Wird der Fall Edathy zum Fall Friedrich?
Der Hintergrund: Drei Jahre lang hatten kanadische Polizeibehörden gegen einen Kinderpornoring ermittelt. Dabei wurden Kundendateien sichergestellt, in denen wohl auch der Name Sebastian Edathy auftauchte. Die Staatsanwaltschaft Hannover nahm deshalb Ermittlungen gegen Edathy auf.
Stille Politikerpost?
Im Oktober 2013 erfuhr der damalige Innenminister Hans-Peter Friedrich von dem Sachverhalt und informierte den SPD-Vorsitzenden Sigmar Gabriel. Dieser gab die Information an die SPD-Mitglieder Thomas Oppermann und Frank-Walter Steinmeier weiter. Oppermann fragte daraufhin beim Chef des BKA Jörg Ziercke telefonisch an, ob die Information zutreffend sei. Dieser bestätigte laut Oppermann diese Anfrage; Ziecke selbst bestreitet dies. Ebenfalls im Oktober 2013 informierte der Polizeipräsident von Göttingen, der für den Wohnsitz von Edathy in Nienburg zuständig ist, die niedersächsische Landesregierung über die laufenden Ermittlungen.
"Ein Stück aus dem Tollhaus"?
So kommentierte die Grüne Renate Künast diese Vorgänge. In seltener Einigkeit fordern der Vorsitzende der Linkspartei Bernd Riexinger und der FDP-Vorsitzende Christian Lindner den Rücktritt Friedrichs. Die Vorwürfe reichen von Geheimnisverrat bis zur Strafvereitelung. Der „Law–and–Order -Mann“ Friedrich habe wohl Probleme mit dem Rechtsstaat, ließ sich Lindner vernehmen.
Wenn Friedrich nicht freiwillig zurücktrete, so müsse Merkel ihn entlassen. Riexinger erklärte, Friedrich habe den „Schutz des künftigen Koalitionspartners über den Schutz der Rechtsordnung gestellt“.
Rückfrage Oppermann`s beim BKA-Chef - ein Skandal
Mit Staunen hat die Staatsanwaltschaft zur Kenntnis genommen, was an Informationen während der laufenden Ermittlungen von höchsten Stellen an Interessierte weitergegeben wurde. Die Frage, mit welchem Recht Thomas Oppermann sich beim BKA-Chef nach den Ermittlungen erkundigt hat, kann zurzeit keiner beantworten. Die Ermittlungen der StA wurden jedenfalls durch dieses Verhalten konterkariert.
Rechtslage: 1. Es gilt die Unschuldsvermutung
Bei aller Aufregung sollte ein sachlicher Blick auf die bestehende Rechtslage nicht fehlen: Der Besitz von Kinderpornographie wird nach § 184 b StGB unter Strafe gestellt. Die Strafandrohung reicht von drei Monaten bis fünf Jahre Haft. Unter Kinderpornographie wird die Abbildung von sexuellen Handlungen von und an Kindern unter 14 Jahren verstanden.
Der Besitz von Bildern, die Kinder nackt aber keine sexuellen Handlungen zeigen, ist nicht strafbar. Ob Edathy sich strafbar gemacht hat, ist hiernach völlig unklar. Zurzeit gilt die strikte Unschuldsvermutung.
Dateien verschwunden
Ein großes Ärgernis für die Staatsanwaltschaft Hannover ist, dass die Durchsuchung von Edathys Räumen den Verdacht aufkommen ließ, dass zumindest eine Festplatte und möglicherweise auch komplette Rechner verschwunden sind. Sollte dies darauf zurückzuführen sein, dass Edathy vor den Hausdurchsuchungen vorzeitig gewarnt wurde, so könnte hieraus der entscheidende politische Sprengstoff entstehen.
Gefahr für Landwirtschaftsminister Friedrich
Nach der bisherigen Sachlage ist kaum mehr daran zu zweifeln, dass Friedrich durch Weitergabe seiner vertraulichen Information an Gabriel den Tatbestand des Geheimnisverrates nach § 353 b StGB erfüllt hat.
Friedrich selbst hat insoweit sich damit herauszureden versucht, dass zum Zeitpunkt der Weitergabe der Information er nicht von einem strafbaren Verhalten ausgegangen sei. Der Tatbestand der Strafvereitelung wäre nur erfüllt, wenn Edathy tatsächlich strafbare Handlungen nachgewiesen werden könnten.
Gemäß § 258 StGB ist auch schon der Versuch der Strafvereitelung strafbar. Dieser Vorwurf könnte dann möglicherweise auch Gabriel, Oppermann und Steinmeier treffen. Das wäre für de Regierung dann der Super–Gau. Die StA Hannover hat jedenfalls Vorermittlungen wegen des Verdachts des Geheimnisverrates aufgenommen.
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