Tz. 80

Vermögensgegenstände sind grundsätzlich in der Bilanz des rechtlichen Eigentümers bzw. rechtlichen Inhabers auszuweisen.[146] Nur dann, wenn ein Vermögensgegenstand wirtschaftlich einem anderen zuzurechnen ist, ist er in dessen Bilanz aufzunehmen.[147] Das gilt unter dem Regime der EU-Bilanzrichtlinie weiterhin.[148] Die Bezeichnung dieses Regel-Ausnahme-Verhältnisses als Maßgeblichkeit des "wirtschaftlichen Eigen­tums"[149] trifft nicht den Kern der Zuordnungskriterien.[150] Entscheidend ist, wer die tatsächliche Herrschaft so ausübt, dass er einen anderen von ihr ausschließen kann.[151] Der Begriffsdefinition des Vermögensgegenstands entsprechend kommt es darauf an, wer ihn wirtschaftlich verwerten kann. Indiz ist, wem die Chancen und Risiken aus der laufenden Nutzung oder bei Veräußerung zustehen oder wer die Gefahr des zufälligen Untergangs zu tragen hat.[152] Maßgeblich ist eine Betrachtung der Gesamtumstände. Im Zweifel bleibt es beim Ansatz in der Bilanz des rechtlichen Eigentümers. Das ist gerechtfertigt, weil ihm das wirtschaftliche Verwertungsrecht zusteht, solange er es nicht rechtlich einem anderen übertragen hat (z. B. Leasing) oder umgekehrt das rechtliche Eigentum nur dergestalt übertragen wurde, dass der wirtschaftliche Gehalt beim Veräußerer verbleibt (z. B. Sicherungsübereignung). Sobald dies aber geschehen ist gilt der Grundsatz: substance over form.

 

Tz. 81

Zur Abgrenzung der einzelnen Vermögensgegenstände vgl. Tz. 30 ff. Für die Zuordnung der Vermögensgegenstände ist grundsätzlich die zivilrechtliche Eigentumslage entscheidend; die Belastung mit einem dinglichen Recht (z. B. Nießbrauch oder Erbbaurecht) ändert daran nichts.[153] Etwas anderes gilt nur dann, wenn ein Nutzungsberechtigter den Eigentümer von der wirtschaftlichen Verwertbarkeit quasi ausschließen kann:[154]

  • Die Dauer der Nutzbarkeit ist begrenzt, die Nutzung gebührt für die gesamte Zeit einem anderen
  • Der Eigentümer hat keinen Herausgabeanspruch, weil die Sache nach Ende der Nutzung durch den Berechtigten zu vernichten ist
[146] Förschle/Ries, in: BeckBilKo, § 246 HGB Rn. 5; Hennrichs, in: MüKo-BilR, § 246 HGB Rn. 156; Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 246 HGB Rn. 14. Weitergehend allein das "wirtschaftliche Eigentum" für maßgeblich erachtend Hoffmann/Lüdenbach, HGB, § 246 HGB Rn. 221, was mit dem Wortlaut der Norm kaum vereinbar ist, praktisch aber ohne Auswirkungen sein dürfte.
[147] BGH, v. 6.11.1995, II ZR 164/94; AK Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissenschaft, BB 2014, 2731 (2732); zutreffend ausdrücklich ein Regel-Ausnahme-Verhältnis annehmend auch Hennrichs, in: MüKo-BilR, § 246 HGB Rn. 156; genau umgekehrt und das Gesetz als "hochgradig missverständlich" bezeichnend Hoffmann/Lüdenbach, HGB, § 246 HGB Rn. 222.
[148] AK Bilanzrecht der Hochschullehrer Rechtswissenschaft, BB 2014, 2731 (2732).
[149] Statt vieler Förschle/Ries, in: BeckBilKo, § 246 HGB Rn. 5; Hoffmann/Lüdenbach, HGB, § 246 HGB Rn. 221.
[150] Ekkenga, ZGR 1997, 262 (264); Hennrichs, in: MüKo-BilR, § 246 HGB Rn. 157; Kleindiek, in: GroKo-HGB, § 246 HGB Rn. 44.
[151] Merkt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 246 HGB Rn. 14.
[152] Förschle/Ries, in: BeckBilKo, § 246 HGB Rn. 5; Hoffmann/Lüdenbach, HGB, § 246 HGB Rn. 225 ff.
[153] ADS, § 246 HGB Rn. 326.
[154] Hennrichs, in: MüKo-BilR, § 246 HGB Rn. 198 ff.

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