Leitsatz (amtlich)

Die versehentliche Beigabe bzw Aushändigung des Entschädigungsantrages in einem § 197a SGG-Verfahren an die Klägerin begründet keinen eigenen Anspruch auf Erstattung der angefallenen Kosten aus der Staatskasse.

 

Tenor

Gemäß § 4 Abs.1 des Justizvergütungs- und -Entschädigungsgesetzes (JVEG) erfolgt keine Entschädigung für die Kosten, die der Antragstellerin anlässlich der Wahrnehmung des Termins zur mündlichen Verhandlung am 27.04.2006 erwachsen sind.

 

Gründe

Die Antragstellerin ist in ihrem Rechtsstreit gegen die Bayerische Landesunfallkasse zum Verhandlungstermin am 27.04.2006 geladen worden. Die Vorsitzende des 3. Senats hat gemäß § 111 Abs.1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) das persönliche Erscheinen zur mündlichen Verhandlung angeordnet.

Dementsprechend ist die Antragstellerin zur mündlichen Verhandlung am 27.04.2006 erschienen. Sie hat mit Entschädigungsantrag vom 03.05.2006 sowohl einen Verdienstausfall als Selbständige als auch Fahrtkosten geltend gemacht.

Der Kostenbeamte des Bayer. Landessozialgerichts hat die Antragstellerin mit Nachricht vom 07.09.2006 dahingehend informiert, dass eine Entschädigung leider nicht möglich sei. Bei der Aushändigung des Antragsformulars habe es sich um ein Versehen gehandelt, weil es sich bei dem Rechtsstreit um einen Gerichtskostenfall nach § 197 a SGG gehandelt habe. Die vermeintliche Anspruchsgrundlage für die beantragte Entschädigung (§ 191 SGG) gelte in kostenpflichtigen Verfahren nach § 197 a SGG nicht.

Entsprechend dem weiteren Hinweis des Kostenbeamten des Bayer. Landessozialgerichts vom 07.09.2006 hat die Antragstellerin gemäß § 4 Abs.1 JVEG Antrag auf richterliche Entscheidung gestellt und zur Begründung hervorgehoben, wenn dem Bayer. Landessozialgericht ein Fehler unterlaufe, finde sie dies ungerecht. Sie habe an diesem Tag einen Verdienstausfall in Kauf nehmen müssen und bitte um entsprechende Entschädigung. Sie sei selbständig und müsse ihre Kosten wie Auto, Sprit usw. selber zahlen.

Die Angelegenheit ist dem 15. Senat des Bayer. Landessozialgerichts als Kostensenat zur Entscheidung vorgelegt worden (vgl. Nachricht des BayLSG vom 13.09.2006).

Der gemäß § 4 Abs.1 JVEG zulässige Antrag ist abzulehnen gewesen. Die Antragstellerin hat keinen Anspruch auf Entschädigung gegen den Freistaat Bayern (Staatskasse) für die Kosten (Verdienstausfall und Fahrtkosten), die ihr anläßlich der Wahrnehmung des Termins zur mündlichen Verhandlung am 27.04.2006 erwachsen sind.

Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist gemäß § 183 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, Behinderte oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind.

Gehört jedoch wie hier weder die Klägerin noch der Beklagte zu den in § 183 Satz 1 SGG genannten Personen, werden gemäß § 197 a Abs.1 SGG Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 SGG finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) sind entsprechend anzuwenden.

Wie von Seiten des Kostenbeamten des Bayer. Landessozialgerichts bereits mit Nachricht vom 07.09.2006 zutreffend dargelegt, ist bei der Beigabe bzw. Aushändigung des Antragsformulars übersehen worden, dass es sich hier um ein kostenpflichtiges Verfahren im Sinne von § 197 a Abs.1 Satz 1 SGG handelt. Somit findet § 191 SGG keine Anwendung. Dort ist normiert: Ist das persönliche Erscheinen eines Beteiligten angeordnet worden, so werden ihm auf Antrag bare Auslagen und Zeitverlust wie einem Zeugen vergütet; sie können vergütet werden, wenn er ohne Anordnung erscheint und das Gericht das Erscheinen für geboten hält. - Wie bereits ausgeführt, gilt § 191 SGG nur für kostenfreie Verfahren im Sinne von § 183 Satz 1 SGG, nicht jedoch für das hier gegebene kostenpflichtige Verfahren im Sinne von § 197 a Abs.1 Satz 1 SGG.

Die Vorsitzende des 3. Senats des BayLSG ist von dem Berichterstatter des 15. Senats des BayLSG (Kostensenat) nochmals befragt worden, ob sie das persönliche Erscheinen der Antragstellerin gemäß § 111 Abs.1 SGG in jedem Fall unabhängig von der Kostenfrage angeordnet hätte. Die Vorsitzende des 3. Senats hat versichert, dass die Anwesenheit der Antragstellerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 27.04.2006 notwendig gewesen sei; die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Antragstellerin sei unabhängig von der Kostenproblematik erfolgt.

Somit hat die Antragstellerin gemäß § 197 a Abs.1 SGG in Verbindung mit §§ 154 ff. VwGO ihre Kosten entsprechend der Kostengrundentscheidung des 3. Senats des BayLSG selbst zu tragen. - Die Anordnung des persönlichen Erscheinens im Sinne von § 111 Abs.1 SGG steht nicht in ursächlichem Zusammenhang mit der vorstehend aufgezeigten Kostenproblematik (vgl. Beschlüsse des BayLSG vom 18.08.1995 - L 1 U 172/89.Ko und vom 19.01.199...

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