Google: Kein kartellrechtliches Verfahren

VG Media hat vor dem Bundeskartellamt eine Schlappe gegen Google erlitten. Das Kartellamt hält Google für berechtigt, Presserzeugnisse nur noch mit Überschrift ohne Textauszug darzustellen. Für eine weitergehende Darstellung darf Google eine unentgeltliche Lizenz verlangen.

Die Verwertungsgesellschaft VG Media hat wieder versucht, die Muskeln gegenüber der Suchmaschine Google spielen zu lassen. Hinter der Verwertungsgesellschaft stehen mächtige Medienhäuser wie RTL, ProSieben/SAT 1, Antenne Bayern, die Verlagshäuser Springer, Funke und Burda. Mit seiner Beschwerde wegen Diskriminierung ist VG Media beim Kartellamt abgeblitzt.

Schutz der Verlage vor unlauterer Ausbeutung

Hintergrund ist das zum 1.8.2013 eingeführte Leistungsschutzrecht. Mit diesem Gesetz sollten Verlage vor unlauterer Ausbeutung durch Suchmaschinen geschützt werden. Das Gesetz wurde nach intensiver Lobbyarbeit der Verlage im Schnellverfahren verabschiedet. Das Max-Planck-Institut hatte vor der Einführung des Gesetzes gewarnt. Die Veröffentlichung so genannter Snippets (kleiner Textausschnitte) sei im Urheberrecht bisher schon ausreichend geregelt. Die Veröffentlichung sei für die Verlage eher von Vorteil, weil sie die Klicks auf die entsprechenden Seiten der Verlage deutlich erhöhe.

Verlage fühlen sich erpresst 

Google reagierte auf die Einführung des Gesetzes durch Verzicht auf die Veröffentlichung von Textauszügen. Google begründete dies damit, nach dem Gesetz sei unklar, ab welcher Textgröße eine Veröffentlichung entgeltpflichtig sei. Lediglich die Überschriften werden noch in der Suchmaschine angezeigt. Die Verlage fühlen sich von Google erpresst. Die Texte der Verlage, die der Suchmaschine eine kostenfreie Lizenz für Textveröffentlichungen erteilen, werden weiterhin in der bisherigen Form veröffentlicht.

Google darf kostenfreie Lizenz verlangen

Über das Kartellamt wollte VG Media Google nun zwingen, weiterhin Textausschnitte aller Verlage zu veröffentlichen. Das Kartellamt stellt hierzu fest:

  • Das Kartellamt ist für die Bearbeitung der Beschwerde nicht zuständig. Sollte das von den Verlagen beanstandete Verhalten von Google tatsächlich wettbewerbswidrig sein, so ist nicht das Kartellamt, vielmehr sind die Gerichte für die Ahndung dieses Verhaltens zuständig.
  • Google hat die Grenzen des kartellrechtlich erlaubten Verhaltens nicht überschritten. Auch einer marktbeherrschenden Suchmaschine wie Google kann nicht zugemutet werden, bei unklarer Rechtslage ein erhebliches Schadensrisiko durch Veröffentlichung von Texten einzugehen, die möglicherweise nur gegen Entgelt zulässig ist.
  • Bis zur Klärung der Rechtsunklarheiten darf Google eine unentgeltliche Lizenz vor Veröffentlichung von Presseerzeugnissen verlangen. 

Eine Totalauslistung von Verlagen wäre Diskriminierung

Das Kartellamt stellte darüber hinaus klar, dass eine komplette Auslistung von Verlagen durch Google wahrscheinlich rechtswidrig sei, weil ein solches Verhalten gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen würde. VG Media stellte in seiner Stellungnahme diese Einschränkung des Kartellamts als besonders wichtig heraus. Im Übrigen werde man über Umfang und Inhalt der Ansprüche nach dem Leistungsschutzgesetz zivilrechtliche Entscheidungen herbeiführen. Bereits für Ende September erwarte man eine klarstellende Entscheidung der Schiedsstelle beim Deutschen Patent- und Markenamt .

Leistungsschutzgesetz mit großen Unsicherheiten verbunden 

Aber auch für künftige Klagen nach dem Leistungsschutzgesetz besteht noch eine erhebliche Rechtsunsicherheit. Das Gesetz verstößt womöglich gegen die Richtlinie 98/34/EG. Diese EU-Richtlinie schreibt vor, dass Gesetzentwürfe, die technische Vorschriften enthalten und die auf Dienste der Informationsgesellschaft zielen, in Brüssel vorgelegt und notifiziert werden müssen. Beamte des Justizministeriums hatten bereits vor Erlass des Gesetzes zu dieser Notifizierung geraten. Das Bundesjustizministerium winkte damals ab. Zu groß war der durch die Medienverlage erzeugte Zeitdruck. Yahoo hat gegen das Gesetz bereits Verfassungsbeschwerde eingelegt. Eine im Auftrag der Grünen erstellte Expertise weist auf eine mögliche Haftung der Bundesrepublik hin, wenn Konzernen durch die Anwendung eines nicht wirksamen Gesetzes ein Schaden entstünde. Das letzte Wort in dieser Sache dürfte wohl der EuGH haben.

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