Arbeitsmarkt: Wirtschaftskrise drückt aufs Arbeitsklima

Geht es einem Unternehmen wirtschaftlich schlecht, leidet auch das Miteinander: Beschäftigte in krisengeplagten Firmen geben dem Arbeitsklima im Schnitt die Schulnote 3,0 - in Unternehmen ohne wirtschaftliche Sorgen hingegen eine 2,6. Das zeigt eine aktuelle Befragung des Instituts der deutschen Wirtschaft.

Die Wirtschaftskrise hat den Arbeitsmarkt erreicht. Die Zahl der Arbeitslosen kletterte im August erstmals seit zehn Jahren über die Drei-Millionen-Marke. Das macht sich auch in den Betrieben bemerkbar. Zwar machen sich die Beschäftigten zumeist keine Sorgen, ihren eigenen Job zu verlieren. Dennoch spüren sie die wirtschaftliche Krise auf die ein oder andere Weise auch direkt an ihrem Arbeitsplatz, weil beispielsweise erfolgsabhängige Vergütungen geringer ausfallen, zusätzliche Anstrengungen von den Beschäftigten verlangt oder geplante Aufgaben verschoben werden.

Vermessung des Arbeitsplatzklimas

Um die Wahrnehmung der Beschäftigten über ihren Arbeitsplatz abzubilden, wurden in der jährlichen Beschäftigtenbefragung des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) 2025 erstmalig Indikatoren zur Messung des Arbeitsplatzklimas erhoben. Im Fokus steht dabei nicht der Arbeitgeber als gesamte Organisation, sondern der jeweilige direkte Arbeitsplatz. Neben Arbeitsinhalten, die als interessant und bewältigbar erlebt werden, tragen zu einem guten Arbeitsplatzklima laut Studienbericht auch vertrauensvolle zwischenmenschliche Beziehungen bei sowie Einfluss- und Entwicklungsmöglichkeiten und Arbeitsbedingungen, die zu der Lebenssituation des jeweiligen Beschäftigten passen.

Konkret wurde anhand von neun Arbeitsplatzmerkmalen und einer Bewertung auf Basis von Schulnoten von sehr gut (1) bis ungenügend (6) ermittelt, wie die Beschäftigten in Deutschland ihren Arbeitsplatz beurteilen. Dazu zählen die Arbeitsinhalte und das Arbeitspensum, die Vereinbarkeit mit dem Privatleben, die Vergütung, sowie die Möglichkeiten, eigene Entscheidungen zu treffen, sich weiterzuentwickeln und in wichtige Entscheidungen einbezogen zu werden. Auch das Miteinander wurde in Form der Zusammenarbeit im Kollegenkreis sowie mit der Führungskraft benotet. Die Kriterien wurden absichtlich möglichst neutral ohne hinzugefügte Attribute benannt, da beispielsweise für den einen als gut empfundene Arbeitsinhalte besonders abwechslungsreich und spannend sein müssen, für den anderen aber erwartbar und verlässlich.

Gute Noten für Zusammenarbeit und Vereinbarkeit

Die besten Noten gaben die Beschäftigten der Zusammenarbeit mit den Kollegen (2,2), ihren Arbeitsinhalten und der Vereinbarkeit ihrer Arbeit mit ihrem Privatleben (mit jeweils 2,4) sowie der Zusammenarbeit mit ihrer Führungskraft (2,5). Die schlechteste Note, wenn auch im Durchschnitt als "befriedigend" wahrgenommen, bekommen die Möglichkeiten, sich beruflich weiterentwickeln zu können (3,2), die Beteiligungsmöglichkeiten bei wichtigen Entscheidungen, die ihren Aufgabenbereich betreffen, und die Vergütung (mit jeweils 3,0). Dass die Einschätzungen hinsichtlich der Zusammenarbeit im eigenen Team beziehungsweise mit der eigenen Führungskraft und der eigenen Aufgaben gegenüber den Bewertungen von Vergütung und Karriereaussichten tendenziell positiver ausfallen, konnte man in der Vergangenheit ebenfalls beobachten, so die Studienautoren. 

Mit rund 3 Prozent stufen nur wenige Beschäftigte ihren Arbeitsplatz insgesamt als mangelhaft oder ungenügend ein. Einen "Einserdurchschnitt" vergaben hingegen rund 6 Prozent, 41 Prozent vergaben die Durchschnittsnote "gut".

Arbeitsplatzklima verschlechtert sich in Krisenzeiten

Ein Kernergebnis der Studie ist: Dort, wo das Unternehmen in eine wirtschaftliche Schieflage geraten ist, leidet auch das wahrgenommene Arbeitsplatzklima. Während Beschäftigte in Unternehmen mit einer guten wirtschaftlichen Lage ihren Arbeitsplatz mit der Durchschnittsnote 2,6 bewerten, sind es unter den Beschäftigten in Unternehmen mit wirtschaftlichen Sorgen 3,0. Der Anteil an Beschäftigten, die das Arbeitsklima als gut oder sehr gut empfinden, geht von 53 Prozent auf 34 Prozent zurück. 

Besonders leidet in der Krise das Verhältnis der Mitarbeitenden zu den Führungskräften. Rund 16 Prozent der Beschäftigten in wirtschaftlich angeschlagenen Firmen bewerten die Zusammenarbeit mit ihren Chefs als mangelhaft oder ungenügend – mehr als doppelt so viele wie in Betrieben ohne wirtschaftliche Sorgen. Auch das Miteinander im Team leidet: Die meisten Studienteilnehmer sagten, dass sie gut oder sehr gut mit ihren Kollegen auskommen. Doch in Unternehmen mit einer schlechten Wirtschaftslage gaben rund sechs Prozent dem Kollegenkreis nur die Noten "mangelhaft oder ungenügend".

Gutes Miteinander in der Krise stärkt Resilienz

"Die wirtschaftlich angespannte Lage schlägt unmittelbar auf das Betriebsklima durch", so IW-Arbeitsmarktexpertin Andrea Hammermann. "Führungskräfte müssen auch Kosten senken, doch wer dabei die Sorgen von Mitarbeitern im Auge behält, tut sich mit der Krisenbewältigung leichter", so Hammermann. Gerade in schwierigen Zeiten sei ein gutes Miteinander ein entscheidender Resilienzfaktor – für Unternehmen wie für Beschäftigte. 


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Institut der Deutschen Wirtschaft (IW)

Schlagworte zum Thema:  Mitarbeiterzufriedenheit , Teamarbeit
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