Familienpflegezeit wirft sozialversicherungsrechtliche Fragen auf: Wer sie nimmt, senkt automatisch sein Einkommen. Bis dahin höherverdienende Arbeitnehmer können durch diese Reduzierung des Entgelts z.B. wieder versicherungspflichtig werden. Wie ist mit solchen und anderen Konsequenzen umzugehen?

Das Gesetz zur Einführung der Familienpflegezeit wurde am 13.12. 2011 im Bundesgesetzblatt (S. 2564 ff.) verkündet. Damit wurde ab 1.1.2012 die Familienpflegezeit eingeführt. Arbeitnehmer können mit ihrem Arbeitgeber eine Reduzierung ihrer wöchentlichen Arbeitszeit über einen Zeitraum von maximal 2 Jahren auf bis zu 15 Stunden vereinbaren. Das hat auch sozialversicherungsrechtliche Auswirkungen.

 

Entgelt wird aus Wertguthaben aufgestockt

Während der Pflegezeit wird das erzielte Arbeitsentgelts aufgestockt. Vorgesehen ist eine Aufstockung um die Hälfte der Differenz zwischen dem bisherigen Bruttoarbeitsentgelt und dem sich durch die Arbeitszeitreduzierung ergebenden geringeren Arbeitsentgelt. Dies soll grundsätzlich durch Entnahme von Arbeitsentgelt aus einem zuvor angesparten Wertguthaben erfolgen. Dazu ist die Vereinbarung eines Wertguthabens im Sinne der Sozialversicherung erforderlich (§ 7b SGB IV).

Im Regelfall tritt jedoch die Pflegebedürftigkeit unerwartet ein und es konnte zuvor kein Wertguthaben aufgebaut werden. Folglich entwickelt sich das Wertguthaben zu Beginn der Pflegephase zunächst ins Minus und muss dann nachträglich abgearbeitet werden.

 

Keine geringfügige Beschäftigung während der Pflegezeit

In versicherungs-, beitrags- und melderechtlicher Hinsicht sind durch das Familienpflegezeitgesetz keine besonderen Regelungen geschaffen worden. Ein vor Beginn der Familienpflegezeit bestehendes versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bleibt für die Dauer der Familienpflegezeit und der Nachpflegephase bestehen.

Die veränderte Entgelthöhe wirkt sich direkt versicherungsrechtlich aus - eine mögliche Versicherungsfreiheit wegen Geringfügigkeit der Beschäftigung kommt allerdings nicht in Betracht. Das ergibt sich daraus, dass das im Rahmen der Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber über die Familienpflegezeit zu leistende monatliche Arbeitsentgelt 400 EUR übersteigen muss. Dies ist Bestandteil einer gültigen Wertguthabenvereinbarung (§ 7b Nr. 5 SGB IV).

 

Befreiung von der Versicherungspflicht bei JAEG-Unterschreitung

Höherverdienende und deshalb versicherungsfreie Arbeitnehmer können infolge der reduzierten Arbeitszeit aus Anlass der Familienpflegezeit wieder versicherungspflichtig werden. Das tritt ein, wenn sie mit ihrem regelmäßigen Jahresarbeitsentgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung unterschreiten und das 55. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Diese Arbeitnehmer werden dann sofort versicherungspflichtig.

 

Neu geschaffen wurde ab 1.1.2012 die Option, in diesen Fällen auf Antrag von der Versicherungspflicht befreit zu werden (Ergänzung des § 8 Abs. 1 Nr. 2a SGB V). Der Antrag auf Befreiung ist innerhalb von 3 Monaten nach Beginn der Versicherungspflicht zu stellen. Wichtig: Wie bei allen Befreiungsoptionen ist auch hierbei kein Widerruf möglich.