Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
übersteigen bei einer Friedhofsgärtnerei die Umsätze aus der Grabpflege 50 v. H. der Gesamtumsätze und überwiegen im Umsatz die Vergütung für Leistungen und nicht in selbstgezogenen Pflanzen bestehende Lieferungen, so ist in der Regel der ganze Betrieb als Gewerbebetrieb anzusehen.
Normenkette
GewStG § 2 Abs. 1; EStG §§ 13, 15
Tatbestand
Streitig ist die Gewerbesteuerpflicht für den Erhebungszeitraum 1954.
Der Bf. betrieb eine Friedhofsgärtnerei; neben der Ausführung von Grabpflege (Anlage, Ausschmückung und Pflege von Gräbern) und Dekorationen (für Trauerfeiern) unterhielt er ein neben dem Friedhofseingang gelegenes Ladengeschäft für den Handel mit selbstgezogenen und zugekauften Blumen sowie aus diesen hergestellten Kränzen und Gebinden. Der Betrieb des Bf., der seit 1956 als landwirtschaftlicher Betrieb behandelt worden war, war im Oktober 1959 geprüft worden. Auf Grund der Prüfungsfeststellungen beurteilte das Finanzamt ihn als Gewerbebetrieb.
Gegen den berichtigten Bescheid für 1954 legte der Bf. Einspruch ein mit dem Antrag, den Betrieb weiterhin als landwirtschaftlichen Betrieb und den Einspruch gemäß § 261 AO als Berufung zu behandeln.
Das Finanzgericht wies das Rechtsmittel als unbegründet zurück. Es begründet seine Entscheidung wie folgt.
Das vom Bf. für allein entscheidend erachtete Verhältnis des Einkaufswerts der zugekauften Erzeugnisse zum Gesamtumsatz betrage nach den bereinigten Zahlenangaben auf Grund der Buchführung des Bf. für 1954 20 v. H. Bei einem Zukauf zwischen 20 v. H. und 30 v. H. des Umsatzes müsse nach den in Abschnitt 13 GewStR 1955 und 1958 aufgestellten Abgrenzungsmerkmalen, die nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs I 113/53 U vom 12. Juli 1955 (BStBl 1955 III S. 267, Slg. Bd. 61 S. 179) bei der Abgrenzung der landwirtschaftlichen und der gärtnerischen von der gewerblichen Tätigkeit im Fall des Zukaufs fremder Erzeugnisse als brauchbare Beurteilungsgrundlage anerkannt seien, die Einordnung des Streitfalles unter Würdigung aller Umstände erfolgen. Der Umfang des Zukaufs, nicht der Umfang der Arbeitsleistungen bei der Grabpflege sei auch für die steuerliche Einordnung von Friedhofsgärtnereien entscheidend, sofern sie nicht überwiegend mit der Anlegung, Ausschmückung und Pflege von Gräbern beschäftigt seien (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 72/54 U vom 27. April 1955, BStBl 1955 III S. 223, Slg. Bd. 61 S. 67). Im Streitfall belaufe sich der Anteil der Erlöse aus Grabpflege auf 53 v. H. des Gesamtumsatzes, von denen unstreitig wiederum 42 v. H. bis 43 v. H. auf die anteiligen Arbeitsleistungen entfielen. Auch der 10 v. H. des Umsatzes betragende Anteil der Entgelte für Dekorationen enthalte erhebliche anteilige Arbeitsvergütungen. Nach alledem sei nicht mehr die Gärtnerei der Hauptbetrieb, dem Grabpflege, Anfertigung von Dekorationen und Handelsladen dienten, sondern das Hauptziel des Betriebes auf die Bedienung der Friedhofskundschaft gerichtet.
Mit seiner RB macht der Bf. geltend, der Betriebsprüfungsbericht enthalte eine Reihe von Irrtümern. Selbst wenn man die einheitliche Leistung der Grabpflege im Widerspruch zum Urteil des Bundesfinanzhofs IV 319/54 vom 18. Juli 1957 (Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK -, Gewerbesteuergesetz, § 2 Abs. 1, Rechtsspruch 74) in eine Lieferung und eine Leistung aufteile und den Leistungsanteil dem Zukauf fremder Erzeugnisse gleichstelle, so überwiege zahlenmäßig der Pflanzenwert. Die Leistung diene somit dem Absatz und könne nicht die Annahme einer gewerblichen Tätigkeit begründen. Entscheidend sei für die Beurteilung die Struktur des Betriebes, die hier gärtnerischer Natur sei, weil der Gesamtumsatz durch die gärtnerische Eigenerzeugung bestimmt werde.
Das Finanzamt hält demgegenüber das überwiegen der Anlegung, Ausschmückung und Pflege von Gräbern ohne Rücksicht auf den Umfang der Verwendung selbstgezogener und zugekaufter Pflanzen für entscheidend.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist unbegründet.
Der Senat hat in seinem in die GewStR übernommenen Urteil IV 250/50 U vom 2. Februar 1951 (BStBl 1951 III S. 65, Slg. Bd. 55 S. 171) ausgeführt, daß nur ein solcher Zukauf die Struktur eines landwirtschaftlichen Betriebes unberührt lasse, der sich als Aushilfe im Erzeugungsprozeß als notwendig erweist und deshalb regelmäßig nur unbedeutend sein kann. Demgegenüber erweiternd hat der I. Senat des Bundesfinanzhofs im Urteil I 113/53 U die in Abschnitt 13 GewStR aufgestellten Abgrenzungsmerkmale als brauchbare Beurteilungsgrundlage anerkannt. Für Friedhofsgärtnereien ist in den Urteilen des Bundesfinanzhofs IV 72/54 U und IV 319/54 ausgeführt worden, daß die übernahme der Grabpflege zur überwiegenden Verwendung selbstgezogener Pflanzen in der Regel keine Strukturänderung des gärtnerischen Betriebes bedeute und eine Aufteilung der einheitlichen Leistung der Grabpflege in eine Lieferung und eine Leistung unter Gleichsetzung des Leistungsanteils mit dem Zukauf fremder Erzeugnisse nicht möglich ist. Es ist aber auch darauf hingewiesen worden, daß solche Gärtnereien dann als Gewerbebetriebe anzusprechen sind, wenn sich ihre Tätigkeit in der Hauptsache auf die Anlegung, Ausschmückung und Pflege von Gräbern erstreckt, und daß eine Aufteilung ihrer Tätigkeit in einen gärtnerischen und einen gewerblichen Betrieb angesichts der einander bedingenden und voneinander abhängigen Tätigkeiten nicht möglich ist.
Im Streitfall hat das Finanzgericht in übernahme der Feststellungen im Betriebsprüfungsbericht ein überwiegen der Umsätze aus der Grabpflege mit 53 v. H. des Gesamtumsatzes festgestellt. Dabei brauchte nicht geprüft zu werden, mit welchem Anteil diese Umsätze die Verwertung selbstgezogener Pflanzen einschlossen. Es hat ferner einen Zukauf in Höhe von mehr als 20 v. H. des Gesamtumsatzes festgestellt. Wenn das Finanzgericht danach in Abwägungen aller Umstände den Betrieb als Gewerbebetrieb beurteilt hat, so liegt darin kein Verstoß gegen den Inhalt der Akten und kein Rechtsirrtum (§§ 288, 296 AO). Wendet man dazu die Grundsätze des Urteils des Bundesfinanzhofs IV 447/55 U vom 7. März 1957 (BStBl 1957 III S. 165, Slg. Bd. 64 S. 441) an, die die steuerliche Einordnung einer Brennerei als landwirtschaftlichen Nebenbetrieb oder Gewerbebetrieb betreffen, so ergibt sich folgendes: Die verarbeiteten Eigenerzeugnisse (15.000 DM Ladenverkauf, 43.500 DM Grabpflege = 58 v. H. von 75.000 DM Umsatz) liegen mit 58.000 DM bei rund 40 v. H. des Gesamtumsatzes von 141.975 DM; damit spielen der Zukauf fremder Erzeugnisse, der Anteil der vergüteten Arbeitsleistungen und sonstiger Werkleistungen (Dekorationen) eine so erhebliche Rolle für die Beurteilung der Struktur des Betriebes, daß seine Einordnung als Gewerbebetrieb geboten ist.
Fundstellen
Haufe-Index 411426 |
BStBl III 1965, 147 |
BFHE 1965, 411 |
BFHE 81, 411 |