Führung: Wie Bevorteilung funktioniert

Nicht jeder kann gut damit umgehen wenn er den Eindruck hat, ein Teamkollege werde bevorteilt. Das hat zuletzt die Reaktion von Formel 1-Weltmeister Sebastian Vettel gegenüber Kollege Mark Webber gezeigt. Laut einer neuen Studie kann es dennoch durchaus positiv wirken, einzelne zu bevorteilen.

In der Studie wurde nachgewiesen, dass es sich positiv auf Mitarbeiter und ein Team auswirken kann, wenn ein Vorgesetzter Einzelne bevorteilt. Gängig waren bislang vor allem Führungstheorien, die eine Gleichbehandlung der Mitarbeiter nahelegen. Coach Helmut Roth, Inhaber von Robe Consulting aus Berg bei Nürnberg, sieht in den Studienergebnissen seine Erfahrungen bestätigt.

Situatives Führen ist die hohe Kunst

"Es ist nicht sinnvoll, Mitarbeiter gleich zu behandeln und damit über einen Kamm zu scheren. Vielmehr benötigt jeder Mitarbeiter eine unterschiedliche Art der Ansprache, weil die Menschen unterschiedlich sind", sagt der Coach. „Führungskräfte sollten den Anspruch haben, allen Mitarbeitern gegenüber fair und gerecht zu sein. Entscheidend ist, jeden Mitarbeiter individuell und nach seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten zu behandeln und zu fördern." Roth verweist auf das Modell des situativen Führens nach Paul Hersey und Ken Blanchard. In diesem Modell geht es darum, das Engagement und die Aufgaben eines Mitarbeiters bezogen auf die jeweilige Situation zu betrachten. "Bei einer Aufgabe kann es zum Beispiel sein, dass der Mitarbeiter noch viel Unterstützung benötigt, weil er sich noch in der Einarbeitung befindet und erst in seine Aufgaben hinein wachsen muss. Ist ein Mitarbeiter jedoch schon so sicher in seinem Aufgabenfeld, dass er selbständig agieren kann, genügt es sich von Zeit zu Zeit berichten zu lassen und seine Arbeit und Erfolge zu würdigen. Es kommt darauf an, auf jeden Menschen von der Aufgabe und von der Persönlichkeit her entsprechend einzugehen. Das ist die hohe Kunst der Führung."

Transparenz und Offenheit beugt Konflikten vor

Gefördert und hervorgehoben zu werden, kann dem Einzelnen gut tun, im Team aber zu Verstimmungen führen, das hat auch Helmut Roth schon erlebt. Er setzt deshalb auf eine Form der Kommunikation, die insgesamt für Mitarbeiter eine hohe Transparenz herstellt. Wenn jemand zum Beispiel das Potenzial hat, sich zu einer Führungskraft zu entwickeln und deshalb gefördert wird, kann das wie eine Bevorzugung wirken. "Wenn ich authentisch, ehrlich und klar jedem sage, wo ich seine Fähigkeiten sehe und wo seine Entwicklungs- und Lernfelder sind, und jeden in seiner Art wertschätze, dann halte ich das Konfliktfeld innerhalb des Teams sehr gering. Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe, die vielen Führungskräften nicht gut gelingt, weil sie sich oft nicht die Zeit und die Energie dafür nehmen."

In vielen Unternehmen würde eine höhere Mitarbeiterzufriedenheit gepaart mit höherer Effizienz erreicht werden, wenn Führungskräfte sich ihrer originären Aufgabe, nämlich zu führen, mehr bewusst wären, meint Helmut Roth. Dazu brauche es eine spezifische Qualifizierung zum Thema Führung. "Führungskräfte sind oft hervorragende Fachexperten und haben das Thema Personalführung nicht unbedingt in die Wiege gelegt bekommen", so das Fazit des erfahrenen Coachs.