Arbeitswelt der Bundesrepublik Deutschland berücksichtigt würden. Die Gesetzesmaterialien ließen nicht zweifelsfrei erkennen, ob der Gesetzgeber bei der Fassung des FRG eine Festschreibung der Lohnordnung vom 4. April 1953 im Auge gehabt habe. Dies wäre aber unbeachtlich, da der im Wortlaut und in der Systematik zum Ausdruck kommende objektive Zweck des Gesetzes ausschlaggebend sei. Der Elektro-Lokomotivführer unter Tage sei in der Zeit vom 1. Mai 1964 bis 28. Februar 1973 in die Lohngruppe I (bis 31. Mai 1966), Ib (bis 31. Mai 1971) und schließlich in die Lohngruppe 07 der Arbeiter unter Tage eingestuft gewesen. Dabei habe es sich um eine der oberen Lohnklassen gehandelt. Die Grubenhandwerker seien jeweils in die unmittelbar folgende höhere Gruppe eingegliedert gewesen. Bei der Gesamtschau der Lohngruppenaufteilung sei es gerechtfertigt, die Tätigkeit eines Gruben-Lokomotivführers zu den oberen Lohngruppen zu zählen. Dies gelte auch für die Zeit der Neuordnung des Tarifgefüges ab 1. Juni 1971. Der Gruben-Lokomotivführer sei mit der Gruppe 07 in unmittelbarer Nähe zu den gelernten Grubenhandwerkern in der Gruppe 08 verblieben.
Die Beklagte hat mit Zustimmung des Klägers die vom SG zugelassene Sprungrevision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung des § 54 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und der Anlage 1 C Ia zu § 22 FRG. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung vor dem SG beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 23. Februar 1988 aufzuheben und die genannten Zeiten der Lohngruppe 2 zuzuordnen. Dieser Bescheid sei in Ausführung des gerichtlichen Vergleichs vom 13. August 1987 ergangen. Der Bescheid vom 6. Oktober 1986 sei dabei gemäß § 44 Sozialgesetzbuch – Zehntes Buch – (SGB X) teilweise zurückgenommen worden. Da jedoch keine Regelung über die streitigen Zeiten getroffen worden sei, sei der Kläger durch diesen Bescheid vom 23. Februar 1988 nicht beschwert. Die Klage bezüglich der Berechnung der Erwerbsunfähigkeitsrente sei deshalb unzulässig. Die Revision sei aber auch aus materiell-rechtlicher Sicht begründet. Die Bewertung einer Tätigkeit sei nach der Lohnordnung vorzunehmen, von welcher der Gesetzgeber bei der Schaffung des FRG ausgegangen sei. Dem stehe das Eingliederungsprinzip nicht entgegen. Dem Fremdrentner könne nur eine mit dem Inländer vergleichbare, nicht aber identische Rechtsposition verschafft werden. Die erforderliche Typisierung und Schematisierung sei auf dem Gebiet der Sozialversicherung auch verfassungsrechtlich unbedenklich. Der gesetzgeberische Wille sei auch unter Heranziehung des § 16 Satz 2 FRG zu bestimmen. Das dort genannte feste Datum für die Beurteilung der Versicherungspflicht sei gewählt worden, um die Gleichbehandlung der Betroffenen zu gewährleisten und um den Versicherungsträgern die Handhabung der Vorschrift zu erleichtern. Diese Kriterien müßten auch bei der Auslegung der Anlagen zu § 22 FRG gelten. Der Gesetzgeber habe bei Schaffung der Anlage 1 C Ia die Tariflöhne der Lohnordnung für den Steinkohlenbergbau an der Ruhr vom 4. April 1953 zugrunde gelegt. In dieser Lohnordnung sei der Gruben-Lokomotivführer in die Lohngruppe III eingestuft gewesen, die gelernten Grubenhandwerker dagegen in Lohngruppe I. Selbst wenn jedoch auf die jeweils zur Zeit der Ausübung der Tätigkeit gültige Lohnordnung abzustellen sei, habe der Kläger jedenfalls keine Tätigkeit mit entsprechender Entlohnung verrichtet. Für die Einstufung in die Leistungsgruppe 2 sei die gleiche Entlohnung wie die eines gelernten Gruben-Handwerkers erforderlich.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 27. Oktober 1988 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 27. Oktober 1988 zurückzuweisen.
Er hat im Revisionsverfahren das Klagebegehren auf die Berechnung der Erwerbsunfähigkeitsrente beschränkt und hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Insbesondere sei seine Klage zulässig. Er habe bereits bei Klageerhebung die höhere Einstufung seiner Tätigkeit als Elektro-Lokomotivführer begehrt. Auch betreffe der Bescheid vom 23. Februar 1988 den vollständigen Versicherungsverlauf. Das SG sei an die Fassung der Anträge nicht gebunden gewesen und hätte diese auslegen müssen.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet. Nachdem der Kläger sein Klagebegehren begrenzt hat, ist nur noch über die Berechnung der Erwerbsunfähigkeitsrente auf Zeit zu entscheiden.
Zutreffend hat das SG die Beklagte verurteilt, für die Zeit vom 1. Mai 1964 bis zum 28. Februar 1973 die Leistungsgruppe 2 der Anlage 1 C Ia zu § 22 FRG zugrunde zu legen. Allerdings bedarf der Tenor des zusprechenden erstinstanzlichen Urteils einer ergänzenden Klarstellung insofern, als auch der Bescheid der Beklagten vom 18. März 1985, der Widerspruchsbescheid vom 18. November 1985 sowie der Bescheid vom 6. Oktober 1986 durch das angefochtene Urteil geändert sind. Die Klage betrifft eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage iS des § 54 Abs 4 SGG. Dies wird aus dem im Laufe des sozialgerichtlichen Verfahrens vorgebrachten Klagebegehren hinreichend deutlich. Der Kläger begehrt die Neuberechnung der Zeitrente unter entsprechender Abänderung entgegenstehender Bescheide. Die im Laufe des Klageverfahrens ergangenen Bescheide haben den ursprünglichen Bescheid teilweise abgeändert und sind Gegenstand des anhängigen Verfahrens geworden (§ 96 SGG). An die – unvollständige – Antragstellung war das SG nicht gebunden (§ 123 SGG). Offenbar versehentlich ist es unterblieben, die früheren Bescheide in den Urteilsausspruch einzubeziehen. In den Entscheidungsgründen hat das SG richtig festgestellt, daß die Klage auf Neufeststellungen der Zeitrente gerichtet sei und durch den Bescheid vom 23. Februar 1988 die früheren Bescheide berichtigt wurden. In seinem Urteilsausspruch hat das SG daher in Wirklichkeit sämtliche dem Klagebegehren widersprechende Bescheide überprüft und abgeändert. Dies hatte der Senat klarzustellen. Somit entbehrt das Vorbringen der Revision zur Zulässigkeit der Klage der rechtlichen Grundlage.
Nach Art 2 des Gesetzes vom 12. März 1976 zu dem Abkommen vom 9. Oktober 1975 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung nebst der Vereinbarung hierzu vom 9. Oktober 1975 (BGBl II 1976, 393 ff) sind Zeiten, die nach polnischem Recht in der Rentenversicherung zu berücksichtigen sind, gemäß Art 4 Abs 2 des Abkommens in demselben zeitlichen Umfang in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung in entsprechender Anwendung des FRG zu berücksichtigen, solange der Berechtigte im Geltungsbereich dieses Gesetzes wohnt. Die Beschäftigungszeiten des Klägers in Polen sind damit Beschäftigungszeiten in der Bundesrepublik gleichgestellt (vgl BSG SozR 5050 § 20 FRG Nr 4). Die streitigen Zeiten sind der knappschaftlichen Rentenversicherung zuzuordnen (§ 20 Abs 1, Abs 4 FRG). Das SG hat festgestellt, daß der Kläger in Polen als Fahrer einer Elektrolokomotive (E-Lokführer, Grubenlokomotivführer) unter Tage beschäftigt war. Zu entscheiden war, welcher Leistungsgruppe der Anlage 1 C Ia zu § 22 FRG diese Tätigkeit zuzuordnen ist.
Das FRG unterteilt die Arbeiten unter Tage in drei verschiedene Gruppen. In der ersten werden die Hauer im Gedinge und sonstige Gedingearbeiter zusammengefaßt. Zur Leistungsgruppe 2 gehören gelernte Grubenhandwerker und Arbeiter, die eine Tätigkeit mit entsprechender Entlohnung (Schichtlohn in oberen Lohnklassen) verrichten. Schließlich rechnen alle sonstigen Schichtlohnarbeiter zur Leistungsgruppe 3. In der vorliegenden Sache ist allein streitig, ob ein Grubenlokomotivführer in die Leistungsgruppe 2 einzustufen ist. Da die Verwaltungspraxis und auch die Literaturmeinungen (vgl Kommentar zum Recht der gesetzlichen Rentenversicherung, herausgegeben vom Verband deutscher Rentenversicherungsträger, Anhang § 22 FRG/Anm 6.5 mit Hinweis auf Pott, Kompaß 1986, 116 f; Schimanski, Knappschaftsversicherung, Anhang XVII § 22 FRG, Anm 9) davon ausgehen, daß die Lohnordnung für den Steinkohlenbergbau an der Ruhr vom 4. April 1953 für die Frage maßgebend sein soll, ob der Lohn eines Arbeiters dem des gelernten Grubenhandwerkers entspricht, sieht sich der erkennende Senat veranlaßt, einige grundsätzliche Überlegungen zur Anwendung der Anlage 1 C Ia zu § 22 FRG voranzustellen.
Das Leistungsgruppengefüge des FRG in der knappschaftlichen Rentenversicherung der Arbeiter ist mit dem sonstigen in der Anlage 1 zu § 22 FRG gebräuchlichen Einstufungsschema nur eingeschränkt vergleichbar. So sind beispielsweise bei den Arbeitern außerhalb der Land- und Forstwirtschaft (Anlage 1 A1) jeweils ausführliche Definitionen mit Tätigkeitsmerkmalen vorangestellt und Berufskataloge mit Berufsbezeichnungen angefügt. Im Rahmen der knappschaftlichen Rentenversicherung hat sich der Gesetzgeber dagegen mit einer kurzen Tätigkeitsbeschreibung begnügt. Dies entsprang einer gewissen gesetzgeberischen Notwendigkeit. Im Gegensatz etwa zur Rentenversicherung der Arbeiter und der Angestellten, in welcher der Gesetzgeber die Definitionen der Leistungsgruppen aus Verdiensterhebungen in Industrie und Handel – durchgeführt vom statistischen Bundesamt – übernehmen konnte, standen entsprechende geeignete Unterlagen für Bergarbeiter nicht zur Verfügung (vgl Deutscher Bundestag – 3. Wahlperiode, Drucks 1109, Teil C –). Der Gesetzgeber mußte daher eine eigenständige Gruppenbildung vornehmen und die entsprechenden Berechnungen der Bruttojahresarbeitsentgelte durchführen.
Die so bedingte Eigenständigkeit der Gruppenbildung in der knappschaftlichen Arbeiterrentenversicherung ist bei der Interpretation in Betracht zu ziehen. Offensichtlich hat der Gesetzgeber sich bei Schaffung der Leistungsgruppen 2 und 3 am damals bestehenden tariflichen Lohngruppengefüge für Arbeiter unter Tage orientiert. Bei der Berechnung der Durchschnittsverdienste wurde sogar ausdrücklich auf die Lohnordnung für den Steinkohlenbergbau an der Ruhr vom 4. April 1953 zurückgegriffen (Deutscher Bundestag aaO). Daraus kann jedoch nicht hergeleitet werden, der Gesetzgeber hätte diese Lohnordnung ein für allemal zur Grundlage der Bewertung von Tätigkeiten vorschreiben wollen. Er hat die Lohnordnung aus dem Jahre 1953 vielmehr nur als Hilfsmittel herangezogen und im Wortlaut der Lohngruppen jeglichen Hinweis auf ein bestimmtes Tarifgefüge unterlassen. Der Gesetzgeber hat durch die verwendeten Begriffe (entsprechende Entlohnung, Schichtlohn in oberen Lohnklassen) lediglich zum Ausdruck gebracht, daß die Einstufung einer Beschäftigungs- oder Beitragszeit nicht nach bestimmten Tätigkeitsmerkmalen oder Berufskatalogen vorgenommen werden kann, sondern daß bei den Bergarbeitern eine Anlehnung an bestehende Entlohnungstarife erfolgen soll. Die Anlage 1 C Ia enthält keine Verweisung auf einen bestimmten Tarifvertrag (vgl dazu zB Karpen, Die Verweisung als Mittel der Gesetzgebungstechnik, 1970). Eine Unterscheidung zwischen statischer und dynamischer Verweisung mit der daran anknüpfenden verfassungsrechtlichen Problematik (vgl BVerfGE 22, 330/47, 285/60, 135/64, 208/67, 348) kann daher unterbleiben.
Für die Einstufung in die Leistungsgruppe 2 ist die „entsprechende Entlohnung” das entscheidende Kriterium. Im Einzelfall stellt sich die Frage, welches Tarif-System zur Bestimmung der entsprechenden Entlohnung heranzuziehen ist. Klargestellt sei zunächst, daß der im Herkunftsland erzielte Verdienst ohne Bedeutung ist. Das FRG will bei der Ermittlung der persönlichen Bemessungsgrundlage des Fremdrentners nicht den wirklichen Arbeitsverdienst im Herkunftsland, sondern den Durchschnittsverdienst der gleichen Berufsgruppe im Bundesgebiet zugrundelegen (BSG SozR Nr 6 zu § 22 FRG; vgl auch BVerfG SozR 5050 Nr 16 zu § 22 FRG mwN). Als Anknüpfungspunkt hierfür kommen die Verhältnisse am Wohnort des Klägers zum Zeitpunkt der erstmaligen Antragstellung in Betracht. Im Rahmen der Bestimmungen des FRG zur gesetzlichen Unfallversicherung (§§ 5 ff) wird in bestimmten Fällen (zB für die Ermittlung des Jahresarbeitsverdienstes, § 8 FRG) auf den Ort zurückgegriffen, an welchem sich der Berechtigte im Geltungsbereich des FRG zur Zeit der Anmeldung des Anspruchs gewöhnlich aufhält (vgl § 7 FRG). Diese Regelungen könnten für die hier zu entscheidende Frage entsprechend angewendet werden. Ebenso könnte es nach der im FRG grundsätzlich möglichen Typisierung (vgl BVerfG SozR 5050 Nr 5 zu § 22 FRG) zulässig sein, einen bestimmten, typischen, für einen Großteil der entsprechenden Arbeitnehmer-Gruppe verbindlichen Tarifvertrag heranzuziehen. In der vorliegenden Sache braucht zwischen diesen beiden Alternativen nicht entschieden zu werden. In jedem Fall sind als Vergleichsmaßstab die Lohntarife des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus zu berücksichtigen. Bei der erstmaligen Rentenantragstellung war der Kläger in diesem Tarifbezirk wohnhaft. Diese Tarifordnungen gelten für den größten Arbeitnehmer-Anteil des bundesdeutschen Steinkohlenbergbaus.
Die Tarifverträge sind in der jeweils gültigen Fassung zur Zeit der tatsächlichen Verrichtung der Beschäftigung im Herkunftsland zu verwenden. Dies folgt zwingend aus dem im FRG vorherrschenden Eingliederungsprinzip. Die Berechtigten sollen so gestellt werden, als hätten sie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland gelebt, hier gearbeitet und das von einem Einheimischen bei gleicher oder entsprechender Beschäftigung erzielte Arbeitseinkommen gehabt (vgl BSG SozR 5050 Nr 7 zu § 22 FRG). Soweit der Gesetzgeber vereinzelt – so etwa in § 16 Satz 2 FRG – einen bestimmten Stichtag eingeführt hat, stellt dies eine Regelung dar, welche den Eingliederungsgedanken nicht außer Kraft setzt. Einerseits geht es in § 16 Satz 2 FRG nicht um die Einordnung in Leistungsgruppen, sondern vielmehr um das Vorliegen von Versicherungspflicht; und zum anderen bleibt die tatsächliche Entwicklung nach dem Stichtag (1. März 1957) nicht außer Betracht. Mag der Gesetzgeber bei Schaffung der Leistungsgruppen in der Anlage 1 C Ia auch an das damals bestehende Lohnklassensystem gedacht haben, so hat er doch eine Festschreibung desselben nicht beabsichtigt.
Ist somit das entsprechende Lohngruppengefüge gefunden, kann ua festgestellt werden, ob ein Arbeiter entsprechend einem gelernten Grubenhandwerker entlohnt wurde. Dabei ist zu beachten, daß entgegen der Auffassung der Revision eine „entsprechende” Entlohnung nicht im Sinne einer identischen Lohnhöhe verstanden werden darf. Schon die Wortfassung des Gesetzgebers „entsprechende Entlohnung”, „Schichtlohn in oberen Lohnklassen”) läßt deutlich erkennen, daß für die Gesetzesanwendung ein Spielraum geboten werden sollte. Dies zeigt eine Gesamtbetrachtung der Leistungsgruppen der Bergarbeiter unter Tage. Wenn man in der Leistungsgruppe 2 nur gelernte Grubenhandwerker und Arbeiter mit gleicher (oder höherer) Entlohnung zusammenfaßte, stellte sich diese Leistungsgruppe im Verhältnis zu den beiden anderen als unverhältnismäßig kleine Gruppe dar. Die Leistungsgruppe 2 ist daher in Abgrenzung zu den sonstigen Schichtarbeitern so zu verstehen, daß neben den gelernten Fachkräften auch sonstige Arbeiter, die üblicherweise in obere Lohnklassen eingereiht werden, zu dieser Leistungsgruppe gehören. Jedenfalls müssen Tätigkeiten in Lohnklassen, die in unmittelbarer Nachbarschaft über oder unter der Lohngruppe der Facharbeiter stehen, der Leistungsgruppe 2 zugeordnet werden. Eine qualitative Bewertung der Tätigkeit hat dabei außer Betracht zu bleiben. Der Gesetzgeber hat allein auf die Entlohnung in den jeweiligen Tarif-Systemen Bezug genommen.
Im vorliegenden Fall hat das SG die Tätigkeit des Klägers richtig der Leistungsgruppe 2 zugeordnet. Dabei waren – wie bereits ausgeführt – als Vergleichsmaßstab die jeweiligen Lohntarife des rheinisch-westfälischen Steinkohlenbergbaus heranzuziehen. Ein Grubenlokomotivführer war in dem interessierenden Zeitraum entweder in die gleiche Lohngruppe wie ein gelernter Grubenhandwerker eingestuft oder aber in die benachbarte Lohngruppe. Er hatte daher eine entsprechende Entlohnung. Auch die Neuordnung des Entlohnungswesens für Bergarbeiter in den Tarifverträgen ab 1. Juni 1971 führt dabei, wie bereits vom SG dargelegt ist, zu keinem anderen Ergebnis. Zu diesem Zeitpunkt wurde die grundsätzliche Unterscheidung zwischen Gedingearbeitern und Schichtlöhnern in den Lohnordnungen aufgegeben. Stattdessen wurde eine einheitliche Lohnordnung gebildet, in welche in den höchsten Lohngruppen (9 bis 11) die Gedingetätigkeiten aufgeführt wurden. Facharbeiter wurden in die Lohngruppe 08 und Lokomotivführer in die Gruppe 07 eingestuft. Im Sinne der hier anwendbaren Leistungsgruppendefinitionen des FRG folgt daraus, daß als obere Lohnklassen der Leistungsgruppe 2 nur Tätigkeiten verstanden werden können, die unterhalb der Lohngruppe 09 (Gedingearbeiter) eingereiht wurden. Somit ist auch ab diesem Zeitpunkt der Lokomotivführer noch der Leistungsgruppe 2 zuzurechnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen