Was ist eigentlich Transformation

Das Wort Transformation ist zu einem viel benutzten Begriff geworden, der allerdings wenig Konturen hat. Und vor lauter Reden über die Transformation bleibt keine Zeit, sie in die Praxis umzusetzen. Was ist eigentlich Transformation und wie kann sie gelingen? Eine Orientierungshilfe.

Transformation reiht sich ein in die in der Aufmerksamkeitsgesellschaft so beliebten Mode- und Buzzwörter, die man nur aussprechen muss, und schon hat man sich zu etwas bekannt – wenngleich unverbindlich, vage und nicht wirklich ernsthaft.

Das ist fauler Zauber. Das Wort Transformation legt ohnehin schon diese Richtung nahe. Direkt aus dem Lateinischen übersetzt, bedeutet es Verwandlung. Das lässt an etwas Überirdisches denken. Jesus verwandelte Wasser zu Wein. Und im arabischen Kulturkreis ist die Vorstellung des Dschinns bekannt, eines Geistwesens, das sich aus Rauch in eine Menschengestalt verwandeln kann. Manchmal bringt der "Geist aus der Flasche" den Menschen, die ihm begegnen, Gutes, manchmal aber macht er sie auch verrückt.

In der Theatersprache wiederum ist die Verwandlung der Moment, an dem zwischen den Akten hinter einem Vorhang die Kulissen – die Szenen – gewechselt werden. Aus einem beschaulichen Wohnzimmer wird ein Büro oder eine Gebirgslandschaft samt Hirsch und Rehen. Alles Theater eben.

Transformation ist keine Mode

Genauso ist es auch mit den meisten angepriesenen Methödchen und Moden der Transformation – alles Theater, fauler Zauber. Da werden in der Regel nur ein paar Kulissen verschoben, durch scheinbar neue ersetzt, und nach der Pause geht’s von vorne los. Warum ist das so? Nun, weil vor lauter Reden über die Transformation keine Zeit bleibt, um sie in die Praxis umzusetzen. Und weil man sie eigentlich gar nicht will. Veränderung verlangt nämlich obendrein Anstrengung und Ausdauer. 

Deshalb ist das Transformationstheater so erfolgreich: In Anlehnung an einen berühmten Satz aus dem Roman "Der Leopard" des italienischen Schriftstellers Giuseppe Tomasi di Lampedusa "muss sich alles scheinbar verändern, damit es so bleiben kann, wie es ist".

Aber stimmt das auch?
Nein.

Jede Veränderung hat auch Auswirkungen auf andere Teile des Systems. Eine neue Technologie sorgt beispielsweise für bessere Arbeitsbedingungen und höhere Erträge. Gleichzeitig verlangt ihr Einsatz eine höhere Qualifizierung und mehr Know-how von den Menschen, die mit ihr umgehen. Das wirkt sich einerseits auf die Gehaltsstrukturen aus, andererseits auf die sozialen und kulturellen Ansprüche, die damit verbunden sind.

Das wiederum sorgt für die Entwicklung von Technologien, die dazu dienen, diesen Ansprüchen gerecht zu werden oder aber, das gibt es natürlich auch, diesen Ansprüchen dadurch zu entgehen, dass sie Menschen ersetzen. Das verändert aber die Rolle des Managements und der Führungskraft. Auch hier wird sehr viel Routinearbeit erledigt, die ebenso gut von der (schwachen) Künstlichen Intelligenz gemacht werden könnte.

Buchtipp:

Das neue Buch von Wolf Lotter und Oliver Sowa "Transformation. Theorie und Praxis für die Führung" ist im September 2025 bei Haufe erschienen.

Warum sich Transformation nicht verordnen lässt

Je länger man mit Lösungen zuwartet, desto mehr häufen sich Probleme an. Der berühmte "Reformstau" also, den es in der Politik, in der Firma und nicht selten auch im Privaten gibt, verdichtet sich noch mehr. Alle klagen, aber nichts bewegt sich.

Doch selbst wenn Entscheidungen getroffen werden, lässt sich Transformation nicht einfach verordnen. Es reicht auch nicht, dass die Führungskräfte von der Notwendigkeit des Wandels überzeugt sind und das auch sagen – "Chefsache" heißt das dann. Echte Transformation geschieht nicht auf Befehl, sondern aus innerer, intrinsisch motivierter Einsicht und Vernunft. Wenn wir verstanden haben, dass das Neue was bringt, geht es uns leichter von der Hand. An diesen Punkt zu gelangen, ist schwer. "Die Schwierigkeit liegt nicht so sehr in den neuen Gedanken als in der Befreiung von den alten, die bei allen, die so erzogen wurden, sich bis in die letzte Ecke ihres Bewusstseins verzweigen", schrieb John Maynard Keynes im Vorwort seiner "Allgemeinen Theorie" von 1936. Das ist eine zeitlose Weisheit. Gewohnheiten, Rituale, Routinen gibt es nicht nur, um den Tag und das Leben schöner und gelassener zu gestalten, es gibt sie auch beim Denken und Erkennen – wo sie allerdings wie ein Gift lähmende Wirkung haben.

Transformation braucht eine Perspektive, die Chance darauf, dass es mit ihr nicht nur anders, sondern besser geht.

Transformation ist ein Ausdauersport

Ist jede Transformation eine "Revolution", ein großer Schlag? Nein. Der Alltag der Transformation ist kein Feuerwerk, sondern die beharrliche, geduldige, systematische Veränderung dessen, was wir "Normalität" nennen. Langsam, Schritt für Schritt, verschiebt sich die Perspektive, bis aus etwas, das anfangs noch gewagt oder unvorstellbar wirkte, eine neue Normalität geworden ist. Normalität ist jener Teil unseres Alltags, den wir gar nicht bewusst wahrnehmen und, falls doch, mit Sätzen begleiten wie:
"Das haben wir immer schon so gemacht."
"So ist das bei uns."
"Das machen wir hier nicht."

Daraus folgt, dass Transformation nicht einfach aufhört, sondern als permanenter Prozess zu verstehen ist – sonst tappt man nach getaner Veränderungsarbeit wieder in die Falle, nicht zu hinterfragen, ob das, was man tut, noch "normal" ist.

Fast immer scheitern Innovationen und das Schritthalten mit Entwicklungen also daran, dass wir uns an eine andere Vorstellung "gewöhnt" haben und die nicht hergeben wollen. Eine Veränderung bedeutet das, was die Sozialwissenschaften einen "Paradigmenwechsel" nennen. Ein Paradigma ist eine "allgemeine Wahrheit", also eine Sicht auf die Wirklichkeit, die so verbreitet ist, dass niemand an ihr zweifelt. In Krisenzeiten aber müssen sich diese Paradigmen behaupten, sie müssen sich beweisen und zeigen, was sie können – oder sie werden abgelöst. Das geschieht regelmäßig, und wenn das neue Paradigma sich ebenfalls als zu schwach herausstellt, um positive Fortschritte zu tragen, wird es seinerseits abgelöst. Das schreibt sich leicht hin, ist aber jedes Mal ein großer Kampf, eine massive gesellschaftliche und persönliche Herausforderung.

Transformation als Prozess des "Verlernens"

Ein anderes Problem ist, dass vielfach unsere Instrumente zur Bewertung von Wissen als Produktivitätsfaktor nicht besonders gut sind. Wir können diesem Rohstoff der Innovation also noch nicht im selben Maße einen Wert beimessen wie den Produkten und Dienstleistungen, die daraus entstehen. Wir sind in der Lage, mit Quantitäten umzugehen, indem wir messen, zählen, wägen. Was aber, wenn sich die Ergebnisse von Wissen nicht so unmittelbar und eindeutig quantifizieren lassen? Für eine Wirtschaft, die mangels anderer Ressourcen auf Wissen und Know-how angewiesen ist, ist das die Seinsfrage schlechthin. Wenn wir nur wahrnehmen und bewerten, was wir nach alter Sitte "begreifen" (ein verräterisches Wort in diesem Zusammenhang), dann übersehen wir Entscheidendes.

Noch eine andere Herausforderung kommt hinzu: Wer verändert, muss auch vergessen können und Überkommenes buchstäblich "verlernen". Auch das sagt sich leicht. Die Lernforschung weiß seit Langem, dass es viel schwieriger ist, einmal Gelerntes wieder zu vergessen und an die Stelle des Alten neue Einsichten zu stellen. Unser Gehirn ist darauf eingestellt, einmal zu lernen, nicht immer wieder – es lernt Neues dann nicht mehr so gut, weil es bereits ein Betriebssystem aus Kultur und Wertvorstellungen installiert hat, das sich nicht so einfach updaten lässt. Unser Verstand läuft mit unseren Gewohnheiten im Kreis, weil wir so erzogen wurden – wie Keynes es in dem vorhergehenden Zitat sagte. Die Schwierigkeiten werden meist unterschätzt, denn was wir für gegeben, für "normal" halten, bestätigt sich ja auch oft durch unser soziales Umfeld, durch Freunde, Kollegen, Familie. 

Kniffe, Tricks, Erfahrungen für die Transformation

In Zeiten wirtschaftlicher Herausforderungen neigen wir alle dazu, das sogenannte Bewährte zu tun. Das stiftet Sicherheit und gibt uns Halt. Es ist, zumindest psychologisch, klar, dass wir gerne das weiter tun, was wir schon können. Verändert sich unsere Umwelt, passen wir uns ihr erst dann an, wenn es wirklich nicht mehr anders geht. Die Frage ist also: Wäre es nicht klüger, schon vor dem Schaden klug zu werden, also der Not dadurch zu entgehen, dass die Transformationsarbeit nicht erst getan wird, wenn die Not schon eingezogen ist?

Kluge Menschen wollen keine Antworten, sie wollen wissen, wie sie die richtigen Fragen stellen. Wenn Veränderungsprozesse scheitern, dann deshalb, weil am Anfang oft eine falsche Vorstellung steht oder eine Definition, die zu einfach und zu billig ist, um sich in der Praxis zu bewähren. Der französische Historiker Fernand Braudel hat in seinem Essay "Die Dynamik des Kapitalismus" geschrieben, dass der Kapitalismus nicht nach festen Mustern und Methoden funktioniert, sondern aus "Kniffen, Tricks und Erfahrungen" besteht. Es geht bei der Veränderung also um praktisches Wissen, um Know-how. Theorie spielt hier nur als Fundament eine Rolle. Methoden, Tools und Modelle, Formeln und fertige Antworten zählen nicht. Best Practice heißt jetzt nicht mehr: So machen es andere richtig, sondern: Das passt zu uns.

Fassen wir also zusammen, weil ja vieles immer noch sehr neu ist an dem, was die Transformation uns geistig abverlangt.

  • Die Wissensgesellschaft mit ihrer Wissensökonomie, die seit Jahrzehnten entsteht, wird im Englischen präziser knowledge society genannt, denn knowledge entspricht eben nicht dem deutschen "Wissen", wie es in Schulen, in der Ausbildung, in Büchern oder anderen Lernquellen vermittelt wird, sondern es verbindet dieses reproduzierbare Wissen mit praktischen Fähigkeiten, Erfahrungen und Kenntnissen.
  • Transformation bedeutet die allmähliche und im Kontext zum eigenen Unternehmen und seinen Bedürfnissen stehende Verwandlung von einer Organisation, die in der Tradition industrialistischen Managements steht, in eine, die dieser Wissensökononomie folgt.
  • Industrialistisch, das meint übrigens nicht, wie zu vermuten wäre, die Industrie oder genauer: die Produktionswirtschaft, die Fabrik oder das Fließband, sondern die im 19. und 20. Jahrhundert historisch gewachsenen organisatorischen und kulturellen Muster, die aus dieser Wirtschaftsform hervorgehen: Industrialistisch ist eine Haltungs- oder Einstellungsfrage, eine Mentalität, ein Mindset, wie man auf Neudeutsch sagt.

Ob die Produktion an einem Fließband oder in einem digitalen Netzwerk erfolgt, ist nebensächlich, solange die Idee und ihre gekonnte Umsetzung die Verwandlung ausmachen. Oder noch kompakter: Transformation findet dort statt, wo Probleme gelöst werden. Das ist ein unternehmerischer Leitsatz.

Wo keine Probleme erkannt werden, gibt es auch keinen Handlungsbedarf. Mit anderen Worten: Es gibt keinen Transformationszwang. Deshalb ist die Analyse des Bestehenden auch so wichtig. Es kann ja durchaus sein, dass man sehr vieles sehr richtig macht, und auch das braucht gelegentlich eine Bestätigung. Sofern dieser Prozess der Selbstvergewisserung kritisch und ehrlich erfolgt, zeigt er in jedem Fall auf, was gut am Bestehenden ist und wo Bedarf an Neuem besteht.

Verwandlung ist nicht Vernichtung

Verwandlung – Transformation – von der Industrie- zur Wissensökonomie heißt auch nie, das Alte, das Vorhandene, wo es bewährt ist, zu versenken, im Gegenteil: Es bedeutet, das Gute an Tradition und Erfahrung klarzumachen. Denn vieles von dem, was die eigene Originalität und Identität und damit auch Erfolg und Ansehen bei den Kunden ausmacht, ist ja oft verdeckt und vielen Führungskräften wie Mitarbeitenden nicht mehr bewusst. Es gilt also, die Kultur dessen, was besteht, mit dem zu verbinden, was sein könnte. Denn Verwandlung meint nie Vernichtung.

Der Ökonom Joseph A. Schumpeter, dessen "schöpferische Zerstörung" zu den populärsten Schlagwörtern der Innovations- und damit immer auch Transformationslehre gehört, hat nie gemeint, dass das Alte vom Neuen mit Stumpf und Stiel aufgefressen werden soll, um Neues hervorzubringen. Wohl aber muss das Alte sich dem Neuen stellen, mit offenem Visier, und seine Wirksamkeit ebenso beweisen, wie es das Neue letztlich auch tun muss, um sich durchzusetzen. Dass dabei dem Jungen, Nachrückenden ein gewisser Bonus eingeräumt werden muss, ist klar. Denn oft fehlt es an Mut und Neugierde, etwas erst einmal auszuprobieren, bevor es wirksam werden kann. Es bedarf also klarer Regeln, innerhalb derer das Neue und das Innovative versucht werden kann, und es bedarf klarer Regeln, um sagen zu können, was am Alten erhalten werden soll. Die Fragen "Ist das neu oder kann das weg?" und "Ist das da und bewährt es sich noch?" gehören also zusammen.

Wie sich Arbeit, Unternehmen, Produkte, die Sicht auf Märkte und strategische Partnerschaften entwickeln, hängt nie allein von der Innensicht ab. Nun wissen wir aber, dass Gemeinschaften dazu neigen, sich unangenehmen oder auch nur fremden, bislang nicht gedachten Vorstellungen und Sichtweisen zu entziehen, indem sie Selbstbestätigung suchen. Dies gelingt umso besser, je länger die Erfolge von gestern noch immer nachwirken.

Transformation ist für Realos

Solange man sich also erzählt, immer noch die Nummer eins im Bau von Automobilen zu sein, wird man sich wenig darum scheren, den Blick auf die zu richten, die mit neuen Verfahren und Methoden gerade die Individualmobilität verwandeln. Viele Unternehmen und Gemeinschaften, ja, ganze Staaten und Kulturen, machen sich so zu geschlossenen Anstalten. Denken wir nur an den Hochmut westlicher Manager, die China und Indien (und andere ehemalige oder Eben-noch-Schwellenländer) lange Zeit nur als verlängerte Werkbank betrachteten, auf der man viel billiger für die westlichen Märkte produzieren konnte als in diesen Märkten selbst.

"Der Bedarf an Transformation in unseren Organisationen ist weitaus größer als er sein müsste, wenn Vernunft und kritische Selbstzweifel rechtzeitig Einzug gehalten hätten." Wolf Lotter

Aus der Perspektive der 1970er- oder 1980er-Jahre waren diese Sichtweisen ja durchaus begründet. Doch wie alles im Leben braucht auch eine Kultur eine Normalität, einen regelmäßigen Realitätscheck, einen Abgleich mit der Wirklichkeit. Dieser unterblieb aber allzu oft, und so ist der Bedarf an Transformation in unseren Organisationen – natürlich nicht nur in Unternehmen – weitaus größer, als er sein müsste, wenn Vernunft und kritische Selbstzweifel rechtzeitig Einzug gehalten hätten.

Das lässt sich auch für das Verhältnis zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden sagen. Wobei: Hat sich nicht gerade da viel getan? Agieren nicht viele Manager bewusst auf Augenhöhe mit ihren Mitarbeitenden, viel lockerer, weniger hierarchisch als früher? Nun, auch hier übersehen wir einiges, denn das joviale "Du" zwischen Chef und "Untergebenen" macht für sich allein noch lange keine wirksame Transformation im Unternehmen aus. Die entsteht erst durch Selbstständigkeit, Freiräume und selbstbestimmte Arbeit, die dem Können der meisten Mitarbeitenden heute entsprechen.

Peter Drucker hat diejenigen als "Wissensarbeiter" bezeichnet, die "mehr über ihre Arbeit wissen als ihr Chef". Vor der industriellen Revolution nannte man Spezialisten für eine bestimmte Tätigkeit bzw. diejenigen, die für Marktteilnehmer Probleme lösen oder Bedürfnisse erfüllen konnten, "Meister". Meisterschaft beruht zu einem Teil auf einer sehr soliden (und vereinheitlichten) Ausbildung, ganz gleich, ob es sich dabei um das Schreinerhandwerk oder um Netzwerktechnik handelt, und zum anderen Teil auf den in der Praxis erworbenen Fähigkeiten und Kenntnissen, dem Know-how.

Dieses Know-how ist auch in der Industrieproduktion, die im 19. Jahrhundert zur Norm wird, wichtig, aber es hat nicht mehr die gleiche Bedeutung wie noch in den Zeiten der Meister. Es geht nicht darum, dass die einzelnen Facharbeiter besonders gut sind, sie sollen nur eine bestimmte Norm des Könnens erreichen, die vorgegeben wird. Fallen sie aus – durch Unfall, Alter oder Tod –, können sie so leicht ersetzt werden. Der Mensch ist nunmehr also als Ersatzteil gedacht.

Transformation braucht klare Ansagen

Der Industrialismus schafft selbst emsig die Voraussetzungen dafür, sich überflüssig zu machen. Nun heißt das zwar nicht, dass es keine Fabriken mehr gibt, keine Produktion oder Routinetätigkeiten. Es wird aber den rasanten Umbau von menschlicher Beteiligung an diesen Tätigkeiten in allen möglichen Anwendungsfällen hin zur Automatisierung geben. Gleichzeitig sind die Wissensarbeitenden in einer Organisation dabei, die heutigen Meister ihres Fachs zu werden.

Die Zeiten, in denen der Arbeiter tat, was man ihm sagte, sind vorbei. Damit verliert das Management seine jahrzehntelange Rolle als inhaltlicher Instrukteur von Arbeit. Gleichzeitig wird aber Leadership zur zentralen Fähigkeit in Organisationen. Je unabhängiger, selbstständiger und selbstbestimmter die Wissensarbeitenden ihre Arbeit erledigen, desto mehr braucht es Menschen, die die optimalen Rahmenbedingungen dafür schaffen.

Algorithmen und KI werden absehbar auch die letzten Routinetätigkeiten, die Menschen noch erledigen, weitgehend automatisieren. Unsere selbstgewollte und von Menschen geschaffene Zukunft ist also die persönliche, individuelle Arbeit. Transformation zeichnet sich durch Selbstständigkeit aus, sie braucht aber auch ein klares Maß an Netzwerkfertigkeiten, sowohl sozialen als auch kommunikativen und natürlich technischen. Kooperation und Arbeitsteilung werden nicht verschwinden, aber die Konturen der Arbeit der Einzelnen werden klarer und sichtbarer werden. Standards und Normen werden nicht über Bord geworfen, aber Produkte und Dienstleistungen werden durch Einzigartigkeit und damit Unverwechselbarkeit glänzen. Das alte 08/15 hat schon lange ausgedient – und es war nie die Formel für erfolgreiche Unternehmer.

Das also ist die Transformation, wie wir sie in unserem Buch beschreiben wollen. Sie wird die Organisationen und unser Arbeits- und Menschenbild verändern – und hat dies zum Teil bereits getan. Unser Buch begleitet die Verwandlungswilligen und Verwandlungsfähigen. Wir hoffen, aber auch jene zu erreichen, die die Transformation noch immer als Bedrohung verstehen, und mit unseren Beispielen und Ausführungen dazu beizutragen, dass sich auch die Zweifler "ins Gelingen verlieben", wie es der Philosoph Ernst Bloch am Ende seines berühmten Werks "Das Prinzip Hoffnung" formuliert hat.

Denn ganz gleich, von welcher Seite wir die Transformation von Gesellschaft, Kultur und Wirtschaft auch betrachten mögen: Sie steht, vor allem anderen, für die Hoffnung darauf, dass es besser werden kann, als es ist, und dass aus Verdrossenheit wieder jene Zuversicht entsteht, die Ziele kennt.


Wolf Lotter ist Journalist, Autor und Essayist mit dem Schwerpunkt Transformation und Innovation. Zusammen mit dem Manager Oliver Sowa hat er das Buch „Transformation. Theorie und Praxis für die Führung“ geschrieben, das im September bei Haufe erschienen ist. Der hier veröffentlichte Text ist ein Auszug aus dem Buch.

Dieser Beitrag ist erschienen in Personalmagazin 11/2025. Als Abonnent haben Sie Zugang zu diesem Beitrag und allen Artikeln dieser Ausgabe in unserem Digitalmagazin als Desktop-Applikation oder in der Personalmagazin-App.


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