Unternehmenskultur: Duz-Kultur ist auf dem Vormarsch

Volkswagen hat gerade Englisch zur Unternehmenssprache gemacht und damit indirekt auch die formale Ansprache in der "Sie"-Form abgeschafft. Welches Standing das Siezen in der Unternehmenskultur deutscher Betriebe allgemein noch hat, zeigt nun eine Studie – mit eindeutiger Tendenz.

Demnach siezen sich nur noch in drei Prozent aller Unternehmen ausnahmslos alle Mitarbeiter untereinander. Knapp zwei Drittel (63 Prozent) der insgesamt 17.000 befragten Fachkräfte ist mit einigen Kollegen per "Du", während sie die Führungsebene mit "Sie" ansprechen.

Hierachien als Hindernis, die das Duzen überwindet

Die Zahlen stammen aus einer Studie, die die Online-Jobbörse Stepstone und die Managementberatung Kienbaum durchgeführt haben. Deren Autoren sehen angesichst der Ergebnisse schon das langsame Aussterben der Siez-Kultur besiegelt.

"Der Abschied vom Sie ist dabei kein einfacher Ausdruck des Zeitgeistes. Er hat vielmehr damit zu tun, wie Menschen heute zusammenarbeiten", kommentiert Sebastian Dettmers, Geschäftsführer von Stepstone.de, die Ergebnisse. Es sei wichtig, dass Entscheidungen schnell und nicht mehr nur von Führungspersonen getroffen werden können. "In solchen dynamischen Umfeldern werden Hierarchien zum Hindernis für effizientes Arbeiten. Das Du ist ein Ausdruck der Revolution, die gerade in der deutschen Wirtschaft stattfindet", erklärt Dettmers.

Wo jeder Zweite mit dem Chef per Du ist

Wie oft Kollegen geduzt werden, hängt der Studie zufolge sowohl von der Größe des Unternehmens als auch von der Branche ab: Es sind vor allem die ganz großen und ganz kleinen Unternehmen, in denen die Mitarbeiter miteinander oder auch mit ihren Chefs per Du sind.

Bei Arbeitgebern mit 500 bis 1.000 Mitarbeitern steigt die Duz-Quote auf 70 Prozent, Konzerne mit Mitarbeiterzahlen zwischen 20.000 und 50.000 kommen auf 71 Prozent. Tendenziell herrscht in größeren Unternehmen meist eine Mischkultur vor: Kollegen werden geduzt, Chefs gesiezt.

In kleineren Unternehmen geht es im Schnitt auch über Hierachieebenen hinweg informeller zu: Sie setzen zu einem höheren Anteil auf die reine Du-Form. Während im Gesamtschnitt der Befragten jeder Dritte alle Kollegen und Vorgesetzten duzt, ist in Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern jeder Zweite mit seinem Boss per Du.

Banker und Beamte siezen ihre Kollegen meist

Auch im Branchenvergleich zeigen sich deutliche Unterschiede: Am lockersten geht es demzufolge im Bereich Public Relations und in der IT-und-Internet-Branche zu. Hier sind mehr Fachkräfte mit allen Kollegen per "Du" als in allen anderen Branchen (jeweils 70 Prozent).

Am formellsten adressieren sich der Studie zufolge Mitarbeiter in der Metallindustrie, in Banken und im öffentlichen Dienst. Während jeder fünfte Metaller und Banker seine Kollegen mit dem informellen Du anredet, sind es bei den Beamten und ihren Kollegen im öffentlichen Dienst nur 15 Prozent.

"Starre Strukturen abzubauen ist für viele Arbeitgeber sinnvoll"

Die Studienautoren sehen im Hierachieabbau und der damit oftmals einhergehenden Duzkultur nicht nur einen Vorteil für ihre Organisationsentwicklung, sondern auch einen Vorteil im Bereich Personalmarketing und Employer Branding.

"Im Zuge der Digitalisierung müssen sich auch Großunternehmen und Konzerne wandeln. Als Arbeitgeber stehen sie nun mit erfolgreichen Start-ups im Wettbewerb um die besten Köpfe", resümiert Walter Jochmann, Geschäftsführer bei Kienbaum. Starre Strukturen abzubauen sei daher für viele Arbeitgeber sinnvoll.