Rechtsfolge verbotener Zahlungen an Aktionäre

Aktiengesellschaften dürfen ihren Aktionären nur den Bilanzgewinn ausschütten. Verstoßen sie hiergegen, haben die Aktionäre der Gesellschaft die erhaltene Zahlung dem Wert nach zurückzugewähren. Die Rechtsfolgen richten sich ausschließlich nach § 62 AktG.

Hintergrund

Eine Aktiengesellschaft veräußerte 1995 sämtliche Geschäftsanteile an eine Aktionärin. In der Insolvenz der AG klagte der Insolvenzverwalter auf Rückgewähr der Geschäftsanteile aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 ff. BGB). Die Geschäftsanteile seien unter Wert verkauft worden, sodass der Kaufvertrag gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr (§ 57 AktG) verstoße und nach § 134 BGB nichtig sei. Die Geschäftsanteile seien deshalb nicht wirksam an die Käuferin abgetreten worden.

Das Urteil des BGH v. 12.3.2013, II ZR 179/12

Wie bereits das OLG München als Vorinstanz (Kommentierung zum Urteil des OLG München v. 10.5.2012, 14 U 2175/11), lehnte auch der BGH einen Rückgewähranspruch aus Bereicherungsrecht ab. Nach dem BGH regelt § 62 AktG mit einem entsprechenden Rückgewähranspruch exklusiv die Rechtsfolge einer verbotenen Einlagenrückgewähr. Die abgeschlossenen Geschäfte bleiben jedoch wirksam.

Anmerkung

Die Kapitalerhaltungsvorschriften in der Aktiengesellschaft sind strenger als in der GmbH. Zahlungen an Aktionäre dürfen nur in sehr engen Grenzen erfolgen. Nachdem das Urteil des OLG München erstmals die seit langem umstrittene Frage der Rechtsfolgen bei verbotenen Zahlungen beantwortete, hat nun auch der BGH Stellung hierzu bezogen. Damit ist klargestellt, dass Abtretungen und Übereignungen auch bei einem Verstoß gegen § 57 AktG wirksam bleiben.

Gemäß § 57 AktG ist dem BGH nach nicht der konkrete Einlagegenstand, sondern das Vermögen der AG in seinem Wert zu erhalten. Die Bewertung der Angemessenheit von Geschäften mit Aktionären kann aber – insb. bei Unternehmensveräußerungen - sehr schwierig sein. Das Rechtsgeschäft gilt dann als angemessen, wenn ein gewissenhaft handelnder Geschäftsführer das betreffende Geschäft zu den gleichen Umständen mit einem Nichtgesellschafter abgeschlossen hätte (Dealing at arm’s length-Prinzip). Gerade wegen dieser Schwierigkeiten war es wichtig, klare Rechtsfolgen einer verbotenen Einlagenrückgewähr zu regeln. Während die extremste Auffassung die Rückabwicklung des jeweiligen Geschäfts (mit entsprechenden Folgefragen – wer konnte bspw. Gesellschafterbeschlüsse fassen?) annahm, sahen andere lediglich Ansprüche auf Wertersatz vor. Der BGH hat nun endlich (und endgültig) Klarheit geschaffen, dass der weniger strengen Auffassung zu folgen ist.

Praxistipp

Da der BGH den Sinn des § 57 AktG im Werterhalt des Gesellschaftsvermögens sieht, wird künftig davon auszugehen sein, dass lediglich Wertersatz geschuldet ist. Das macht Transaktionen mit Aktionären deutlich besser kalkulierbar. Vorstände sollten sich aber immer bewusst sein, dass sie nach § 93 Abs. 1 Nr. 1 AktG haften, wenn sie Einlagen entgegen § 57 AktG an Aktionäre zurückgewähren.

Rechtsanwälte Dr. Frank Jungfleisch, Dr. Jan Henning Martens, Friedrich Graf von Westphalen & Partner, Freiburg

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