Bezahlte Pressebeiträge sind als „Anzeige“ zu kennzeichnen

Redaktionelle Pressebeiträge, für die ein Unternehmen ein Entgelt bezahlt, müssen als „Anzeige“ gekennzeichnet werden. Die Bezeichnung „Sponsored by ...“ ist unpräzise und verdeutlicht nicht ausreichend den Anzeigencharakter, so der BGH in seiner aktuellen Entscheidung zum Presserecht.

Verbraucher müssen Werbung von redaktionellen Presseveröffentlichungen unterscheiden und als Marketingaktivität wahrnehmen können. Dieses Gebot der Trennung dient neben dem Verbraucherschutz der Wahrung der Objektivität und Neutralität der Presse.

Grund: Werden Werbemaßnahmen als redaktionelle Inhalte getarnt, steht der Verbraucher diesen meist unkritischer gegenüber als einer eindeutig gekennzeichneten Wirtschaftswerbung.

Beiträge wurden gesponsert und mit dem Zusatz „Sponsored by“ gekennzeichnet

Eine Verlegerin mit Sitz in Stuttgart veröffentlichte in der Juni-Ausgabe 2009 ihres kostenlosen Anzeigenblatts „GOOD NEWS“ zwei Beiträge, für die sie zuvor jeweils ein Entgelt erhalten hatte. In jedem der Artikel befand sich nach der Titelzeile der grafisch hervorgehobene Hinweis auf das Unternehmen, das für die Veröffentlichung bezahlt hatte, mit dem Zusatz „Sponsored by“.

Klage auf Unterlassung erfolgreich

Die Herausgeberin des „Stuttgarter Wochenblatts" sah darin einen Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 10 Landespressegesetz Baden-Württemberg (LPresseG BW) und nahm die Verlegerin auf Unterlassung in Anspruch. Die Beiträge hätten eindeutig als „Anzeige“ gekennzeichnet werden müssen.

Das LG Stuttgart gab der Klägerin Recht und auch die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten beim OLG Stuttgart blieb erfolglos.

BGH: Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union

Mit der Revision beim BGH begehrte die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Sie ist der Auffassung, § 10 LPresseG sei nicht anwendbar, da die Vorschrift gegen Unionsrecht verstoße. Der BGH hatte daraufhin das Verfahren zunächst ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage vorgelegt, ob § 10 LPresseG BW im Einklang mit der Richtlinie 2005/29/EG steht, die unlautere Geschäftspraktiken definiert, die in der Europäischen Union verboten sind.

Marktverhaltensregelung: Kennzeichnungspflicht für Anzeigen

Nach dem UWG sind unlautere geschäftliche Handlungen verboten. Gem. § 4 Nr. 11 UWG handelt ein Unternehmen insbesondere dann unlauter, wenn er einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. § 10 LPresseG BW, dessen Bestimmungen sich auch in fast allen Presse- oder Mediengesetzen der übrigen Bundesländer wiederfinden, stellt eine solche Marktverhaltensregelung dar.

  • Danach hat der Verleger eines periodischen Druckwerks, der für eine Veröffentlichung ein Entgelt erhalten, gefordert oder sich versprechen lassen hat,
  • diese Veröffentlichung deutlich mit dem Wort "Anzeige" zu bezeichnen, wenn sie nicht schon optisch als Anzeige zu erkennen ist.

Europäischer Gerichtshof: Richtlinie 2005/29/EG nicht anwendbar

Die nationale Vorschrift stellt damit strengere Anforderungen an die Kennzeichnung redaktioneller Werbung als die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken.

  • Denn im Gegensatz zu Art. 7 Abs. 2 und Nr. 11 des Anhangs I der Richtlinie verbiete die Landesnorm jede entgeltliche Veröffentlichung unabhängig von dem damit verfolgten Zweck, wenn die Veröffentlichung nicht durch die Verwendung des Begriffs „Anzeige“ kenntlich gemacht wird.
  • Der Europäische Gerichtshof hat jedoch entschieden, dass der Anwendungsbereich der Richtlinie vorliegend nicht eröffnet sei und somit der nationalen Vorschrift nicht entgegenstehe.

Keine „Geschäftspraktik“ im Sinne der Richtlinie

Die fraglichen Veröffentlichungen der redaktionellen Inhalte durch eine Presseverlegerin sind schon keine „Geschäftspraktiken“ i. S. der Richtlinie. Nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union müssen diese Geschäftspraktiken von Gewerbetreibenden ausgeübt werden und zudem unmittelbar mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der Lieferung ihrer Produkte an Verbraucher zusammenhängen. Die Beiträge seien vorliegend jedoch nicht geeignet, das Produkt der Presseverlegerin, hier ein kostenloses Anzeigenblatt, zu bewerben. Zwar seien sie geeignet, die Produkte oder Dienstleistungen der Inserenten zu bewerben, die die Beiträge finanziert hatten. Diese Unternehmen sind allerdings am Ausgangsverfahren nicht beteiligt. Es sei nicht Aufgabe der Richtlinie, Mitbewerber der betreffenden Presseverlegerin zu schützen, weil diese Veröffentlichungen ohne die Kennzeichnung mit dem Begriff „Anzeige“ vorgenommen hat (EuGH, Urteil v. 17.10.2013, C-391/12).

Gebot der Kenntlichmachung von Anzeigen verletzt

Der BGH wies daraufhin die Revision der Beklagten zurück. Nach Ansicht der Bundesrichter hat das OLG den geltend gemachten Unterlassungsanspruch zu Recht bejaht. Entgegen der Kennzeichnungspflicht des anwendbaren § 10 LPresseG BW hat die Beklagte als Verlegerin eines periodischen Druckwerks die Veröffentlichungen, für die sie eine Entgelt erhalten hatte, nicht mit dem präzisen Wort "Anzeige" bezeichnen. Der unscharfe Ausdruck „sponsored by“ verdeutliche nicht hinreichend den Anzeigencharakter der Veröffentlichungen.

(BGH, Urteil v. 6.2.2014, I ZR 2/11).


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