Vor- und Nachteile der Wahltarife

Die Aufwendungen für jeden Wahltarif müssen jeweils aus Einnahmen, Einsparungen und Effizienzsteigerungen aus diesen Wahltarifen auf Dauer finanziert werden. Die Krankenkassen haben darüber der zuständigen Aufsichtsbehörde regelmäßig Rechenschaft abzulegen.

Dies muss mindestens alle 3 Jahre mittels versicherungsmathematischer Gutachten geschehen. Daraus müssen die wesentlichen versicherungsmathematischen Annahmen hervorgehen, die der Berechnung der Beiträge und der versicherungstechnischen Rückstellungen der Wahltarife zugrunde liegen. Mit diesen Regelungen, die durch die Aufsichtsbehörden eher restriktiv ausgelegt werden, soll nach dem Willen des Gesetzgebers verhindert werden, dass der Solidargedanke der gesetzlichen Krankenversicherung ausgehöhlt wird.

Quersubventionierung ist untersagt

Der Ausschluss der Quersubventionierung stellt die Kassen vor ein großes Problem. Denn insbesondere bei den Versorgungsprogrammen ist bekannt, dass einige dieser Projekte, die bereits früher im Rahmen von Modellvorhaben durchgeführt wurden, eher zu Mehrkosten geführt haben. Einsparungen konnten bisher kaum nachgewiesen werden. Ähnlich stellt sich die Situation bei den Kostenerstattungen der Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen dar. Hier werden die Tarife überwiegend von Menschen gewählt, die per se bereits eine gewisse Affinität zu den besonderen Therapierichtungen haben.

Die Kassen haben daher oft Probleme, marktfähige Tarife zu kalkulieren. Meist wird dies dadurch gelöst, dass sicherheitshalber nur geringe Prämien ausgeschüttet werden oder sogar ganz auf Prämien verzichtet und stattdessen eine Zuzahlungsbefreiung ermöglicht wird. Das senkt jedoch ganz erheblich die Attraktivität der jeweiligen Wahltarife. Ein Steuerungsmechanismus in Bezug auf die Leistungsausgaben ist davon kaum zu erwarten.

Selektion durch Mitglieder

Vergleichbar liegt die Problematik bei den Selbstzahlertarifen und der Nichtinanspruchnahme von Leistungen. Da auch hier die Mitglieder gut selektieren, werden die Tarife insbesondere von solchen Mitgliedern genutzt, die im weitesten Sinne gesund sind. Das führt zwangsläufig zu Mitnahmeeffekten, und der Deckungsbeitrag der Gesunden vermindert sich entsprechend um die Ausschüttungen an die Tarifteilnehmer.

Wenig genutzte Tarife

Entsprechend vorsichtig gehen die Krankenkassen mit den Angeboten für Wahltarife um. Da inzwischen dennoch schon einige Tarife geschlossen wurden, regiert weiter höchste Vorsicht, um Risiken für den Haushalt auszuschließen. Nicht zuletzt deshalb liegt die Inanspruchnahme der Tarife durch die Versicherten gelegentlich unterhalb der Wahrnehmungsschwelle. So nahmen Anfang 2013 bundesweit nur rund 520.000 Mitglieder einen Selbstbehalttarif in Anspruch. Weitere knappe 500.000 Teilnehmer entfallen auf die weiteren möglichen Tarife. Dagegen nutzen aber rund 9,4 Mio. Versicherte einen Wahltarif zur besonderen Versorgung - eine Zahl, die sich durchaus sehen lassen kann. Dabei ist vermutlich den meisten Teilnehmern gar nicht bewusst, dass es sich um einen Wahltarif handelt. In diesen Tarifen sieht auch die Aufsicht davon ab, ein versicherungsmathematisches Gutachten zu verlangen. Grund: Effekte lassen sich kurzfristig sowieso nicht nachweisen.

Vor- und Nachteile abwägen

Für Versicherte gilt, dass die Nutzung eines Wahltarifs immer von der individuellen Situation abhängig ist. Hier kann nicht generell zu- oder abgeraten werden. Hilfreich ist immer, umfangreiche Information einzuholen. Und zwar nicht nur bei der eigenen Kasse, sondern auch bei dem einen oder anderen Mitbewerber. Immer jedoch gilt: Tarife zur Nichtinanspruchnahme oder zum Selbstbehalt sind immer ein Risiko, wenn sich die Annahme zum eigenen Gesundheitszustand als Trugschluss erweist. Denn von Tarifen mit Selbstbehalt oder Beitragsrückerstattung profitieren vor allem Gesunde. Wer häufig behandelt werden muss, ist bei einem versorgungsorientierten Tarif besser aufgehoben.

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