Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Abgrenzung von Gebäuden und Betriebsvorrichtungen bei einem Zementwerk
Leitsatz (amtlich)
Ein Bauwerk ist als Betriebsvorrichtung und nicht als Gebäude zu bewerten, wenn während eines stetigen Betriebsablaufs der Schallpegel den arbeitsrechtlich zulässigen Wert für Arbeitsplätze in Arbeitsräumen von 90 dB dauerhaft überschreitet. Bei der Bestimmung der Lärmgrenze von 90 dB ist maßgeblich auf die Durchschnittswerte der wesentlichen Bauwerksteile abzustellen.
Normenkette
BewG § 68 Abs. 1-2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob verschiedene Baulichkeiten innerhalb einer Fabrikationsanlage dem Grundvermögen zuzuordnen oder als Betriebsvorrichtungen zu bewerten sind.
Die Klägerin ist seit 1962 Eigentümerin eines Geschäftsgrundstücks in G, auf dem eine Zementfabrik betrieben wird.
Wegen der Gesamtansicht der Fabrik wird auf den Lageplan, Bl. 33 Prozessakte, verwiesen, weiterhin auf die Pläne betreffend Brecheranlage, Rohmühlen 1 und 2, Trockneranlage 1 und 2 sowie Zementmühlen 1 – 3, jeweils mit Angabe der Lärmmesspunkte und -werte, Bl. 481 – 490 der Einheitswertakte des Beklagten, Az.: 12/0/126.
Mit Schreiben vom 30. Januar 1998 wurde die Klägerin aufgefordert, auf den 01. Januar 1998 eine Erklärung zur Feststellung eines Einheitswerts einzureichen, da bauliche Veränderungen durchgeführt worden waren. Bei Abgabe dieser Erklärung beantragte die Klägerin, verschiedene Bauwerke nicht mehr als Gebäude sondern als Betriebsvorrichtungen zu behandeln, da bei diesen Baulichkeiten die durch den Betriebsablauf verursachte Lärmbelästigung den arbeitsrechtlich zulässigen Beurteilungspegel überschritten. Der Beklagten entsprach diesem Antrag nicht und bewertete die strittigen Bauwerke weiterhin als Gebäude.
Die auf den 01. Januar 1998 durchgeführte Einheitswertfeststellung ergab, dass eine Wertfortschreibung nicht durchzuführen war, da die Wertabweichungsgrenzen nicht überschritten waren. Der Einheitswert betrug, wie auch bereits in früheren Bescheiden 7.689.300,-- DM.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein und beantragte, die Trockner- und Rohmühlenhallen (innerhalb eines Bauwerks gelegen), das Zementmühlenbauwerk, das Brecherbauwerk und die Kohlenmühle als Betriebsvermögen zu bewerten, da die Lärmgrenze von 85 bzw. 90 Dezibel jeweils überschritten sei.
Bei den lärmbehafteten Bauwerken handelt es sich um Einhausungen von Mühlen (Kohlen-, Roh-, Zementmühle) und die Trocknerhallen. Bei der Brecheranlage bilden die senkrecht und waagerecht angeordneten Stahlbetonbauteile einen kubischen Baukörper, in dem die insgesamt ca. 900 Tonnen schweren Brecheranlagen stehen. Die Mühlen sind waagerecht gelagerte gepanzerte Rohre mit einer Länge von zehn bis zwanzig Metern und einem Durchmesser von 2,5 bis 4,5 Metern, die mit 20.000 bis 40.000 Kugeln aus Spezialstahl gefüllt sind. Durch die Rotation des Mühlenrohres werden zwischen den Stahlkugeln der einzelnen Mühlen Kohle zu Kohlenstaub, Stein zu Steinstaub und Zementklinker zu Zement gemahlen.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 22. November 1999). Unter anderem ist in der Einspruchsentscheidung als Begründung ausgeführt, es könne bei Überschreitung des zulässigen Lärmpegels Schutzkleidung getragen werden.
Mit der Klage verweist die Klägerin darauf, Lärm sei ein gravierendes Umweltproblem. Nach dem letzten Stand der Forschung wirke Lärm nicht allein über das Ohr, sondern auch direkt auf den gesamten Organismus und schädige das Herz-Kreislaufsystem. Lärm könne Herzinfarkte sowie Tinnitus verursachen. Die Einhausungen der streitigen Fabrikationsteile bildeten Schallschutzvorrichtungen.
Die Klägerin verweist insbesondere auf das BFH-Urteil vom 30. Januar 1991, BStBl II 1991, 618.
Hinsichtlich der Kohlenmühlenanlage – für das bisher ein Dezibelwert von unter 90 Dezibel angenommen worden war – hat die Klägerin erneute Lärmmessungen vorgenommen, die Werte zwischen rund 85 bis zu 97,8 Dezibel ergaben; auf Bl. 49, 50 der Prozessakte, Schriftsatz vom 26. September 2002, wird ergänzend verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
unter teilweiser Aufhebung des Einheitswertsbescheids auf den 01. Januar 1998 vom 22. September 1998 und unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 22. November 1999 den Beklagten zu verpflichten, die im Einheitswertbescheid vom 22. September 1998 näher bezeichneten Bauwerke, nämlich
Gebäudeteil 3 |
Lageplan-Nr. 1 06 |
Trocknerhalle A |
Gebäudeteil 4 |
Lageplan-Nr. 4 06 |
Trocknerhalle B |
Gebäudeteil 5 |
Lageplan-Nr. 1 07 |
Rohmühlenhalle A |
Gebäudeteil 6 |
Lageplan-Nr. 4 07 |
Rohmühlenhalle B |
Gebäudeteil 7 |
Lageplan-Nr. 2 15 |
Zementmühlenhalle A |
Gebäudeteil 8 |
Lageplan-Nr. 4 15 |
Zementmühlenhalle B |
Gebäudeteil 9 |
Lageplan-Nr. 5 28 |
Zementmühlenhalle C |
Gebäudeteil 26 |
Lageplan-Nr. 1 04 |
Brechergebäude |
Gebäudeteil 29 |
Lageplan-Nr. 2 38 |
Kohlenmühlengebäude |
nicht als Gebäude, sondern als Betriebsvorrichtungen zu bewerten und den Einheitswert für das Grundstück in G, ... zum 01. Januar 1998 mit...