Im Recruiting vom Online-Marketing lernen

Recruiting in Zeiten von Digitalisierung und Fachkräftemangel erfordert neue Wege: Mit Methoden des Online-Marketings können Arbeitgeber passiv Stellensuchende erreichen – und zwar dort, wo sie sich täglich im Internet aufhalten. Wie das funktioniert, erläutert Startup-Gründerin Matilda von Gierke.

Die Reichweite und Möglichkeiten des Online-Marketings sind in vielen Branchen bereits etabliert. Im Internethandel beispielsweise ist es weit verbreitet. Dort werden Online-Marketing-Maßnahmen für die gezielte Direktansprache potenzieller Käufer eingesetzt. Während Anbieter ihre Produktpaletten bewerben, erfahren Käufer von Produkten, die für sie interessant sein könnten. Die Ansprache erfolgt in nativer Form, das heißt über regelmäßig besuchte Kanäle und Plattformen und auf den von ihnen favorisierten Endgeräten.

Auf den kandidatenzentrierten Arbeitsmarkt reagieren

Diese Vorgehensweise kann auch im Recruiting eingesetzt werden. Mit einer weitreichenden Direktansprache werden latent suchende Kandidaten erreicht und potenzielle Bewerber noch vor der eigentlichen Jobsuche aktiviert. Die Personalsuche mittels Online-Marketing ist eine Reaktion auf den kandidatenzentrierten Arbeitsmarkt.

Passiv Stellensuchende direkt ansprechen

Bei den traditionellen Recruitingmethoden wie Anzeigenschaltungen in Jobportalen oder Branchenplattformen sind Unternehmen darauf angewiesen, dass Kandidaten aktiv nach Stellen oder Arbeitgebern suchen. Nur dann erfahren mögliche Bewerber von interessanten Vakanzen. Spezialisten, die sich in einer festen Anstellung befinden und keine akuten Wechselabsichten haben, werden auf diesen Wegen nicht erreicht.


Click to tweet


Durch den Einsatz von Online-Marketing-Maßnahmen ist es Recruitern jedoch möglich, ihr Inserat zu den Kandidaten zu bringen, anstatt auf deren Handeln zu warten. Potenzielle Bewerber werden dort, wo sie sich sowieso regelmäßig online bewegen, auf für sie passende Stellen aufmerksam gemacht. Dies ist vergleichbar mit dem Lesen des redaktionellen Teils einer Tageszeitung: Die Vakanz wird auf dem Deckblatt beworben und nicht hinten im Anzeigenteil.

So funktioniert das Online-Marketing beim Recruiting

Es ist kein Geheimnis, dass Millionen von Nutzerdaten im Internet zur Verfügung stehen. Heutzutage hinterlässt so gut wie jeder Internetnutzer einen signifikanten „digitalen Fußabdruck“ und ist somit online erreichbar. Verschiedene Anbieter ermöglichen die digitale Ansprache durch die Nutzung dieser Daten. Zahlreiche Filterfunktionen ermöglichen das gezielte Definieren einer Zielgruppe, die auf eine Stelle aufmerksam gemacht werden soll. Gefiltert werden kann beispielsweise nach demografischen Informationen, Qualifikation, Standort, Alter, Geschlecht oder Interessen.

Click to tweet

Gefilterte Kandidaten können nun in ihren favorisierten Kanälen erreicht werden. Zu diesen gehören unter anderem soziale Netzwerke, favorisierte Webseiten, Suchergebnisse, E-Mail-Postfächer oder Apps. Ansprechbar sind diese Kandidaten auf jedem Endgerät, sei es der Computer, ein Tablet oder ein Smartphone – je nachdem, ob sie zu Hause, am Arbeitsplatz oder unterwegs sind. Sie können also jederzeit und noch bevor sie sich aktiv auf die Jobsuche begeben auf passende Stellen aufmerksam gemacht werden.

Native Form der Kandidatenansprache: Geeignet für fast jede Stelle

Die native Form der Kandidatenansprache bedeutet, dass diese nicht den Anschein einer Werbung erzeugt, sondern der Erwartungshaltung auf den jeweiligen Kanälen und Endgeräten entspricht. Die Ansprache erfolgt beispielsweise in Form einer „Neuigkeit“ auf einem sozialen Portal, eines Artikels im Suchergebnis oder eines Banners im E-Mail-System. Mittels Online-Marketing erhalten Recruiter die Hoheit der Stellendistribution: Sie entscheiden individuell, welche Kandidaten wo erreicht werden und wie sie angesprochen werden.

Click to tweet

Generell ist der Prozess für nahezu alle Positionen geeignet, sofern potenzielle Kandidaten definiert und online erreicht werden können. Von Vorteil sind regionale- und demografische Eingrenzungen, Qualifikationsanforderungen und konkrete Hintergrundinformationen über das digitale Verhalten der virtuellen Zielgruppen. Besonders gut erreichbar sind Young Professionals mit einem akademischen Abschluss. Aber auch Spezialisten werden branchenunabhängig mit dieser Methode gefunden.

Umsetzung in der Praxis

In der Praxis beginnt die Vorgehensweise mit einer ausführlichen Analyse der zu besetzenden Stelle. Empfehlenswert ist hierbei eine enge Zusammenarbeit zwischen Personal- und Fachbereich, um alle relevanten Informationen zu ermitteln. Zusätzlich sollten die Recruiter auch unternehmensspezifische Attribute, beispielsweise eine Beschreibung der Arbeitsumgebung, der Zusammenarbeit im Team und von Sonderleistungen zusammentragen. Diese Informationen fassen sie in einem Stelleninserat zusammen und legen fest, welche Highlights zur Position sie für die Kandidatenansprache verwenden.

Per Zielgruppenanalyse passende Distributionskanäle ermitteln

Eine Zielgruppenanalyse ermöglicht nun die Ermittlung von passenden Distributionskanälen – also den Kanälen, in denen sich potenzielle Bewerber aufhalten. Dort werden ansprechende Anzeigen oder Beiträge veröffentlicht. Die größte Reichweite wird meist durch die Distribution mittels Google Display und Search Ads, bezahlten Posts auf Facebook und dem angeschlossenen Audience Netzwerk sowie mit Affiliate-Marketing-Anbietern, die auf Webseiten von Vertriebspartnern Werbung schalten, erzielt. Doch auch bezahlte Inserate auf Xing und Linkedin, Beträge in Gruppen und Foren oder bei alternativen Anbietern wie Ebay-Kleinanzeigen können sehr erfolgreich sein. Wichtig bei der Auswahl der Distributionswege ist die Beachtung der vorher analysierten Präferenzen gewünschter Zielgruppen.

Auswertungen bringen Transparenz ins Recruiting

Die Nutzung dieser Online-Maßnahmen ermöglicht die detaillierte Auswertung verschiedener Statistiken: Recruiter können in Echtzeit verfolgen, wie oft ihr Inserat angesehen wurde, wie lange sich Besucher mit dem Inserat befasst haben und welche Anzeigen und Kanäle am erfolgreichsten sind. Dies ermöglicht die ständige Optimierung des Inserats und der Vertriebswege und bringt Transparenz in die Personalsuche. Zeitgleich profitieren Unternehmen dauerhaft von Employer-Branding-Effekten, denn mit jeder Ansicht einer Anzeige erfahren Kandidaten von dem beworbenen Unternehmen.

Geringere Rekrutierungskosten, bessere Bewerberqualität

Es ist keine Überraschung, dass immer mehr Unternehmen Online-Marketing-Maßnahmen im Recruiting einsetzen. Während die Rekrutierungskosten (Cost-per-Hire) und die Dauer bis zur Stellenbesetzung (Time-to-Hire) sinken, steigern die Recruiter durch die zahlreichen Vorfilter und einem dementsprechend besseren Fit langfristig die Bewerberqualität.

Click to tweet

Dennoch ist die hohe Komplexität dieser Recruiting-Maßnahmen nicht zu unterschätzen. Bei der tatsächlichen Umsetzung ist zu beachten, dass Online-Marketing ein vielschichtiges Feld ist. Die erfolgreiche Implementierung erfordert umfangreiches fachliches Know-how, das regelmäßig aufgefrischt werden muss. Das Outsourcen dieses Prozesses ist eine Möglichkeit, von der hohen Reichweite, Treffsicherheit und Transparenz dieser Methode zu profitieren, ohne die eigene Marketingabteilung mit einem entsprechenden Projekt zu belasten.


Autorin: Matilda von Gierke ist Gründerin des HR-Startups Zalvus, das die beschriebenen Maßnahmen anbietet.


Mehr zum Thema Recruiting im Zeitalter der Digitalisierung erfahren Sie im Personalmagazin Ausgabe 9/2016, unter anderem:

  • Wie zeitversetzte Videointerviews von Bewerbern erlebt werden
  • Software-Lösungen für Mitarbeiteremfehlungsprogramme
  • Search Retargeting in der Praxis
Schlagworte zum Thema:  Recruiting, Stellenanzeige, Fachkräftemangel