Ausschluss der Abtretung von Mängelansprüchen in AGB

Im Internetversandhandel ist eine Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die die Abtretung von Mängelansprüchen pauschal und ohne jegliche Differenzierung ausschließt, im Verkehr gegenüber Verbrauchern unwirksam.

Hintergrund

In einem wettbewerbsrechtlichen Verfügungsverfahren zwischen zwei Internetversandhändlern war über die Wirksamkeit folgender Klausel in den AGB der Beklagten zu entscheiden: „Die Abtretung von Mängelansprüchen ist ausgeschlossen.“ Hintergrund der Verwendung einer solchen Klausel ist, dass bei Weiterverkauf und -übereignung der Ware etwaig bestehende Mängelansprüche gegen den Erstverkäufer nicht automatisch übergehen. Diese müssen vielmehr separat abgetreten werden. Mit der Klausel soll verhindert werden, dass sich der Erstverkäufer im Rahmen der Mängelgewährleistung mit unbekannten Dritten auseinandersetzen muss.

Der Kläger war der Auffassung, dass diese Klausel zumindest bei Verbrauchergeschäften unzulässig sei. Er verlangte von der Beklagten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, die Verwendung der Klausel zu unterlassen.

OLG Hamm, Urteil v. 25.9.2015, 4 U 99/14

Während das erstinstanzlich zuständige LG Paderborn den Antrag des Klägers noch zurückgewiesen hatte, gab ihm das OLG Hamm durch mittlerweile rechtskräftiges Urteil statt. Grundsätzlich sei davon auszugehen, dass ein Abtretungsverbot in AGB unwirksam sei, wenn ein schützenswertes Interesse des Verwenders an einem Abtretungsausschluss nicht bestehe oder die berechtigten Belange des Kunden an der Abtretbarkeit vertraglicher Forderungen das entgegenstehende Interesse des Verwenders überwiegen würden (§ 307 Abs. 1 S. 1 BGB).

Unternehmerischer Verkehr

Im rein unternehmerischen Verkehr (B2B) sei nichts gegen einen pauschalen Abtretungsausschluss von Mängelansprüchen einzuwenden, da die Vertragsverhältnisse klar und übersichtlich bleiben müssten und insbesondere der gewerbliche Weiterverkauf mit Abtretung der Mängelansprüche belastend wirken könne. Zugunsten der beklagten Verwenderin sei auch anzuerkennen, dass in Fällen einer „nackten Abtretung“ von Gewährleistungsansprüchen ohne gleichzeitige Übereignung der Ware oder bei Vertragspartnern, mit denen die Verwenderin z.B. wegen früheren schlechten Erfahrungen nicht kontrahiert hätte, durchaus ein überwiegendes Interesse an der Verwendung einer solchen Klausel bestehen könne.

Allerdings betreffe die Klausel in ihrer konkreten Gestalt auch Fälle, in denen ein Verbraucher die Ware erwerbe (B2C) und seinerseits ein überwiegendes Interesse an der Abtretbarkeit habe. Mittelbar sei dem privaten Erstkäufer die Weiterveräußerung erschwert bzw. zumindest sein Verhältnis zum Zweiterwerber mit unnötigem Streitpotential belastet, wenn z.B. eine von Anfang an mangelhafte Sache weiterverkauft oder weiterverschenkt werde und Mängelansprüche nicht mit abgetreten werden könnten. Gerade im Internetversandhandel seien solche Fälle auch gehäuft anzutreffen und nicht bloß vernachlässigungswerte Einzelfälle, da oftmals z.B. Enkel für ihre Großeltern, Kinder für ihre Eltern oder sonstige Personen für Freunde oder Bekannte – quasi als „Einkaufskommissionäre“ – Waren erwerben und direkt danach weitergeben würden. Die Gefahr, dass sich der Verwender im Rahmen der Gewährleistung mit völlig unbekannten Dritten auseinandersetzen müsste, vermittle vorliegend kein anderes Bild: Gerade im Internetversandhandel seien die Vertragspartner ohnehin nicht persönlich, sondern allenfalls namentlich bekannt.

Pauschaler Ausschluss

Der pauschale Ausschluss beider denkbarer Konstellationen gehe daher zu weit und führe zu einer den Grundsätzen von Treu und Glauben widersprechenden unangemessenen Benachteiligung des Verbrauchers. Weil eine geltungserhaltende Reduktion in diesem Fall nicht in Betracht komme, sei das in einer solchen Klausel vorgesehene Abtretungsverbot damit insgesamt unwirksam.

Anmerkung

Folgerichtig müsste der Verwender eines solchen Abtretungsverbotes zur Wirksamkeit der Klausel zwischen Weiterverkäufen im B2B- und B2C-Bereich unterscheiden und dürfte sich nicht auf eine pauschale und undifferenzierte Formulierung des Abtretungsausschlusses beschränken. Das OLG Hamm bleibt damit seiner Linie treu – vor fünf Jahren hatte das Gericht bereits mit Urteil vom 21.09.2010, Az. 4 U 134/10, eine inhaltsgleiche Klausel mit ähnlicher Argumentation für unwirksam erklärt. Höchstrichterliche Rechtsprechung zu genau dieser Frage existiert soweit ersichtlich noch nicht.

Achtung:

Zu beachten ist, dass auch nach diesem Urteil Personen, die Internetversandhändlern gegenüber Gewährleistungsansprüche geltend machen, ohne mit diesen einen Vertrag geschlossen zu haben, zur Offenlegung der „Abtretungskette“ verpflichtet bleiben. Anderenfalls trifft den Internetversandhändler keine Pflicht zur Erfüllung von Mängelansprüchen.

Rechtsanwälte Dr. Frank Jungfleisch, Holger Hiss, Friedrich Graf von Westphalen & Partner, Freiburg

 

 

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