Rn. 279
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Mit § 289e gewährt der Gesetzgeber den UN die Möglichkeit, unter sehr restriktiven Bedingungen ausnahmsweise auf bestimmte für das UN nachteilige Angaben in der nichtfinanziellen Erklärung zu verzichten. Diese Schutzklausel beruht auf dem Mitgliedstaatenwahlrecht nach Art. 1 der CSR-R. Sie bezieht sich allein auf die nichtfinanzielle Erklärung und gilt nicht für andere Angaben im Lagebericht.
Rn. 280
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Für die Inanspruchnahme der Schutzklausel müssen folgende Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein (vgl. § 289e Abs. 1):
- Es muss sich um Angaben zu künftigen Entwicklungen oder Belangen handeln, über die Verhandlungen geführt werden,
- die Angaben müssen nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung der Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs geeignet sein, betreffendem UN einen erheblichen Nachteil zuzufügen, und
- trotz Verzichts auf die Angaben muss dennoch ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes und ausgewogenes Verständnis des Geschäftsverlaufs, des Geschäftsergebnisses und der Lage des UN sowie der Auswirkungen seiner Tätigkeit möglich sein.
Rn. 281
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Mit der ersten Voraussetzung wird der Bereich der Angaben, die weggelassen werden können, eingegrenzt. Dabei ist der Wortlaut des Gesetzes unklar, weil der Bezug des Halbsatzes "über die Verhandlungen geführt werden" nicht eindeutig ist. Bezieht sich der Halbsatz nur auf "Belangen", muss es sich nicht zwangsläufig um Angaben zu Verhandlungen handeln, sondern es werden auch Angaben zu anderen "künftigen Entwicklungen" erfasst. Dies ist nicht der Fall, wenn sich der Halbsatz auf "künftige Entwicklungen oder Belangen" bezieht. Da weder die RegB, noch DRS 20, noch die CSR-R hierzu klarstellende Erläuterungen enthalten, bleibt ein Interpretationsspielraum. In jedem Fall muss es sich aber um Angaben zu Sachverhalten in der Zukunft handeln. Zweitens müssen diese Angaben dem UN einen "erheblichen Nachteil" zufügen können. Nach DRS 20.305 ist ein solcher Nachteil anzunehmen, wenn das UN einen hinreichend konkretisierbaren geschäftlichen Schaden von beachtlichem Ausmaß erwarten kann. Dieser Schaden kann z. B. in einer signifikanten Schwächung der Marktposition bestehen. Drittens darf das Weglassen der Angaben nicht zu einer verzerrten Darstellung führen. Der Verzicht auf nach § 289c Abs. 3 wesentliche Angaben muss immer noch ein ausgewogenes Gesamtverständnis ermöglichen. Aufgrund dieser in der Gesamtschau sehr restriktiven Bedingungen ist eine Inanspruchnahme der Schutzklausel nur in eng begrenzten Ausnahmefällen möglich (vgl. DRS 20.304). Es ist davon auszugehen, dass diese in der Praxis nur sehr selten vorliegen werden (vgl. so auch Mock, ZIP 2017, S. 1195 (1200); Holzmeier/Burth/Hachmeister, IRZ 2017, S. 215 (220); Beck-HdR, B 510 (2018), Rn. 303).
Rn. 282
Stand: EL 35 – ET: 03/2022
Entfallen nach der Veröffentlichung der nichtfinanziellen Erklärung die Gründe für den Verzicht auf die Angaben, so sind die weggelassenen Angaben in die nichtfinanzielle Erklärung des nächsten GJ aufzunehmen (vgl. § 289e Abs. 2; DRS 20.303). Mit dieser Regelung wird faktisch eine zusätzliche Hürde für die Inanspruchnahme der Schutzklausel geschaffen und einer willkürlichen Anwendung entgegengewirkt (vgl. Kajüter, IRZ 2016, S. 507 (511)). Den Adressaten soll es zudem ermöglicht werden, die Angaben im Nachhinein nachzuvollziehen (vgl. BT-Drs. 18/9982, S. 53). Somit hat die Schutzklausel nur aufschiebende Wirkung und ermöglicht keinen dauerhaften Verzicht auf wesentliche Angaben. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Regelung von der speziellen Schutzklausel nach § 289a Satz 4 (vgl. HdR-E, HGB §§ 289, 289a–f, Rn. 58, 200).