Vertragsstrafenrisiko: Unterlassungsanspruch umfasst auch den Google Cache
Ist dies der Fall, muss der Webseitenbetreiber gegenüber Google den Antrag auf Löschung im Google Cache bzw. auf Entfernung der von der Webseite bereits gelöschten Inhalte stellen.
Hintergrund
Der Beklagte betreibt eine Webseite zur Vermittlung von Ferienwohnungen. In einer strafbewehrten Unterlassungserklärung verpflichtete er sich gegenüber der Klägerin, es zu unterlassen, auf seiner Internetseite Ferienwohnungen der Klägerin zu bewerben. Anschließend nahm er die beanstandete Werbung von seiner Webseite. Dennoch war auch ein halbes Jahr später über die Eingabe eines Suchbegriffs in Google eine Unterseite der Webseite des Beklagten mit Angaben zu einer Ferienwohnung der Klägerin im Google Cache abrufbar. Die Klägerin forderte daraufhin die Zahlung einer Vertragsstrafe. Hiergegen wandte der Beklagte ein, er habe die Daten von der Webseite bereits entfernt.
OLG Celle, Urteil v. 29.1.2015, 13 U 58/14
Das OLG Celle wertete die Abrufbarkeit der betroffenen Inhalte im Google Cache als Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung des Beklagten und gab der Klägerin Recht. Der Unterlassungsschuldner müsse durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass die von der Unterlassungserklärung erfassten Inhalte weder über die eigene Webseite noch über eine Suchmaschine aufgerufen werden können. Er sei verpflichtet, nicht nur die betroffenen Inhalte durch Änderung oder Löschung der Webseite zu entfernen, sondern auch die Auffindbarkeit wenigstens über Google als die am häufigsten genutzte Suchmaschine auszuschließen. Dem Unterlassungsschuldner obliege dabei die Prüfung, ob die auf der Webseite entfernten Inhalte bzw. die gelöschten Webseiten noch über die Trefferliste der Suchmaschine aufgerufen werden können. Ist dies der Fall, müsse er gegenüber Google den Antrag auf Löschung im Google-Cache bzw. auf Entfernung der von der Webseite bereits gelöschten Inhalte stellen.
Allerdings wertete das Gericht die von der Klägerin geforderte Vertragsstrafe von 5.001 EUR als unbillig und setzte diese auf 2.500 EUR herab, da nur ein geringer Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung vorlag. Der Beklagte habe nicht extrem hartnäckig gehandelt, sondern seine Webseite geändert. Die unterlassene Kontrolle der Aufrufbarkeit der Webseite über eine Suchmaschine begründe nur den Vorwurf leichter Fahrlässigkeit. Außerdem hatte die Klägerin keine tatsächliche Gefährdung ihrer Interessen oder einen Schaden dargelegt.
Anmerkung
Die Entscheidung statuiert im Internet sehr weitreichende Handlungspflichten des Schuldners einer strafbewehrten Unterlassungsverpflichtung. Dieser muss aktiv sicherstellen, dass die betroffenen Inhalte im Internet nicht mehr aufgerufen werden können – weder direkt über seine Internetseite noch über eine Suchmaschine. Das Gericht beruft sich dabei auf ältere Urteile (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil v. 12.9.2012 – 6 U 58/11; KG Berlin, Urteil v. 27.11.2009 – 9 U 27/09; OLG Köln, Beschluss v. 5.5.2000 – 6 W 61/99), geht aber in letzter Konsequenz über diese inhaltlich noch hinaus. Das Landgericht Halle verneinte dagegen die Löschungspflicht des Google Cache in einem ähnlichen Fall (Urteil v. 31.5.2012 – 4 O 883/11), da eine Unterlassungserklärung nur zu einem Unterlassen und nicht zu einem für die Löschung des Cache erforderlichen aktiven Handeln verpflichte. Bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung sollten Webseitenbetreiber aufgrund der extensiven Auslegung der Handlungspflichten durch das OLG Celle gleichwohl bei Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung alle betroffenen Inhalte wie Werbeaussagen, Marken oder Persönlichkeitsverletzungen wenigstens im Google Cache beseitigen.
Ob auch eine Prüfungs- und Löschungspflicht der Caches weiterer Suchmaschinen besteht, konnte das Gericht offenlassen, da der Beklagte bereits bei Google keine Entfernung beantragt hatte. Für eine Beschränkung der Verpflichtung auf Google besteht aus rechtlicher Sicht kein Anlass. Webseitenbetreiber sollten aber vorsichtshalber auch den Cache anderer gängiger Suchmaschinen kontrollieren und bei Aufrufbarkeit der Daten löschen lassen. Um Streit über den Umfang der Unterlassungsverpflichtung zu vermeiden, ist die Unterlassungserklärung präzise zu formulieren. Unterlassungsgläubiger sollten die gewünschten Löschungspflichten bereits in eine vorformulierte Unterlassungserklärung mit aufnehmen. Der völlige Ausschluss der Löschungspflicht von Suchmaschinen-Caches in der Unterlassungserklärung ist für den Unterlassungsschuldner dagegen keine Lösung: das Landgericht Frankfurt hat eine solche Unterlassungserklärung als unzureichend erachtet (Beschluss vom 19.10.2011 – 3-08 O 136/11).
Praxistipp
Bei der Vorformulierung einer Unterlassungserklärung sollten die Parteien auch an eine Gerichtsstandsvereinbarung denken: Während bei Rechtsverletzungen im Internet grundsätzlich die Zuständigkeit sämtlicher Gerichte nach § 32 ZPO eröffnet ist (sog. „fliegender Gerichtsstand“), ist für die Klage auf Zahlung der Vertragsstrafe das Gericht am Wohnsitz des Schuldners zuständig. Je nach Auslegung der Handlungspflichten des Unterlassungsschuldners in den Gerichtsbezirken bieten sich hier Gestaltungsspielräume.
Rechtsanwälte Dr. Morton Douglas, Stephanie von Riegen, Friedrich Graf von Westphalen & Partner, Freiburg
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