Tz. 195

Aus Gründen der Klarheit ist die Erfüllung der Redepflicht grundsätzlich in einem gesonderten Unterabschnitt mit entsprechender Überschrift wünschenswert. Es kann aber auch zweckmäßig sein, berichtspflichtige Tatsachen in die Stellungnahme zur Darstellung der Lage durch die gesetzlichen Vertreter mit ausdrücklichem Hinweis, dass es sich um berichtspflichtige Tatsachen i. S. d. Abs. 1 Satz 3 handelt, einzubeziehen.[274]

 

Tz. 196

Nach dem Gesetzeswortlaut muss der Abschlussprüfer nur darüber berichten, was er bei der Durchführung der Prüfung erfahren hat. Damit kommt zum Ausdruck, dass die Prüfung auf der einen Seite problemorientiert anzulegen ist, dass es aber nicht die primäre Aufgabe des Abschlussprüfers ist, Unregelmäßigkeiten i. S. d. Abs. 1 Satz 3 aufzudecken, d. h. der Prüfungsgegenstand wird durch diese Berichtspflicht nicht erweitert.[275] Es ist keine forensische Prüfung durchzuführen. Aufkommende Verdachtsmomente, wie z. B. festgestellte Mängel des internen Kontrollsystems oder angespannte wirtschaftliche Verhältnisse, können aber Anlass dazu geben, Prüfungsschwerpunkte und -intensitäten entsprechend anzupassen.[276] Nach h. M. sind in die Berichtspflicht auch Tatsachen einzubeziehen, die dem Abschlussprüfer außerhalb der Abschlussprüfung bekannt geworden sind, sofern diese Erkenntnisse nicht einer gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegen.[277] In Bezug auf private Kenntnisse wird dies mitunter anders gesehen.[278] Die Berichtspflicht umfasst auch Tatsachen, die den Berichtsadressaten bereits bekannt, z. B. weil auf sie im Lagebericht hingewiesen wurde, oder die zu einer Einschränkung des Bestätigungsvermerks geführt haben. Sie umfasst auch Vorgänge, die nach dem Abschlussstichtag begründet wurden.[279] Der Abschlussprüfer muss nur dann berichten, wenn er berichtspflichtige Tatsachen festgestellt hat. Eine Negativerklärung ist nicht erforderlich.[280]

 

Tz. 197

Der Abschlussprüfer genügt seiner Berichtspflicht, wenn er die den berichtspflichtigen Tatsachen zugrunde liegenden Sachverhalte mit der gebotenen Klarheit unparteiisch, wahrheitsgetreu und vollständig schildert und die sich daraus möglicherweise ergebenden Folgen aufzeigt.[281] Sofern sich die Berichterstattung mit zukünftigen Sachverhalten oder Entwicklungen befasst, ist ggf. auf bestehende Beurteilungsrisiken einzugehen. Weicht die Auffassung des Abschlussprüfers hinsichtlich der Tatsachen von der der gesetzlichen Vertreter ab, so kann es zweckmäßig sein, darauf hinzuweisen.[282] In eilbedürftigen Fällen kann es notwendig sein, vorweg einen gesonderten Teilbericht zu erstatten, sodass vom Aufsichtsrat bzw. der Gesellschafterversammlung erforderliche Sofortmaßnahmen frühzeitig ergriffen werden können.[283] Dieser Teilbericht ist dann in den Prüfungsbericht aufzunehmen.[284]

[274] IDW PS 450, WPg 2006, 113 (117); Schmidt/Poullie, in: BeckBilKo, § 321 HGB Rn. 41.
[275] ADS, § 321 HGB Rn. 84; Habersack/Schürnbrand, in: GroßKo-HGB, § 321 HGB Rn. 23.
[276] IDW PS 450, FN-IDW 2012, 256 (256).
[277] ADS, § 321 HGB Rn. 70; Burg/Müller, in: KK-RechnR, § 321 HGB Rn. 52; IDW PS 450, FN-IDW 2012, 256 (256); Lück, BB 2001, 404 (406); Schmidt/Poullie, in: BeckBilKo, § 321 HGB Rn. 28.
[278] ADS, § 321 HGB Rn. 70. A. A. Orth, in: Baetge/Kirsch/Thiele, BilanzR, § 321 HGB Rn. 54.
[279] IDW PS 450, WPg 2006, 113 (117).
[280] IDW PS 450, WPg 2006, 113 (117).
[281] Ebke, in: MüKo-HGB, § 321 HGB Rn. 45; IDW PS 450, WPg 2006, 113 (117).
[282] Schmidt/Poullie, in: BeckBilKo, § 321 HGB Rn. 44.
[283] Schmidt/Poullie, in: BeckBilKo, § 321 HGB Rn. 45.
[284] Hommelhoff, BB 1998, 2625 (2629); IDW PS 450, WPg 2006, 113 (117).

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