Gesetzentwurf zur Nutzung verwaister Werke

Ein großes Problem des Urheberrechts ist seit jeher die Nutzung von Werken, deren Urheber unbekannt oder nicht ermittelbar sind. Dürfen solche Werke in öffentlich zugänglichen Bibliotheken, Bildungseinrichtungen, Museen, Archiven oder in sonstiger Weise genutzt werden?

Mit diesen Fragen befasst sich die Richtlinie 2012/28/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.10.2012 über „Bestimmte zulässige Formen der Nutzung verwaister Werke“. In Umsetzung dieser Richtlinie hat das Bundeskabinett am 10.04.2013 einen Entwurf zur Änderung des Urheberrechts beschlossen.

Zwischen den beiden Polen Kulturförderung und Urheberinteresse

In Übereinstimmung mit der EU-Richtlinie bezweckt der Gesetzesgeber die Schaffung eines harmonisierten Rechtsrahmens zur Erleichterung der Digitalisierung und Verbreitung von urheberrechtlich oder durch verwandte Schutzrechte geschützten Werken, wenn der Rechtsinhaber unbekannt und nicht zu ermitteln ist. Dies ist nach Auffassung der EU-Gremien erforderlich, um den Zugang der Unionsbürger zum europäischen Kulturerbe zu fördern. Gleichzeitig betont die Richtlinie die Bedeutung des Urheberrechts als wirtschaftliche Grundlage der Kreativwirtschaft. Zwischen diesen beiden Polen soll der nationale Gesetzgeber den Rahmen für eine angemessene Nutzung urheberrechtlich nicht ohne weiteres zuzuordnender Werke schaffen.

Verwaiste Werke

In Übereinstimmung mit der EU-Richtlinie definiert der Gesetzesentwurf (§ 61 UrhG-Entwurf) zunächst den Begriff: „Verwaiste Werke“ sind hiernach Werke und sonstige Schutzgegenstände des Urheberrechts in Büchern, Fachzeitschriften Zeitungen, Zeitschriften und anderen Schriften, Filmwerke, Bild und Tonträger aus öffentlichen Sammlungen (Bibliotheken, Archive), deren Urheber auch durch eine sorgfältige Suche nicht festgestellt oder ausfindig gemacht werden können.

Umfangreiche Recherche erforderlich

Der Text des Gesetzesentwurfs ist darauf bedacht, den Schutz des unbekannten Urhebers in möglichst großem Umfang aufrechtzuerhalten. So ist nach § 61 a des Entwurfs immer eine umfangreiche Recherche nach dem Rechtsinhaber erforderlich. Diese ist zunächst in dem Mitgliedstaat der Europäischen Union durchzuführen, in dem das Werk zuerst veröffentlicht wurde. Bei relevanten Informationen zu Rechtsinhabern in anderen Staaten sind auch diese Informationsquellen komplett auszuschöpfen. Die einzelnen Schritte der Nachforschung sind sorgfältig zu dokumentieren. Die Dokumentation ist beim Deutschen Patent- und Markenamt zu hinterlegen. Erst wenn diese Maßnahmen zu keinem Erfolg geführt haben, darf von einem verwaisten Werk ausgegangen werden.

Veröffentlichung und Vervielfältigung werden zulässig

Gemäß § 61 des Entwurfs werden die Vervielfältigung und die öffentliche Zugänglichmachung verwaister Werke grundsätzlich erlaubt. Gemäß § 61 b des Entwurfs entfällt das Nutzungsrecht aber, falls nachträglich der oder auch nur einer der Rechtsinhaber festgestellt oder ausfindig gemacht wird. Für die erfolgte Nutzung spricht das Gesetz dem Rechtsinhaber für diese Fälle eine angemessene Vergütung zu. Der Status als verwaistes Werk wird in diesem Fall rechtlich beendet. Ist die Einordnung als verwaistes Werk gesetzeswidrig erfolgt, so kann der Rechtsinhaber auf die Ersatzansprüche und Rechtsbehelfe zurückgreifen, die für Falle sonstiger Verletzungen des Urheberrechts vorgesehen sind.

Weitere Regelungsgegenstände

Der Gesetzentwurf sieht darüber hinaus die Schaffung eines unabdingbaren Zweitverwertungsrechtes vor für Autoren von wissenschaftlichen Beiträgen in Periodika, die überwiegend mit öffentlichen Mitteln gefördert wurden. Danach erhält der Autor das Recht, seinen Beitrag nach einer Frist von einem Jahr seit der Erstveröffentlichung zu nichtgewerblichen Zwecken erneut zugänglich zu machen. Darüber hinaus soll die Nutzung von vergriffenen Printwerken im Rahmen von Digitalisierungsvorhaben durch eine Änderung des UrhWahrnG erleichtert werden.

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