Führung: Selbstbestimmung braucht Struktur und Vertrauen

Mitarbeiter wollen und können heute – zumindest technologisch – selbstbestimmt arbeiten. Aber zum Können und Dürfen gehört mehr. Und: Wie lässt sich Vertrauen herstellen und vermeiden, dass die durch freiheitliche Selbstorganisation entstehenden Handlungsspielräume ausgenutzt werden?

"Der arbeitende Mensch möchte selbst entscheiden, wann er wie und wo welche Arbeitsprozesse absolviert." Dies ist eines der zentralen Ergebnisse der in den Jahren 2012/2013 vom Münchner Kreis durchgeführten Zukunftsstudie Band V "Innovationsfelder der digitalen Welt. Bedürfnisse von übermorgen" bei 7.238 Befragten in sechs Ländern (Brasilien, China, Deutschland, Indien, Südkorea, USA). Sowohl alters- wie auch länderbedingt sind keine nennenswerten Unterschiede zu erkennen.

Menschen möchten selbst bestimmen

Dieser Wunsch nach Selbstverantwortung und Mitgestaltung, der immer wieder in unterschiedlichen Studienkontexten deutlich wird, passt zum Naturell des Menschen und bestimmte häufig das Arbeitsleben, bevor insbesondere Industrialisierung und Taylorisierung fremdbestimmende Arbeitsstrukturen entwickelten. Arbeitsprozesse wurden in Fabriken und Büros verlagert, die Stechuhren bestimmten die Arbeitszeiten und von kreativen Ideen und innovativen Lösungen profitierten Hobbies und Vereinsaktivitäten in der selbstbestimmten Frei-Zeit.

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Diese industriellen Strukturen bricht die Digitalisierung nun auf; zeitunabhängig und mobil verfügbare Technologien ermöglichen ein any-time/any-place-working sowie eine selbstbestimmte Gestaltung der Prozesse und erhöhen damit die Möglichkeiten, kreativ und innovativ tätig sein zu dürfen. Der Mitarbeiter kann – zumindest technologisch – und möchte selbstbestimmt arbeiten. Aber – reicht das?

Selbstbestimmung erfordert Verantwortung

Zum Können gehört mehr als die technologische Basis – erforderlich sind Kompetenzen in Selbstorganisation, Selbstmanagement und vor allem auch die Fähigkeit und Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Verantwortung für das Ergebnis des selbstgestalteten Arbeitsprozesses, Verantwortung für die eigenen eingebrachten Ressourcen und auch Verantwortung dafür, eventuelle negative Konsequenzen zu akzeptieren und damit umzugehen.

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Zum Dürfen gehören – wie häufig betont – Kreativitätsfördernde Organisations- und Führungsstrukturen. An die Stelle tätigkeitsorientierter Kontrollprozesse treten ergebnisorientierte Steuerung und Vertrauen.

Führung: Wie lässt sich Vertrauen herstellen?

Doch – wie lässt sich Vertrauen herstellen und vermeiden, dass die durch freiheitliche Selbstorganisation entstehenden Handlungsspielräume ausgenutzt werden? Ein wichtiger Faktor neben anderen ist sicherlich Wertschätzung des Mitarbeiters oder Teamkollegen als Individuum mit seinen persönlichen Stärken und Schwächen, als kompetenten Gestalter seiner Arbeitsprozesse, als kreativen Menschen, aber auch als Individuum, dessen kreative und innovative Ideen nicht automatisch zum Erfolg führen.

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Die Wertschätzung des Mitarbeiters und das Zutrauen, dass selbstbestimmte Organisation und Gestaltung der Arbeitsprozesse gelingen, stellen sicherlich wichtige Instrumente dar, um das Vertrauen zu stärken, die Bindung zu den Unternehmens- und Projektzielen zu erhöhen und letztlich innovationsfreundliche und selbstbestimmte Strukturen zu realisieren.