Falsche Renditeversprechen bei finanziertem Immobilienkauf

Mitgegangen, mitgefangen: Eine Immobilien-Gesellschaft, die einen Käufer mit falschen Renditeberechnungen zum Kauf einer Wohnung verleitet, ist zum Schadensersatz verpflichtet. Dass die Beratung durch eine eigenständige Vermittlungs-Firma erfolgte, ändert daran nichts.

Klassische Abzocke eines uninformierten Anlegers

Die Akquise begann mit einer angeblich zu statistischen Zwecken dienenden telefonischen Befragung. Es folgte ein zweites Telefongespräch, in dem „als Gewinn“ für die Teilnahme an der Befragung ein kostenloser Beratungstermin angeboten wurde. Dann ging alles ganz schnell.

Mit den Zauberworten Steuerersparnis, Mietgarantie, Mietzuschüsse und einem Gewinn von 20 Prozent nach zehn Jahren wurde ein 50-jähriger von einer Vermögensberatung zum voll fremdfinanzierten Kauf einer Eigentumswohnung „überzeugt“.

Investition sollte sich selbst tragen

Der Mann vertraute auf die Argumentation der Vermittlungsfirma, dass die Investition sich aufgrund von Mieteinnahmen und Steuerersparnissen von selbst trage. Doch bald stellte sich heraus, dass die Berechnungen unseriös waren:

  • Der Mietzuschuss war zeitlich begrenzt,
  • die Rentabilitätsberechnungen wurden nur kurzfristig für die ersten Jahre nach Erwerb der Wohnung dargestellt.
  • Auch wurde der Käufer nicht darauf hingewiesen, dass sich im Rentenalter die Steuersparmöglichkeiten reduzieren.

Ansprüche gegen Immobilien-Handelshaus

Als der Anleger dies bemerkte, klagte er auf Rückabwicklung des Vertrags wegen Beratungs- und Informationsfehlern im Vorfeld des Wohnungsverkaufs. Die Ansprüche richteten sich gegen das Immobilien-Handelshaus GRÜEZI Real Estate GmbH, in dessen Auftrag die Vermittlerfirma tätig gewesen war.

Das Landgericht Berlin hat den Anspruch des Klägers bestätigt und die beklagte GRÜEZI Reals Estate GmbH zu Schadensersatz durch Rückabwicklung des Vertrags verurteilt. Die Kammer folgte damit der Auffassung des Wohnungskäufers. Der hatte argumentiert,

  • die Mitarbeiter der von GRÜEZI auf Provisionsbasis beauftragten Vermögensberatung,
  • hätten in mehrfacher Hinsicht schuldhaft Pflichten aus einem selbstständigen  Beratungsvertrag verletzt.

Zurechenbare Beratungsfehler

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch gemäß § 280 BGB wegen Schlechterfüllung eines neben dem Grundstückkaufvertrag bestehenden selbstständigen Beratungsvertrags zu, urteilten die Richter.

Das beklagte Immobilien-Handelshaus hatte argumentiert, etwaige Beratungsfehler seien ihm nicht zuzurechnen, da der Kläger selbst einen Makler beauftragt habe. Zudem berief es sich auf einen Haftungsausschluss in § 23 des Kaufvertrags.

Gericht sieht selbstständigen Beratungsvertrag

Das Gericht sah das anders. Zwischen dem Kläger und dem beklagten Immobilien-Handelshaus ist neben dem Grundstückskaufvertrag ein selbstständiger Beratungsvertrag zustande gekommen.

Die Richter verwiesen in ihrer Urteilsbegründung darauf, dass nach Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 31.10.2003 - V ZR 423/02), neben einem Grundstückskaufvertrag eine Beratungspflicht als Hauptpflicht aus einem selbstständigen Beratungsvertrag begründet wird, wenn der Verkäufer im Rahmen eingehender Vertragsverhandlungen und auf Befragen des Käufers einen ausdrücklichen Rat erteilt.

Erfolgt die Beratung nicht durch den Verkäufer, sondern durch einen Dritten, beispielsweise einen Makler, ist nach den Umständen von einer stillschweigenden Bevollmächtigung durch den Verkäufer zum Abschluss des Beratungsvertrags auszugehen (§ 167 BGB).

Schriftliche Unterlagen nicht zwingend für Beratungsvertrag

Dass es kein schriftliches Berechnungsbeispiel gibt, widerlegt nicht das Vorliegen eines Beratungsvertrags. Auch hier verwiesen die Richter auf die Rechtsprechung des BGH,

  • wonach die Dokumentation eines Beratungsgesprächs in einem Schriftstück
  • nicht Voraussetzung für die Bejahung eines Beratungsvertrags ist (BGH, Urteil vom 31.10.2003, V ZR 423/02).
  • Es reiche aus, wenn sich das Ergebnis eines Vermittlungsgesprächs feststellen lässt, das den Anforderungen an eine Beratung genügt.

(LG Berlin Urteil vom 23.03.2012 - 1 O 10/11)

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