Entscheidungsstichwort (Thema)

Eheähnliche Gemeinschaft

 

Leitsatz (amtlich)

Eine eheähnliche Gemeinschaft (nach § 7 Abs. 3 Nr. 3c SGB II allgemeiner als partnerschaftliche Einstehensgemeinschaft umschrieben) hat drei Voraussetzungen: Es muss sich 1. um Partner handeln, die 2. in einem gemeinsamen Haushalt zusammenleben und 3. den Willen haben, füreinander einzustehen und Verantwortung zu übernehmen (Einstandswille).

Das Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft ist anhand von äußeren Hinweistatsachen zu beurteilen. Es ist nicht erforderlich, dass zwischen den Partnern wechselseitig ausgewogene materielle Unterstützungen erbracht werden.

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 12. April 2010 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die teilweise Aufhebung einer Bewilligung von Arbeitslosengeld II für Juni bis Oktober 2006 wegen Erwerbseinkommen und eine Erstattung erbrachter Leistungen. Strittig ist dabei insbesondere, ob die eheähnliche Gemeinschaft des Klägers mit Frau F. endete, bevor diese eine Erwerbstätigkeit aufnahm.

Der 1951 geborene Kläger lebte nach eigenen Angaben zwischen 1991 und 11.04.2005 zusammen mit Frau F. (geboren 1954) und deren 1986 geborenen Tochter T. in einem Reihenhaus. Nach der Zwangsräumung aus diesem Haus wohnten der Kläger und Frau F. für etwa drei Monate in einer zugewiesenen Unterkunft. Die Tochter lebte ab der Zwangsräumung in einem Internat.

Am 18.04.2005 stellten der Kläger und Frau F. gemeinsam einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Entsprechend ihren Angaben im Leistungsantrag, dass sie in eheähnlicher Gemeinschaft lebten, wurde bei der Bewilligung von Arbeitslosengeld II von einer Bedarfsgemeinschaft ausgegangen.

Am 01.07.2005 zogen der Kläger und Frau F. in eine Dreizimmerwohnung. Für die Tochter T. wurde trotz der Internatsunterbringung ein Zimmer eingerichtet.

In den Fortzahlungsanträgen, zuletzt am 04.04.2006, wurde jeweils angegeben, dass sich die persönlichen Verhältnisse nicht geändert hätten. Zuletzt wurden mit Bescheid vom 21.04.2006 Leistungen für Mai bis einschließlich Oktober 2006 in Höhe des gesamten Bedarfs von monatlich 1043,50 Euro bewilligt.

Am 17.07.2006 teilte Frau F. dem Beklagten mit, dass sie einen Arbeitsplatz gefunden habe. Der Arbeitsvertrag wurde angefordert und die Leistungen wurden ab 01.08.2006 gesperrt. Am 04.08.2006 teilte der Kläger mit, dass er und Frau F. seit circa drei Monaten von Tisch und Bett getrennt seien. Die Beziehung sei mit der Zeit in die Brüche gegangen. Er schlafe auf einer Matratze im Wohnzimmer. Das Wohnzimmer sei zugleich das Esszimmer, das tagsüber gemeinsam genutzt werde. Frau F. und ihre Tochter hätten jeweils ein eigenes Zimmer. Der Kleiderschrank werde hälftig von ihm und Frau F. genutzt. Es werde getrennt gewirtschaftet, z.B. bei Einkäufen und beim Waschen.

Nach dem vorgelegten Arbeitsvertrag verdiente Frau F. ab 19.06.2006 monatlich 2.000,- Euro brutto. Später wurde ein monatliches Nettoeinkommen von 1.273,90 Euro mitgeteilt. Frau F. führt die Lohnsteuer von 295,10 Euro pro Monat selbst ab. Der Lohn für Juni (800,- Euro brutto, 627,60 Euro netto, 147,55 Euro Lohnsteuer) wurde im Juni ausgezahlt.

Am 08.08.2006 erfolgte ein unangemeldeter Hausbesuch. Nach dem Protokoll hierzu lagen im Schlafzimmer zwei Matratzen nebeneinander auf dem Boden. Das Bettgestell war abgebaut. Laut Kläger hätten die Matratzen wegen Rückenübungen nebeneinander am Boden gelegen. Die Nutzung des Kleiderschranks war hälftig geteilt. Putzmittel, Waschmittel "usw." waren nur in einfacher Ausführung vorhanden. Der Kläger habe mitgeteilt, mit einem Auszug aus der Wohnung noch abwarten zu wollen.

In einem ergänzenden Schreiben teilte der Kläger mit, dass jeder seinen getrennten Weg gehe, es sich wegen der Raumverhältnisse aber nicht vermeiden lasse, dass gemeinsam Radio gehört, Fernsehen gesehen oder der Wäschetrockner gemeinsam genutzt werde. Am 11.08.2006 stellte der Kläger einen Antrag auf Vormerkung für eine öffentlich geförderte Wohnung. Dabei gab er, trotz der dafür im Antragsformular vorgesehenen neun Freizeilen, keinerlei Begründung für den Wohnungsantrag an. Im Oktober 2006 teilte er mit, er habe eine andere Wohnung in Aussicht. Ein Umzug erfolgte nicht.

In einem Fragebogen zur eheähnlichen Gemeinschaft verneinten der Kläger und Frau F. alle einschlägigen Fragen. Allerdings teilte Frau F. mit, dass sie ihr persönliches Einkommen zuerst für den gemeinsamen Lebensunterhalt verwende, bevor eigene Bedürfnisse an der Reihe wären. Dies bestätigte der Kläger später im Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, Az. S 53 AS 3410/10 ER vom 03.12.2010, wonach Frau F. die ganze Miete zahle und ihm monatlich 350,- Euro Handgeld gebe.

Mit Bescheid vom 21.08.2006 wurden getrennte Leistungen für den Kläger abgelehnt, weil eine eheähnliche Gemeinschaft bestehe. Dies wurde mit Wid...

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