dd1) Preis- und Kostensteigerungen

 

Tz. 150

Die Preis- und Kostenverhältnisse zum voraussichtlichen Erfüllungszeitpunkt stellen die wirtschaftliche Belastung des Unternehmens dar.[365] Deshalb sind grds. auch künftige Preis- und Kostensteigerungen zu berücksichtigen. Sie können entweder anhand der gesamtwirtschaftlichen oder aber anhand einer branchenspezifischen Betrachtung ermittelt werden, sofern nicht eindeutige gegenläufige Tendenzen eine andere Vorgehensweise verlangen. Maßgeblich ist damit, ob die konkreten Unternehmensdaten nicht nahelegen, dass eine abweichende Wertermittlung für die künftigen Verpflichtungen des Unternehmens erfolgen muss. Die Berücksichtigung von Preis- und Kostensteigerungen setzt zudem ausreichend objektive Hinweise bzw. hinreichend sichere Erwartungen für deren Eintritt voraus.[366] Objektive Hinweise können sich auch hier z. B. aus Erfahrungswerten aus betriebsintern gesammelten Informationen und Daten oder branchenspezifischen Informationen und Trendfortschreibungen sowie von der EZB erwarteten Inflationsraten ergeben.[367] Stützt man sich auf Eintrittswahrscheinlichkeiten, so müssen diese schon hinreichend konkretisiert sein. Dies ist beispielsweise bei erwarteten Kostenerhöhungen aus Tarifabschlüssen der Fall.[368] Die Berücksichtigung betriebsinterner Trends bei der Ermittlung künftiger Preis- und Kosten erfordert eine entsprechende Dokumentation.[369]

[365] Grottel/Rhiel, in: BeckBilKo, § 253 HGB, Rn. 158; RegE BilMoG BT-Drucks. 16/10067, 112.
[366] Hoffmann/Lüdenbach, HGB, § 253 HGB Rn. 61.
[367] Schubert, in: BeckBilKo, Rn. 158; Pannen, in: Deloitte (Hrsg.), Die Bilanzrechtsreform 2010/11, 4. Aufl., Bonn 2011, 179 f.
[368] Schubert, in: BeckBilKo, § 253 HGB Rn. 158.
[369] Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 253 HGB Rn. 3.

dd2) Preis- und Kostensenkungen

 

Tz. 151

Umstritten ist, ob auch Preis- bzw. Kostensenkungen berücksichtigt werden dürfen oder müssen. IDW PS HFA 34 geht hiervon aus, sofern diese mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind.[370] Teilweise werden objektive Anhaltspunkte für eine Kostensenkung für ausreichend gehalten, um eine Pflicht zur Berücksichtigung anzunehmen, ohne das Kriterium der Wahrscheinlichkeit zu bemühen.[371] Im Hinblick auf das Vorsichtsprinzip und mit Hinweis darauf, dass in der Gesetzesbegründung lediglich Preis- und Kostensteigerungen erwähnt werden,[372] lehnen wieder andere die Berücksichtigung von Preis- und Kostensenkungen ab.[373] Vorzugswürdig erscheint es, auf allgemeine Grundsätze abzustellen: Es geht um die Ermittlung der voraussichtlich zu erfüllenden Belastung. Dabei gilt der Maßstab vernünftiger kaufmännischer Beurteilung. Sind Preis- und Kostensenkungen nach objektiven Kriterien zu erwarten und werden sie auch den bilanzierenden Kaufmann treffen, so sind sie zu berücksichtigen. Denn ausweislich der Gesetzesbegründung sollte der Bewertungsmaßstab "Erfüllungsbetrag" dazu dienen, die Rückstellungsbewertung den tatsächlichen Gegebenheiten anzunähern.[374] Dabei ist nach den allgemeinen Grundsätzen auf das wahrscheinlichste Szenario abzustellen, unter gleich wahrscheinlichen mit verschiedenem Ausgang ist das Szenario abzubilden, das den Kaufmann mehr belastet. Im letztgenannten Fall müsste eine Berücksichtigung der Preis- oder Kostensenkung unterbleiben.

[370] IDW RS HFA 34 Rn. 29, WPg Supplement 1/2013, 123; dem folgend Schubert, in: BeckBilKo, § 253 HGB Rn. 158.
[371] Tiedchen, in: MüKo-BilR, § 253 HGB Rn. 29.
[372] RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 52.
[373] Brösel/Olbrich, in: HdR, § 253 HGB Rn. 355.
[374] RegE BilMoG, BT-Drucks. 16/10067, 52.

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