Praxisleitfaden hilft bei der Umsetzung der Frauenquote

Viele Unternehmen haben noch keine konkreten Angaben über die festzulegenden Zielgrößen zur Frauenquote gemacht - obwohl am Monatsende die Meldefrist dafür ausläuft. Ein offizieller Leitfaden zum Gesetz nimmt sich nun der Praxisprobleme an und verspricht eine umfassende Hilfestellung.

"Ihr müsst euch im Aufsichtsrat, im Vorstand, in der obersten Managementebene Ziele setzen, könnt aber auf eure Branche und Größe Rücksicht nehmen", rief kürzlich Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig in einer Bundestagsrede den deutschen Unternehmen zu. Wie schwierig jedoch die Formulierung solcher Ziele in der Praxis ist, machte jüngst eine Studie der HKP-Group deutlich. Die Befragung von 76 deutschen Unternehmen ergab, dass gerade die im Gesetz vorgesehenen Freiräume in der Unternehmensrealität zu Unklarheiten und letztlich einem Mehr an administrativem Aufwand führen würden. Wie korrekt vorzugehen ist, klärt der Praxisleitfaden "Zielsicher – Mehr Frauen in Führung" von der Forschungs- und Beratungsorganisation EAF in Zusammenarbeit mit KPMG.

Zielgrößen und Unternehmensformen: Was gilt wo?

Das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst sieht unterschiedliche Quotenregelungen für verschiedene Unternehmenstypen vor. Das sind:

  1. Börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen: Das heißt Publikumsgesellschaften mit in der Regel mehr als 2.000 Mitarbeitern – für die Aufsichtsräte dieser Gesellschaften gilt die fixe Geschlechterquote von 30 Prozent männlicher beziehungsweise weiblicher Führungskräfte (§ 96 Absatz 2 Aktiengesetz).
  2. Börsennotierte oder mitbestimmungspflichtige inklusive drittelmitbestimmte Unternehmen mit in der Regel mehr als 500 Mitarbeitern. Hier gilt die Verpflichtung, Zielgrößen zum Frauenanteil und Fristen zu deren Erreichung in Aufsichtsrat, Vorstand beziehungsweise Geschäftsführung und den beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands festzulegen (unterschiedliche Rechtsformen können betroffen sein).
  3. Unternehmen mit Bundesbeteiligung – bei Erfüllung der entsprechenden Voraussetzungen gelten dieselben Vorschriften, die auch in der Privatwirtschaft Anwendung finden. Zusätzlich ist hier jedoch das Bundesgremienbesetzungsgesetz zu beachten.   

Ablaufplan für die Festlegung von Zielgrößen für die Quoten

Fällt ein Unternehmen unter die entsprechende Regelung und muss somit eine Zielquote angeben, empfiehlt der Praxisleitfaden, zunächst die beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands zu definieren. Für diese Festlegung ist jedes Unternehmen selbst verantwortlich.

Dabei gilt: Für die Definition sollen keine betriebswirtschaftlichen Lehren (Top-, Middle-, Low-Management) herangezogen werden, es müssen faktische Organisationseinheiten (Hierarchieebenen) beschrieben werden, die zwar je untereinander gleichberechtigt sein können, aber einer gemeinsamen Führung untergeordnet sind.

Obwohl die Offenheit von Seiten des Gesetzgebers in diesem Punkt durchaus administrative Schwierigkeiten verursachen kann, eröffnet sie Unternehmen an anderer Stelle jedoch auch gewisse Anpassungsmöglichkeiten: Eine Mindestzielgröße ist nämlich grundsätzlich nicht vorgesehen. Damit sind die Unternehmen relativ frei in ihrer Entscheidung und können Zielgrößen auf die jeweiligen Unternehmensstrukturen zuschneiden.

Allerdings ist es eine Freiheit unter Vorbehalt: Es gilt ein Verschlechterungsverbot bei der Festlegung der Quote; das heißt, wenn der Frauenanteil unter 30 Prozent liegt, dürfen einmal erreichte Frauenanteile nicht mehr unterschritten werden. Zudem darf die festzulegende Frist eine maximale Laufzeit nicht überschreiten – bis zum 30. Juni 2017 müssen die ausformulierten Quotenziele erreicht sein.

Leitfaden als brauchbare Praxishilfe zur Frauenquote

Die schon von der Unternehmensberatung HKP-Group angesprochenen Probleme bei der praktischen Umsetzung der gesetzlichen Vorschriften zur Geschlechterquote kann auch das der Praxisleitfaden der Forschungs- und Beratungsorganisation EAF nicht lösen – es sind Schwierigkeiten, die in der Konzeption des Gesetztes selbst angelegt sind. Dennoch bietet der in Zusammenarbeit mit KPMG entstandene Praxisleitfaden eine Reihe von wertvollen Hintergrundinformationen, Erklärungen, Hinweisen, Tipps und Checklisten, die für HR-Praktiker relevant sind. Hilfreich sind auch die Darstellungen aus der Praxis von HR-Vertretern der Firmen Bayer, Bosch und Allianz.

Den Praxisleitfaden finden Sie auf der Website des BMFSFJ.      

Schlagworte zum Thema:  Diversity