DGFP: Unternehmen setzen KI im HR-Bereich kaum ein

Nur drei Prozent der Unternehmen setzen laut einer Befragung der DGFP künstliche Intelligenz bereits heute in den Personalabteilungen ein. Personaler wünschen sich positive Effekte weniger in der Objektivierung von Entscheidungen, sondern sehen in erster Linie ein Potenzial darin, Prozesse schneller, transparenter und effizienter zu gestalten.

Das Ergebnis einer Umfrage der Technischen Universität Kaiserslautern, der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP) und des Algorithm Accountability Lab drückt eine große Diskrepanz aus: Während 93 Prozent der befragten Mitgliedsunternehmen der DGFP dem Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) in HR positiv gegenüberstehen, nutzen sie lediglich drei Prozent bereits heute. "Das ist für mich kein Widerspruch", erklärt Kai Helfritz, Leiter der DGFP mbH, die als Tochterfirma der DGFP Dienstleistungen für das Personalmanagement anbietet. "KI ist eine Zukunftstechnologie und längst noch nicht im HR-Alltag angekommen. HR wartet auf Cases, wie KI eingesetzt werden kann."

Künstlicher Intelligenz wird wenig Intelligenz zugetraut

Im Zeitraum von Mai bis Juli 2019 befragte die DGFP insgesamt 68 Mitgliedsunternehmen. Repräsentativ ist die Umfrage dadurch zwar nicht. Wie Helfritz hervorhebt, sei aber dennoch erstaunlich, dass die befragten Personaler positive Effekte der KI weniger in der Objektivierung von Entscheidungen sehen, sondern sich in erster Linie wünschen, Prozesse schneller, transparenter und effizienter zu gestalten: "Man könnte meinen, dass der künstlichen Intelligenz wenig Intelligenz zugetraut wird", betont Helfritz, neben Stephanie Borgert von der TU Kaiserslautern einer der beiden Autoren der Studie.

58 Prozent der Befragten nennen Effizienzsteigerung als erwarteten Effekt, jeweils 50 Prozent rechnen mit dem Wegfall von Routineaufgaben sowie schnelleren Entscheidungen. Lediglich 31 Prozent geben objektivere Entscheidungen als zu erwartende Wirkung an.

Personaler sehen Grenzen beim Einsatz von KI

Die befragten Personaler ziehen beim Einsatz der KI klare Grenzen. So befürworten jeweils 48 Prozent die Vorselektion von Bewerbern mittels Chatbots sowie Chatbots für HR-Services, 46 Prozent die automatische Analyse von Dokumenten (zum Beispiel Anschreiben), 41 Prozent die Erstellung von HR-Berichten für Mitarbeitende mittels KI sowie 39 Prozent die Analyse von Stellengesuchen, um passende Mitarbeitende zu finden. Jedoch verneinen die Umfrageteilnehmer den Einsatz von KI bei Einstellungs-, Trennungs- oder Konfliktgesprächen. Ebenso solle KI keine finale Entscheidung über Einstellungen, Entlassungen oder Beförderungen treffen. Auch eine Leistungsbewertung der Mitarbeitenden durch künstliche Intelligenz lehnen die Befragten ab.

Datenpool fehlt vielerorts

Etwas überrascht zeigt sich Helfritz davon, dass die Unternehmen datenseitig derzeit (noch) nicht auf maschinelles Lernen vorbereitet zu sein scheinen. Auf die Frage "Sind die relevanten Daten wie Kompetenzprofile für einzelne Berufsbilder bei Ihnen digital vorhanden?“, antworten 33 Unternehmen mit nein, 28 mit teilweise und nur sieben mit ja. "Der notwendige Datenpool liegt nur in Teilen bei den Unternehmen vor. Das ist eine der entscheidenden Voraussetzungen für den Einsatz von KI", erklärt Helfritz.

Einsatz von KI: Abweichendes Ergebnis zur BPM-Studie

Der Bundesverband der Personaler (BPM), neben der DGFP der zweite große Verband für Personalmanager in Deutschland, hatte im Mai 2019 zusammen mit dem Ethikbeirat HR Tech eine Studie veröffentlicht, nach der immerhin schon 16 Prozent der Unternehmen KI-Lösungen in HR einsetzen würden. "Möglicherweise ist die KI in den beiden Studien unterschiedlich definiert", vermutet Helfritz. In der Studie der DGFP wird KI als System definiert, das Tätigkeiten übernimmt, die – wenn sie von Menschen ausgeführt werden – eine gewisse Intelligenz erfordern. Möglicherweise kommt das abweichende Ergebnis aber auch dadurch zustande, dass der BPM gezielt für das Thema "digitale Technologien" verantwortliche Personalentscheider befragt hatte, die DGFP dagegen nicht.

Studienautoren sprechen Empfehlungen für KI-Einsatz aus

Die Richtlinien für den Einsatz von KI, die der Ethikbeirat HR Tech im Juni 2019 vorstellte, überschneiden sich in großen Teilen mit den drei Empfehlungen, die Helfritz und Borgert im Anschluss an die Studie formulierten. Demnach sollten die Mitarbeitenden im Bereich HR ein grundsätzliches Verständnis für Statistik, Algorithmen und maschinelles Lernen entwickeln. Gleichzeitig müssten Diskriminierungspotenziale in den verwendeten Daten und potenziell unerwünschte Wirkungen in der konkreten Arbeit mit einem KI-System betrachtet werden. Um KI erfolgreich einzusetzen, bedürfe es der Kompetenzen und Fähigkeiten, diese Daten zu erheben, zu selektieren und auszuwerten. Datenschutz, Datenkontrolle und Datensicherheit seien dabei elementar.

Wichtig sei weiter, dass von Beginn an Transparenz im Unternehmen herrsche. Im besten Falle bestehe ein starker Dialog zwischen HR, Betriebsrat und IT, um die besten Anwendungen künstlicher Intelligenz für das Unternehmen und die Mitarbeiter zu finden. "Eine Zielsetzung der Befragung war es, mehr Transparenz und Wissen in der Community zum Thema KI zu platzieren. Dies ist in einem ersten Schritt gelungen", freut sich Helfritz. Nun soll das Thema in den Erfahrungsaustauschgruppen der DGFP sowie auf Veranstaltungen und Tagungen vertieft werden – unter anderem bei der "03. DGFP Jahrestagung Digitale Trends und Innovationen in HR“, die am 27. und 28. November 2019 in Neckarsulm stattfindet.


Schlagworte zum Thema:  Künstliche Intelligenz (KI), HR-Management