Wer über die Abzugsfähigkeit von Schulgeld bestimmt
In seinem Urteil vom 20.6.2017 hat der BFH klargestellt, dass die Prüfung der Voraussetzungen für die Anerkennung der Abzugsfähigkeit der Zahlungen von Schulgeld durch die Finanzverwaltung zu erfolgen hat (BFH, Urteil v. 20.6.2017, X R 26/15).
Praxis-Hinweis: Das Finanzamt muss die Voraussetzungen für die Abzugsfähigkeit von Schulgeld prüfen
Nach § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG sind als Privatschulen begünstigt:
- Schulen in freier Trägerschaft und überwiegend privat finanzierte Schulen. Voraussetzung ist die (bindende) Anerkennung durch die zuständige Behörde (Landesministerium, Kultusministerkonferenz, Zeugnisanerkennungsstelle), dass die Schule zu einem Abschluss führt, der dem Abschluss einer öffentlichen Schule gleichwertig ist (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 Sätze 1, 2 EStG).
- Außerdem sind begünstigt "andere Einrichtungen", die nicht selbst zu einem Schulabschluss führen, aber ordnungsgemäß auf einen anerkannten Abschluss vorbereiten (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 Satz 3 EStG).
Nach dem Gesetzeswortlaut ist eine staatliche Anerkennung eigentlich nur in der ersten Variante (Privatschule führt selbst zu einem anerkannten Schul- oder Berufsabschluss) Voraussetzung für den Sonderausgabenabzug. Darüber hinaus hat die Finanzverwaltung bislang aber die Auffassung vertreten, es bedürfe auch in der zweiten Variante ("ordnungsgemäße Vorbereitung" auf einen Abschluss) eines Anerkennungsbescheides durch die Kultusbehörde (BMF, Schreiben v. 9.3.2009, BStBl I 2009, 487).
Dem hat der BFH jetzt – zumindest vorläufigen – einen Riegel vorgeschoben und aus dem Gesetzeswortlaut zutreffend abgeleitet: Das Finanzamt muss prüfen, ob die Voraussetzung "ordnungsgemäße Vorbereitung" gegeben ist!
Die Entscheidung des BFH war für die Kläger im Verfahren sicherlich positiv, ob sie dies allerdings für alle Steuerpflichtige ist, bleibt abzuwarten. Schließlich obliegt es jetzt unter Umständen dem einzelnen Steuerpflichtigen den Nachweis zu führen, dass die Schule die Voraussetzungen im jeweiligen Einzelfall erfüllt. Abzuwarten bleibt die Reaktion des Gesetzgebers. Meines Erachtens liegt es nahe, dass dieser die Bestimmung des § 10 Abs. 1 Nr. 9 EStG überarbeitet und eine gesetzliche Grundlage für die bisherige Verwaltungsauffassung schafft.
Institutsbesuch zur Vorbereitung auf staatliche Abiturprüfung
Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Im Streitjahr besuchte ihre Tochter ein Institut zur Vorbereitung auf die Prüfung zum externen staatlichen Schulabschluss sowie anschließend Lehrgänge zur Vorbereitung auf die externe staatliche Abiturprüfung. Die Kläger machten hierbei im Streitjahr insgesamt 5.880 EUR als Sonderausgaben geltend. Das Finanzamt erkannte diese Zahlungen nicht als abzugsfähige Schuldgeldzahlungen an.
Hiergegen wandten sich die Kläger, da sie die Auffassung vertraten, es sei irrelevant, um was für eine Schule es sich handele. Das Finanzgericht gab der Klage statt, ließ jedoch die Revision zu. Das Finanzamt machte in der Revision vor allem geltend, die schulrechtlichen Kriterien, die maßgeblich für die Anerkennung der Schuldgeldzahlungen seien, könnten nur durch die jeweilige Kultusbehörde beurteilt werden. Ein solcher Nachweis habe hier aber nicht vorgelegen.
Kein Bescheid der Schulbehörde nötig - Zahlungen anerkannt
Die Revision des Finanzamts hatte keinen Erfolg. Entgegen der Auffassung des Finanzamts bedürfe es keiner Bescheinigung der Schulbehörde als Grundlagenbescheid. Vielmehr sei es nach dem Wortlaut der Bestimmung Aufgabe der jeweiligen Finanzbehörde die Erfüllung der Voraussetzungen für die Anerkennung der Abzugsfähigkeit von Schuldgeld als Sonderausgabe zu prüfen. Diese seien hier erfüllt gewesen, so dass die Zahlungen anzuerkennen gewesen seien.
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