EuGH nennt unabdingbare Angaben in Verbraucherkreditverträgen

Der EuGH stärkt den Schutz bei Verbraucherkreditverträgen. Enthalten die von Banken für Verbraucherkreditverträge verwendeten Dokumente nicht die gesetzlich erforderlichen Informationen - z.B. zu Zinsen und Kosten -, so dürfen die EU-Staaten dies mit der Verwirkung der Ansprüche der Bank auf Zahlung von Zinsen und Kosten ahnden.

Dies hat der EuGH zu folgender Fallkonstellation entschieden: Im Juni 2011 schloss die Bank „Home Credit Slovakia“ mit einer slowakischen Kreditnehmerin einen Kreditvertrag auf der Grundlage eines von der Bank verwendeten Standardformulars, auf dem verschiedene vorformulierte Felder auszufüllen waren.

Kreditvertrag als Standardformular mit vorformulierten Feldern

Unter anderem wurden angegeben

  • der Gesamtkreditbetrag in Höhe von 700 Euro,
  • die Anzahl der monatlichen Abtragungen,
  • die Zahlungsfristen für die Rückzahlung,
  • der Sollzinssatz
  • sowie eine Laufzeit von 36 Monaten.

Der effektive Jahreszins wurde geschätzt mit zwischen 35 % und 37,5 % angegeben. Der hiernach insgesamt zurückzuzahlende Gesamtbetrag wurde auf 1.087,56 Euro festgelegt.

Wegen Zahlungsverzug verlangt die Bank sofortige Zurückzahlung

Darüber hinaus sah der Vertrag vor, dass die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bank Gegenstand des Vertrages sind.

  • Die Kreditnehmerin unterzeichnete den Kreditvertrag und bestätigte, von den Allgemeinen Geschäftsbedingungen Kenntnis genommen zu haben, was tatsächlich nicht der Fall war.
  • Die AGB selbst wurden auch nicht gesondert unterzeichnet.

Nach Unterzeichnung des Kreditvertrages und Gewährung des Darlehens zahlte die Kreditnehmerin 2 Monatsraten und stellte darauf ihre Zahlungen ein. Die Bank kündigte darauf den Kreditvertrag und nahm die Kreditnehmerin auf sofortige Rückzahlung der Darlehenssumme, von Verzugszinsen und auf Zahlung einer Vertragsstrafe in Anspruch.

Slowakisches Gericht ruft den EuGH an

Das slowakische Gericht hatte Zweifel an der Gültigkeit des Kreditvertrages, weil die Allgemeinen Geschäftsbedingungen von den Parteien nicht gesondert unterzeichnet worden waren, was in der Slowakei gesetzlich vorgeschrieben ist.

Außerdem hatte das Gericht Zweifel an der Gültigkeit slowakischer Rechtsvorschriften, wonach der Kreditgeber den Anspruch auf Zinsen und Kosten verwirkt, wenn er es unterlässt, bestimmte Informationen in den Vertrag aufzunehmen. Zu diesen Fragen erbat das Gericht Klärung vom EuGH.

Der Verbraucher hat ein Recht auf Aushändigung aller wesentlichen Dokumente

Der EuGH beantwortete die Fragen des slowakischen Gerichts am Maßstab der EU-Richtlinie zur Ausgestaltung von Kreditverträgen EU-Richtlinie 2008/48. Hierzu stellte der EuGH fest:

  • Die Richtlinie verlangt nicht, dass sämtliche Bestimmungen eines Kreditvertrags in einem zusammenhängenden Dokument enthalten sein müssen.
  • Verweist ein Kreditvertrag auf ein weiteres Dokument, das Bestandteil des Vertrages sein soll (AGB), so muss dieses Dokument auf Papier oder einem anderen dauerhaften Datenträger erstellt sein und dem Verbraucher vor Vertragsabschluss körperlich ausgehändigt werden, so dass er seine Rechte und Pflichten aus dem Vertrag in vollem Umfange aus den ausgehändigten Dokumenten ersehen kann.
  • Händigt der Kreditgeber hingegen dieser Verpflichtung nicht sämtliche Vertragsdokumente an den Kreditnehmer aus, die gemäß der Richtlinie EU-2008/48 auszuhändigen sind, so darf der einzelne Mitgliedstaat den Kreditgeber mit der Verwirkung des Anspruchs auf Zinsen und Kosten bestrafen.

EuGH zu unabdingbaren Angaben eines Kreditvertrages

 Zwingend anzugeben in Kreditverträgen sind nach der Entscheidung des EuGH

  • der effektive Jahreszins,
  • die Anzahl und die Periodizität der vom Verbraucher zu leistenden Zahlungen,
  • die Höhe der Notargebühren sowie
  • die Art und Höhe der vom Verbraucher zu leistenden Sicherheiten und abzuschließenden Versicherungen.

In formellen Fragen sind die Mitgliedstaaten nicht gebunden

Der EuGH stellte insoweit klar, dass die Richtlinie die Unterzeichnung der Einzeldokumente eines Vertrages nicht zwingend vorschreibt.

Dies bedeute aber nicht, dass der Mitgliedstaat nicht innerstaatlich die Gültigkeit der Verträge von der Unterzeichnung jedes einzelnen Dokuments - also auch der AGB - abhängig machen könne. Entsprechende einzelstaatliche Vorschriften seien wirksam.

(EuGH, Urteil vom 9.11.2016, C-42/15).

Hintergrund:

In der Bundesrepublik werden fehlende Angaben in Kreditverträgen kaum geahndet.

  • Ist der Gesamtbetrag des Kredits nicht angegeben oder fehlen Angaben zum Effektivzins, so bleibt es meistens bei der Folge, dass sich der Soll-Zins auf den gesetzlichen Zins reduziert, was in der derzeitigen Phase des Niedrigzinses häufig bedeutungslos ist.
  • Nach dem EuGH-Urteil steht nun aber fest: Der deutsche Gesetzgeber könnte den Druck zur Einhaltung der rechtlichen Regeln auf Kreditgeber durch entsprechende Sanktionen erhöhen.

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