Junge Mädchen zu Sexfilmen genötigt: Facebookverbot

Das AG München verurteilte einen Straftäter zu einem sechsmonatigen Facebook-Verzicht, weil er soziale Dienste dazu missbraucht hatte, sechs Schülerinnen sexuell zu belästigen und sie zu sexuellen Handlungen zu erpressen, die er ins Netz stellte.

Bereits im Jahr 2012 wurde der Täter gerichtlich verwarnt, weil er 2011 soziale Dienste im Internet dazu nutzte, jugendliche Mädchen sexuell zu belästigen. Leider ließ er sich das Urteil nicht zur Warnung dienen, sondern legte anschließend erst richtig los.

Mit brutalen Drohungen zum Filmen sexuelle Handlungen genötigt

Einer siebzehnjährigen Schülerin aus dem Landkreis München drohte er damit, ihr und ihrer Familie die Hells Angels auf den Hals zu hetzen, wenn Sie seinen Anweisungen keine Folge leiste. Er verlangte von ihr, sich mit der Handy-Kamera beim Masturbieren zu filmen und ihm den Film zu überlassen. Die Siebzehnjährige tat, was ihr geheißen, aus Angst um ihre jüngere Schwester.

Filme anschließend ins Netz gestellt

Der Täter stellte den Film über Facebook ins Netz. In ihrem Heimatort kannte bald jeder den Film mit den entsprechenden sozialen Folgen für die Betroffene. Die Schülerin leidet bis heute dem unter schweren psychischen Störungen und wird psychologisch behandelt.

Auch von seiner Exfreundin stellte der Täter pornographische Fotos ins Netz. Von anderen Schülerinnen veröffentlichte er im Netz die Namen und forderte die User auf, die jeweils Betroffenen zu stalken. Auch ein Hakenkreuz und ausländerfeindliche Parolen veröffentlichte der Täter auf diese Weise.

Staatsanwalt forderte drei Jahre Haft

Vor dem Schöffengericht des AG München forderte die Anklagevertretung eine Haftstrafe von drei Jahren. Die Anklage warf dem Täter (der als Ausbildung lediglich eine abgebrochene Friseurlehre vorzuweisen hatte) vor, soziale Existenzen von jugendlichen Mädchen nach Belieben und ohne erkennbare, nachvollziehbare Motive zerstört zu haben. Ein vom Gericht beauftragter Sachverständiger hatte beim inzwischen einundzwanzigjährigen, geständigen Täter schädliche Neigungen und einen verzögerten Reifeprozess festgestellt. Dies nahm die Verteidigung zum Anlass, für ihren Mandanten eine Haftstrafe zu beantragen, die noch zur Bewährung ausgesetzt werden könne.

Gericht nutzt gesamte Palette des Jugendstrafrechts

Das Schöffengericht verhängte eine multifunktionale Strafe unter Nutzung der gesamten Möglichkeiten des Jugendstrafrechts. Die Richter verfolgten offensichtlich die Absicht, einen letzten Versuch zur Einwirkung auf den nach Auffassung des Gerichts in seiner Entwicklung retardierten, noch jugendlichen Straftäter zu starten. Das Gericht verurteilte den Täter zu

  • einer Haftstrafe von zwei Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde,
  • einem vierwöchigen Dauerarrest, den der Täter abzusitzen hat,
  • der Durchführung einer Sexualtherapie,
  • zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von jeweils 1.500 EUR an zwei der Opfer,
  • zur Löschung seiner Accounts bei „Facebook“, „Whats App“ und „Instagram“
  • sowie zum Verzicht auf Nutzung dieser drei Internetdienste für die Dauer von sechs Monaten.

Daneben ordnete das Gericht eine sechsmonatige Vorbewährungszeit an, die verwirkt sei, falls der Täter entgegen dem verhängten Verbot die Internetdienste doch nutze.

Facebook-Verbot als neue Strafmaßnahme

Das vom Gericht verhängte Verbot, für die Dauer von sechs Monaten bestimmte soziale Netzwerke zu nutzen, ist eine innovative Auflage des Münchener Schöffengerichts. Im Hinblick auf das erhebliche Potenzial an möglichen Straftaten und die Verletzung der Privatsphäre der Betroffenen, könnte diese Auflage Schule machen.

Soziale Netzwerke aus den Schulen herausdrängen

Interessant ist in diesem Zusammenhang auch, dass in einigen Bundesländern bereits damit begonnen wurde, im Hinblick auf die mit sozialen Netzwerken verbundenen Gefahren, diese zumindest im schulischen Bereich zurückzudrängen.

So ist in Rheinland-Pfalz der Kontakt zwischen Schülern und Lehrern zu schulischen Belangen über soziale Netzwerke untersagt. Ähnliche Regelungen existieren in Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein. Die Untersagung der Nutzung sozialer Netzwerke durch die Gerichte zum Zwecke des Opferschutzes passt da durchaus ins Bild.

(AG München, Urteil v. 24.03.2014, 1013 Ls).

Zahme Reaktion: In Anbetracht der den Opfern zugefügten Nachteile, die an eine soziale Vernichtung grenzen, scheint die Strafe allerdings sehr milde. Hinzu kommt die schwere Überprüfbarkeit der Einhaltung der Facebook-Abstinenz. Bleibt abzuwarten, ob die Staatsanwaltschaft sich dieser zahmen Sichtweise anzuschließen vermag.