Studie

Individuelle Boni im Performance Management im Trend


Individuelle Boni im Performance Management im Trend

Unternehmen bewerten wieder stärker die Einzelleistung als Basis für Bonuszahlungen – bei Führungskräften wie bei Mitarbeitenden. Teamleistung zählt hingegen weniger, wie eine aktuelle Auswertung zeigt. Die Forscher warnen allerdings vor unerwünschten Folgen dieses Trends: nämlich abnehmender Jobzufriedenheit und mehr Krankheitstagen.

In Deutschland wird intensiv über Leistung diskutiert, etwa am Beispiel SAP: Der Softwarehersteller hat ein neues System der Leistungsbewertung eingeführt. Führungskräfte sollen Mitarbeitende je nach individueller Leistung und Verhalten in drei Gruppen einteilen – mit Folgen für Gehalt, Boni und Aktienbeteiligung. Ein neuer Kurzbericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) bringt nun empirische Evidenz in die teils hitzig geführte Debatte. Grundlage der Auswertung ist das Linked Personnel Panel (LPP), eine repräsentative Befragung von Betrieben und deren Beschäftigten, die alle zwei Jahre stattfindet. Dabei zeigt sich eine Art Trendwende: "Individuelle Leistung gewinnt mittlerweile wieder an Bedeutung“, sagt IAB-Forscher Philipp Grunau.

Persönliche Leistung zählt wieder stärker

Seit 2016 verlieren klassische Instrumente im Performance Management an Relevanz. Der Einsatz von Leistungsbeurteilungen fiel zwischen 2014 und 2023 von 60 auf 44 Prozent, der von schriftlichen Zielvereinbarungen zwischen 2012 und 2023 von 60 auf 50 Prozent und der von regelmäßige Leistungsbeurteilungen zwischen 2014 und 2023 von 63 auf 53 Prozent. Nur Mitarbeitendengespräche bewegten sich auf stabil hohem Niveau: Rund 70 Prozent der Betriebe setzen sie seit Jahren ein – zuletzt nach einem kleinen Einbruch wieder häufiger.

Doch beim Vergütungsmix zeichnet sich nun eine Gegenbewegung ab: Der Anteil der Bonuszahlungen für Beschäftigte ohne Führungsverantwortung, die auf persönlicher Leistung basiert, ist zwischen 2020 und 2023 auf 49 Prozent angestiegen. Zuvor war er seit 2012 stetig gesunken. Umgekehrt entwickelten sich Boni auf Basis von Team- und Unternehmensleistung: Ihr Anteil war lange gestiegen, sank zuletzt aber leicht. Teamleistung machte 19 Prozent der Boni aus, der Unternehmenserfolg 32 Prozent. Bei Führungskräften bestimmte der Unternehmenserfolg traditionell 50 Prozent der Bonuszahlungen. Doch der Anteil der persönlichen Leistungsvariable stieg in dieser Gruppe 2023 um 2 Prozent auf 31 Prozent, während der basierend auf Teamerfolg von 22 auf 19 Prozent sank.

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Performance Management im Konzernumfeld

Treiber dieser Entwicklung im Performance Management sind vor allem Konzerne: In Betrieben mit mehr als 500 Beschäftigten nahm der Anteil derjenigen, die Boni zahlen, seit Beginn der Pandemie von 59 Prozent auf 77 Prozent im Jahr 2023 zu – ein Plus von über 30 Prozent. Gleichzeitig gewann die persönliche Leistung bei der Bonusvergabe acht Prozentpunkte an Gewicht. "Dieser Trend deckt sich mit kürzlichen Aussagen von Konzernmanagerinnen und -managern, die wieder verstärkt eine Leistungskultur durch eine engere Verzahnung von individueller Leistung und monetärer Vergütung einfordern", so Studienautor Prof. Dr. Patrick Kampkötter von der Universität Tübingen.

Mitarbeitendengespräche und Lohnzufriedenheit

Die Forscher sehen die Trendwende allerdings kritisch. Mit Regressionsanalysen untersuchten sie den kausalen Zusammenhang zwischen Methoden des Performance Managements und Erfolgskriterien wie Lohnzufriedenheit, Engagement, Commitment, Fairness und Krankheitstage. Ergebnis: Die Rückkehr zur individuellen Leistung im Vergütungsmix bringt nicht die erhofften Effekte – im Gegenteil.

Zielvereinbarungen und Erfolgskontrollen in Gesprächen mit Mitarbeitenden erhöhen zwar die Lohnzufriedenheit – auch ohne schriftliche Ziele oder formale Bewertung. Allein das Gespräch bringt plus 3,9 Prozent auf einer Skala von 1 bis 10 (Mittelwert: 6,8), schriftliche Zielvereinbarungen plus 4,6 Prozent, Leistungsbeurteilungen plus 3,1 Prozent. Aber erfolgsabhängige Vergütung verbessert die Arbeitsqualität vor allem dann, wenn kollektive Kriterien zählen. Dann steigt auch die tatsächliche Arbeitszeit, vermutlich weil mehr Zeit für Abstimmung nötig ist, aber auch, weil der Erwartungsdruck im Team einen Motivationsschub bringt.

Wann sich Leistungsorientierung lohnt

Betonen Unternehmen die Einzelleistung zu stark, sinkt hingegen die Arbeitsqualität. Eine Kopplung von Performance-Management-Instrumenten an erfolgsabhängige Vergütung bringt oft keinen Mehrwert – besonders dann nicht, wenn die persönliche Leistung stark gewichtet wird. Im Gegenteil: Das Engagement lässt nach, die Bindung ans Unternehmen schwindet. Zudem steigen dann die Krankheitstage deutlich – bei rein individueller Bewertung im Schnitt um vier Tage. Vor allem Mitarbeitende ohne Führungsverantwortung sind betroffen.

Der Erklärungsansatz der Forscher: Das Mitarbeitendengespräch kann positiv wirken, wenn Beschäftigte informelles Feedback zu Karriere und zu Entwicklungsmöglichkeiten erhalten. Das steigert das Gefühl von Gerechtigkeit und das Vertrauen in die Führung. Haben Leistungsbeurteilung und Zielvereinbarung jedoch finanzielle Folgen, verpufft der Effekt. Der Erfolg von Bonusmodellen hänge stark vom Umfeld ab – etwa von Branche oder Größe des Betriebs. Grundsätzlich gelte: "Leistungsorientierung lohnt sich, aber nur im Kollektiv", resümiert IAB-Forscher Kevin Ruf.


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