Interview: Vom Startup zum etablierten Unternehmen

Vom Startup zum deutschlandweiten Personal­dienstleister. Zenjob vermittelt studentisches Personal, für einen Tag oder mehrere Monate. Wie es ist, innerhalb von fünf Jahren auf 250 Mitarbeitende anzuwachsen, erzählen zwei der Gründer im Interview.

Personalmagazin: In den letzten fünf Jahren hat sich Zenjob als Unternehmen allmählich etabliert. Was war anspruchsvoller, die Gründungsphase oder die Phase der Etablierung? 

Fritz Trott: Das erste Jahr und die Gründung waren hart und viel Arbeit. Die Gründungsphase ist inzwischen abgeschlossen. Wir haben über zweihundert Mitarbeiter und sind gut am Markt angekommen. Wir stehen aber immer noch am Anfang. Aktuell geht es darum, dass wir uns stabilisieren und unser Unternehmen auf- und ausbauen. Das ist anspruchsvoll, genauso wie die Gründung. Beides ist viel Arbeit und sehr herausfordernd.

Frederik Fahning: Als wir sechs Monate nach der Gründung die ersten Umsätze generieren wollten, das war auch anspruchsvoll. In die Vollen zu gehen und Ergebnisse zu erzielen. Am Anfang hat dabei manches nicht richtig funktioniert. 

Mit Automatisierung effizienter und schneller sein

Personalmagazin: Mit welchem Anspruch habt ihr damals gegründet? 

Trott: Wir sind davon überzeugt, dass wir mit Effizienz und Automatisierung ein Problem auf zwei Seiten lösen können: auf der Arbeitgeberseite, wenn es um die flexible Planung von Personaleinsatz und das Finden von Personal geht, und auf der Arbeitnehmerseite, indem wir Transparenz, Entwicklungsmöglichkeiten und faire Löhne bieten. Wir zahlen nicht den gesetzlichen Mindestlohn, sondern haben einen eigenen internen Mindestlohn von elf Euro pro Stunde und zahlen im Schnitt sogar 11,50. Und wir bieten die Möglichkeit, das eigene Arbeitsleben besser zu kontrollieren.

Das ist wie beim Fernsehen: Früher war man davon abhängig, was im Programm ausgestrahlt wurde. Dann kamen die Streaming-Dienste und auf einmal konnte der Nutzer zu hundert Prozent selbst bestimmen, was und wann er schaut. Wir haben diese Freiheit auf das Arbeitsleben übertragen. Mit Technologie können wir hier einen enormen Wert schaffen. Denn letztendlich bestimmt Arbeit den Großteil unseres Lebens. 

"Um für Studierende attraktiv zu sein, haben wir uns auch von Kunden getrennt, die nicht unserer Wertvorstellung entsprachen." - Fritz Trott, CEO und Mitgründer von Zenjob

Fahning: Von Anfang an haben wir uns bei der Produktentwicklung auf unsere Talents konzentriert – so nennen wir die studentischen Zeitarbeitnehmer. Gerade in einfacheren, ungelernten Bereichen versuchen wir stets, eine Vielzahl an Jobs anzubieten, damit genug Auswahl besteht und Studierende sich so mit Zenjob ihr Studium finanzieren können. 


Personalmagazin: Konntet ihr eurem Anspruch in den vergangenen Jahren treu bleiben oder hat sich dieser seither verändert?

Trott: Wir sind dem Anspruch treu geblieben, aber das ist immer wieder eine Herausforderung. Um für Studierende attraktiv zu sein, haben wir uns auch von Kunden getrennt, die nicht unserer Wertvorstellung entsprachen. Nur so können wir erreichen, dass Studierende gerne für uns arbeiten. 

Fahning: Wenn es aber um das Unternehmenswachstum geht, stellt sich auch die Frage, welche Kunden und welche Branche zu uns passen: Wer kann mit uns als Startup mitwachsen? Mit welchen Unternehmen wollen wir zusammenarbeiten?

Neue Mitarbeiter, neue Büros, neue Kultur

Personalmagazin: Wie hat sich eure Rolle als Gründer und Geschäftsführer in den vergangenen fünf Jahren verändert?

Fahning: Je mehr das Unternehmen wächst, desto größer wird der Stellenwert der Unternehmenskultur. Am Anfang ist das eine Selbstverständlichkeit, denn das Team arbeitet eng zusammen und prägt sowieso jeden Tag gemeinsam die Kultur. Bei über zweihundertfünfzig Mitarbeitenden besteht unsere Rolle vor allem darin, jeden Tag unsere Kultur zu zeigen. 

Trott: Aber auch die Organisation hat sich verändert. Die Sorgen oder Ansprüche des Teams haben sich geändert. Das sieht man zum Beispiel an den Räumlichkeiten.

Fahning: Genau. Am Anfang haben wir noch Wohnungen angemietet, weil das Kernbüro zu klein wurde. Jetzt sind wir in dieses Büro gezogen und diese Räume haben Vor- und Nachteile.


Personalmagazin: Welche Nachteile habt ihr hier im neuen Büro?

Fahning: Diese Büroräume hier sind Luxus für uns. Wir haben aber auch festgestellt, dass es aufgrund der steigenden Anzahl an Mitarbeitern schnell anonym werden kann. Wir wollen trotz wachsender Unternehmensgröße unsere positive Startup-Atmosphäre beibehalten. Das ist natürlich bei fünf Mitarbeitern deutlich einfacher als bei 250. Aber wir geben nicht auf und glauben daran, dass eine positive Unternehmenskultur und die gelebten Werte das Herzstück in jeder Firma sind.

"Wir können Jobs per Push-Nachricht an Zehntausende Studierende schicken." - Frederik Fahning, Chief Legal Officer und Mitgründer von Zenjob


Personalmagazin: Wie habt ihr es geschafft, im Markt studentischer Zeitarbeit Fuß zu fassen und an erste Kunden zu kommen? 

Trott: Studentische Zeitarbeit per se ist ja nicht die neueste Erfindung, aber wir wollten in diesem Markt mehr als zehnmal schneller sein als jeder andere. Und wenn wir schnell sind, dann können wir damit ganz andere Probleme lösen, als einfach nur Personal zu beschaffen. Während andere outsourcen, können wir echte Flexibilität ermöglichen und zum Beispiel nur für ein, zwei Tage Personal schicken. 

"Same Day Delivery" von studentischen Zeitarbeitsnehmern

Personalmagazin: Geht das auch noch schneller? 

Trott: "Same Day Delivery" gibt es auf jeden Fall, manchmal sogar "Same Hour". Wenn Kunden ihren Bedarf eintragen, werden zum Job passende Kandidaten angeboten. Die besten Bewerbungen werden vorsortiert, bevor der Zuschlag erteilt wird. Das kann innerhalb von Sekunden geschehen und dadurch können wir dem Unternehmen am selben Tag eine Rückmeldung geben und tatsächlich Personal zum Einsatzort schicken. Aber den Großteil der Jobs vergeben wir innerhalb von 72 Stunden.

Fahning: Denn die meisten Unternehmen planen frühzeitig ihren Bedarf. Aber wenn Bedarf sein sollte, dann sind wir eben auch in der Lage, kurzfristig zu agieren, denn wir können den Job per Push-Nachricht an Zehntausende Studierende schicken. 


Das ungekürzte Interview ist zuvor in Personalmagazin 04/2020 erschienen. Die Ausgabe enthält einen ausführlichen Schwerpunkt zum Thema HR-Startups und eine Marktübersicht über neue Lösungen. Lesen Sie das gesamte Heft auch in der Personalmagazin-App.

Das könnte Sie auch interessieren:

Alles auf Neustart – Studie "HR-Start-ups auf dem Prüfstand"

Schlagworte zum Thema:  HR-Startup, Personaldienstleister