Rechtfolgen der erfolgreichen Anfechtung einer Aufsichtsratswahl

Wenn die Wahl eines Aufsichtsrates erfolgreich angefochten wird, behandelt der BGH die Bestellung rückwirkend als nicht erfolgt. Das führt zu erheblichen Problemen in der Praxis und widerspricht der überwiegenden Meinung und der bisherigen Rechtsprechung.

Hintergrund

Der Kläger ist Aktionär der beklagten Aktiengesellschaft. Er erhob Anfechtungsklage gegen Beschlüsse der Hauptversammlung über die Wahl von sechs Aufsichtsratsmitgliedern.

Das Urteil des BGH v. 19.2.2013, II ZR 56/12

Der BGH gab der Klage statt und sah die Wahl als rückwirkend nicht erfolgt an. Die Stimmabgabe der entsprechend nicht gewählten Aufsichtsratsmitglieder sei wie die eines Nichtmitglieds zu behandeln, also von den Abstimmungsergebnissen der Aufsichtsratssitzungen abzuziehen. Außenstehende Dritte könnten zwar auf die Wirksamkeit der vom Aufsichtsrat vorgenommenen Handlungen vertrauen. Das soll nach dem BGH u.a. für die Feststellung des Jahresabschlusses gelten, da das AktG hierfür besondere Regelungen vorsieht (wodurch die Rückzahlungspflicht der gezahlten Dividende vermieden wird).

Anmerkung

In der Literatur und auch in einem anderen BGH-Urteil („HVB/Unicredit“) wurde bislang davon ausgegangen, eine rückwirkend nichtige Bestellung von Organmitgliedern komme nicht in Betracht. Es läge vielmehr ein „fehlerhaftes Organ“ vor, das lediglich für die Zukunft keine wirksamen Beschlüsse fassen kann. Die in der Vergangenheit gefassten Beschlüsse sollten aber wirksam bleiben. Nach dem nun vorliegenden Urteil kann es erhebliche Probleme bei der Beurteilung wirksamer Beschlüsse geben. Zwar sind nach dem BGH nicht alle Beschlüsse nichtig, sondern es gilt grundsätzlich Vertrauensschutz. Die Abgrenzung kann im Einzelfall aber erhebliche Probleme bereiten.

Praxishinweis

Den Gesellschaften ist nach einer solchen Beschlussanfechtung zu empfehlen, gefasste Beschlüsse sicherheitshalber nach § 244 AktG zu bestätigen. Außerdem kann beispielsweise in Verbindung mit der Amtsniederlegung der Aufsichtsräte versucht werden, nach § 104 Abs. 2 AktG eine gerichtliche Bestellung dieser Aufsichtsräte zu beantragen. Es bleibt aber wegen der bestehenbleibenden erheblichen Probleme zu hoffen, dass der BGH seine Rechtsprechung – trotz teilweiser Zustimmung in der Literatur - in absehbarer Zeit korrigiert.

Rechtsanwälte Dr. Frank Jungfleisch, Dr. Stefan Lammel, Friedrich Graf von Westphalen & Partner, Freiburg


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