BGH: Grenzwerte der nicht geringen Menge für synthetische Drogen

Erstmals hat der BGH für bestimmte synthetische Cannabinoide Grenzwerte für das überschreiten der nicht geringen Menge festgelegt. Damit wird für die betreffenden Stoffe endgültig Klarheit für die Grenze zwischen Vergehen und Verbrechen geschaffen.

Cannabinoide sind äußerst heimtückische Stoffe, die vor einigen Jahren als bunte Tütchen mit einer Füllung von 1-3 g unter Namen wie “Spice“ oder “Black Mamba“ in den Verkehr gekommen sind. Es handelt sich vereinfacht ausgedrückt um Nachbildungen des Cannabis-Wirkstoffes THC und damit um psychoaktive Substanzen, die im Vergleich zu THC eine stärkere Wirkung hervorrufen.

Schwunghaften Internethandel mit Cannabis-Nachbildungen

Im konkreten Fall hatte der Angeklagte die synthetischen Cannabinoide im In- und Ausland per Internet als Kräutermischungen angekauft und selbst damit einen schwunghaften Internethandel eröffnet. Die bewusstseinsverändernde Wirkung der Stoffe war dem Angeklagten bekannt. Das LG hatte den Angeklagten wegen Einfuhr von und Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde.

Grenzwerte deutlich niedriger als bei „natürlichem“ Cannabis

Sowohl die Staatsanwaltschaft als auch der Angeklagte selbst hatten Revision gegen das Urteil eingelegt. In einer umfangreichen Anhörung zweier Sachverständiger hat der BGH den Grenzwert der nicht geringen Menge unterschiedlich festgesetzt.

  • Für die synthetischen Cannabinoide JWH-018 und CP 47, 497 –C8-Homologes hat der BGH den Grenzwert der nicht geringen Menge auf 2 g festgesetzt.
  • Zum Vergleich: Bei Cannabis liegt der Grenzwert der nicht geringen Menge von THC bei 7,5 g.

Mit seiner Festsetzung ist der BGH etwas von der Vorinstanz abgewichen, die den Grenzwert bei 1,75 g angenommen hatte. Hinsichtlich der vom Angeklagten ebenfalls vertriebenen Wirkstoffe JWH – 073 und CP 47,497 hielt der Senat den Grenzwert der nicht geringen Menge bei der beim Angeklagten festgestellten Wirkstoffmenge von 6 g jedenfalls für erreicht. Eine exakte Untergrenze legte der BGH insoweit nicht fest.

Urteil aufgehoben

Das erstinstanzliche Urteil der Vorinstanz hob der BGH hinsichtlich des festgesetzten Strafrahmens auf. Da der vom Senat ermittelte Grenzwert im einen Fall von dem von der Vorinstanz angenommenen Grenzwert abwich und im zweiten Fall die Vorinstanz keine hinreichenden Feststellungen zur Menge des in der Kräutermischung enthaltenen Wirkstoffs getroffen hatte, muss die Vorinstanz über das Strafmaß neu befinden.

Freiheitsstrafen bis 15 Jahre möglich

Die Bundesanwaltschaft betonte, dass jedem, der sich mit den Urteilsgründen befasse, klar werden müsse, dass es sich bei den dem Urteil zu Grunde liegenden Stoffen um äußerst gefährliche Psychosubstanzen handele. Die Staatsanwaltschaft wies darauf hin, dass der Festlegung der Grenzwerte bei der praktischen Strafverfolgung einer überaus großen Bedeutung zukomme. Mit Überschreiten dieser Grenzwerte ändere sich der Strafrahmen ganz erheblich. Aus Vergehen würden bei Überschreiten der Grenzwerte Verbrechen die gemäß § § 29a, 30, 30a BTMG mit Freiheitsstrafe von 1 Jahr bis zu 15 Jahren belegt seien. Zumindest für die dem Verfahren zu Grunde liegenden Stoffe werde damit für die Strafverfolger die nötige Klarheit geschaffen.

Katz und Maus-Spiel

So begrüßenswert das Urteil auf der einen Seite sein mag, so begrenzt dürften die praktischen Auswirkungen sein. Das Prinzip der „Legal High`s“ besteht nämlich darin, dass die „Macher“ die chemische Zusammensetzung der psychoaktiven Substanzen ändern, sobald diese in die Positivliste des BTMG aufgenommen werden.

Der Name „Legal High“ soll demgemäß auch suggerieren, dass die verwendeten Substanzen legal sind, weil vom Gesetzgeber noch nicht erfasst. So läuft der Gesetzgeber den als Kräutermischungen, Badesalzen oder Lufterfrischern getarnten Drogen ständig hinterher. Die von der BGH- Entscheidung erfassten Drogenstoffe werden schon jetzt nur noch sehr selten gehandelt.

(BGH, Urteil v. 14.1.2015, 1 StR 302/13).