Closer Still Media kauft die Zukunft Personal Europe

Bei der Übernahme der Messe Zukunft Personal greift die britische Closer Still Media hart durch. Der Managementstil erinnert eher an die Vergangenheit als an die Zukunft der Arbeit. Die Messemacher versuchen die Lage zu beruhigen und versprechen Austellern und Besuchern „Kontinuität“.

Ralf Hocke hat die Zukunft der Arbeitswelt nicht nur zum Thema der Personalmessen gemacht, sondern setzte auch in der eigenen Organisation auf ein Miteinander auf Augenhöhe, Selbstverantwortung und eine zeitgemäße Personalführung. Doch den neuen Eigentümer der Zukunft Personal Europe, die britische Closer Still Media, interessierte das nicht. Kurz nach Unterzeichnung des Kaufvertrags berief dieser am 28. Januar eine Betriebsversammlung in Mannheim ein, die eher an eine feindliche Übernahme erinnerte: Michael Westcott, Co-Gründer von Closer Still Media, und seine Manager nannten vor allen Versammelten die Namen der Mitarbeiter, von denen man sich trennen wollte. Die Mitarbeiter erlebten den Vorgang als Bloßstellung und Respektlosigkeit, wie wir von Betroffenen erfuhren, die nicht namentlich genannt werden wollen. Die „Überlebenden“ machten sich in ein nahegelegenes Hotel auf, um dort auf den neuen Kurs eingeschworen zu werden, während die Trennungskandidaten ihre Schreibtische räumten, ohne sich von ihren Ex-Kollegen verabschieden zu können.

Hocke war zu dem Zeitpunkt noch Geschäftsführer, doch ihm wurde die Anwesenheit auf der Versammlung verwehrt. Astrid Jaeger, Geschäftsführerin der Online Educa in Berlin, wurde auf der Versammlung als neue Geschäftsführerin von Spring vorgestellt. Zu den Vorgängen möchte sie nicht Stellung nehmen. „Interne Vorgänge kommentieren wir nicht“, sagt die Messemacherin, die regelmäßig in Mannheim arbeiten wird, aber nicht nach außen auftreten will. Insider berichten von 15 Trennungen bei etwa 50 Mitarbeitern, weitere Stellen sollen nicht verlängert werden. Auch dazu gibt es keinen Kommentar der neuen Geschäftsführerin.

Ohne Respekt für die bisherigen

Die Werte und Prinzipien eines modernen HR-Managements und von Future of Work, zentrale Themen der Messen, spielen bei der Übernahme keine Rolle. Das zeigt der Verlauf der Betriebsversammlung wie auch der Umgang mit dem bisherigen Geschäftsführer Ralf Hocke. Er hatte 2014 die Führung von Spring übernommen, die Messen auf Wachstumskurs gebracht und sich persönlich Respekt und Ansehen in der HR-Szene erworben. Vor etwas über einem Jahr zog er mit der 60-köpfigen Messemannschaft in neue Räumlichkeiten, die im Sinne von New Work gestaltet sind. Ein schickes neues Ambiente, das die Ansprüche an die Zusammenarbeit auf Augenhöhe symbolisiert.

Diese Leistungen für Unternehmenskultur und Geschäft wurden von den neuen Eigentümern nicht gewürdigt, in der offiziellen Pressemitteilung zur Übernahme wird Hocke nicht einmal erwähnt. Was im eigenen Hause nicht praktiziert wird, wollen die Messemacher aber weiterhin ihrem Publikum vermitteln. „Future of Work bleibt ein wichtiges Thema für uns“, erläutert Christiane Nägler, die seit acht Jahren bei Spring arbeitet, eine enge Vertraute von Hocke war und jetzt als Group Direktor das neue Gesicht der Personal-Messen sein wird.

Versprechen von Kontinuität

Die Lage in Mannheim ist angespannt. Die Mitarbeiter, die gehen mussten, konnten ihre Aufgaben nicht mehr an die Kollegen übergeben, das Know-how ging verloren, die nächsten Messen stehen unmittelbar bevor. „Es gibt viel Kontinuität“, versucht Nägler die Lage zu beruhigen und versichert, dass der neue Eigentümer an allen drei Leitmessen festhält. Für das Jahr 2020 ist das naheliegend, weil bereits Verträge mit Ausstellern vereinbart wurden und die Vorbereitungen auf Hochtouren laufen. Doch gilt das auch für die Zukunft Personal Nord 2021, über deren Ende immer wieder spekuliert wird? „Die Regionalmessen werden auch 2021 stattfinden“, versichert Nägler, die zusammen mit Martina Hofmann und Andreas Frank die Kontinuität im Managementteam in Mannheim verkörpert. Der Kongress Digital Mind Change sei allerdings noch „in Planung“, ist also noch nicht abgesichert.

Die neuen Chefs der „alten“ Managementteams sind die beiden Geschäftsführer Astrid Jaeger und Peter Platsch, die die Strategie von Closer Still Media umsetzen. Jaeger gilt als engagierte Messemacherin, was sie bei der Online Educa seit Jahren unter Beweis stellt. Platsch gilt als ein Restrukturierungsexperte, quasi der Mann im Hintergrund, der harte Ansagen macht. Laut Jaeger passe die Akquisition in die Gesamtstrategie von Closer Still Media. „Wir betreiben contentgetriebene Messen und wollen auf unseren Messen auch Inhalte vermitteln“, erläutert sie die Strategie der Briten, die in Europa und den USA Fachmessen in den Bereichen Veterinärmedizin, Technologie und Unternehmensentwicklung veranstalten. Die Kölner Zukunft Personal Europe dürfte eine der größten Veranstaltungen im Portfolio sein. Christiane Nägler ist der Überzeugung, dass Spring gut zu Closer Still Media passe. Sie sieht die Chance für die Mannheimer, Teil einer internationalen Gruppe zu sein, die Fachmessen verstehe und ähnliche Veranstaltungen im Portfolio habe.

Blick zurück

Bei den Vorgängen in Mannheim gibt es vor allem einen Gewinner, und das ist die Deutsche Messe AG, die mit dem Verkauf einen lukrativen Deal gemacht hat. Die Hannoveraner hatten die Spring Messe Management GmbH 2012 gekauft, der Messekonzern erhoffte sich, von der agilen kleinen Tochter lernen zu können. Doch Lern- und Synergieeffekte stellten sich nicht ein, zu unterschiedlich waren Kulturen und Geschäftsmodelle zwischen dem Konzern und dem kleinen, mittelständisch agierenden Mannheimer Schnellboot. Als Closer Still Media der Deutschen Messe AG signalisierte, einen Preis von 13 Millionen Euro zu bezahlen, wie die Hannoversche Zeitung aus zuverlässigen Quellen recherchiert hat, war das ein Anlass, um sich von der Tochter zu trennen. Dabei war schon in den Verkaufsgesprächen klar, dass die Briten einen harten Restrukturierungskurs verfolgen würden.

Für Spring, die in den letzten Jahren mit einstelligen Umsatzrenditen auskamen, wollen die neuen Eigentümer eine Umsatzrendite von bis zu 30 Prozent erreichen – für das Messegeschäft ein ambitioniertes Ziel, das weder die Deutsche Messe noch die Mannheimer in Sichtweite haben. Die Stellungnahme von Jochen Koeckler, CEO der Deutsche Messe AG, zur Übernahme wirkt angesichts der Ereignisse in Mannheim unüberlegt: „Wir freuen uns sehr, dass wir für die spring Messe Management GmbH und unsere Kolleginnen und Kollegen in Mannheim ein neues Zuhause gefunden haben. Wir haben keinen Zweifel daran, dass die Messen und das Team der spring Messe sich unter den neuen Eigentümern weiter gut entwickeln werden.“ Den Mitarbeitern, die ihren Job verlieren, werden diese Worte bitter aufstoßen. Für die Hannoveraner hingegen ist die Rechnung aufgegangen. Der Verkaufspreis von Spring lag deutlich über dem Preis, den sie 2012 bezahlt haben.


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