Bitcoin - Bilanzierung

Virtuelle Währungen, sog. Kryptowährungen, erfreuen sich als Zahlungsmittel und Finanzierungsquelle steigender Beliebtheit. Die bilanzrechtliche Abbildung jedoch wirft wegen bislang nicht abgeschlossener Meinungsbildung und der Innovationsgeschwindigkeit Fragen auf.

Sachverhalt: Ein Unternehmen betätigt sich im Haupt- oder Nebenzweck als sog. miner von Bitcoins. Durch Zurverfügungstellung von Rechenkapazität, -speicher und -leistung gewährleistet das Unternehmen, zusammen mit den anderen Teilnehmern des Netzwerks, den Betrieb der Bitcoin-Blockchain. Als Gegenleistung dafür erhält derjenige Teilnehmer, der als erster die gestellte Rechenaufgabe löst, eine Gutschrift von in diesem Moment durch das System neu geschaffenen Bitcoins bzw. Einheiten davon. Sodann kann der Blockchain der nächste Block hinzugefügt und entsprechende Nutzer-Transaktionen ausgeführt werden.

Beurteilung: Fraglich ist, ob der Prozess des minings als Herstellung eines immateriellen Vermögensgegenstands zu beurteilen ist. Solchenfalls könnte es sich einerseits – je nach Absicht des Unternehmens – um einen selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstand des Anlagevermögens, anderenfalls um einen solchen des Umlaufvermögens (Vorräte oder sonstige Vermögensgegenstände) handeln.

Für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens besteht gem. § 248 Abs. 2 HGB ein Aktivierungswahlrecht. Bei Ausübung des Wahlrechts zugunsten einer Aktivierung erfolgt deren Bewertung i. H. d. Herstellungskosten gem. § 255 Abs. 2a HGB. Für selbst geschaffene immaterielle Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens (insb. Vorräte) besteht dagegen ein Aktivierungsgebot (§§ 246 Abs. 1 Satz 1, 253 Abs. 1 Satz 1, 255 Abs. 1 und 2 HGB). Während dem miner (sicher) Aufwendungen für die Zurverfügungstellung der Infrastruktur zum Betrieb der Bitcoin-Blockchain entstehen – insb. Energiekosten, Abschreibungen, Personalaufwand – kann die Lösung der nächsten Rechenaufgabe, die der Blockchain den nächsten Block hinzufügt, damit Nutzertransaktionen ausgeführt werden und den miner in Form einer Gutschrift in seinem Bitcoin wallet belohnt, nicht (sicher) vorhergesagt werden. Vielmehr ist die erfolgreiche Lösung der jeweiligen Rechenaufgabe als erster unter den konkurrierenden minern vom Zufall abhängig.

Da es im Zusammenhang mit Mining-Aktivitäten zum Bilanzstichtag grundsätzlich an der Konkretisierung eines herzustellenden Vermögensgegenstands fehlen dürfte, scheidet die Aktivierung von Herstellungskosten sowohl für Fälle, in denen ein (zufällig) zu schürfender Bitcoin (bzw. Einheiten davon) als Vermögensgegenstand des Anlage- als auch des Umlaufvermögens beabsichtigt ist, aus. Es ist zudem für den einzelnen miner nicht nachweisbar, dass der angestrebte immaterielle Vermögensgegenstand mit hoher Wahrscheinlichkeit entsteht oder dass die Entwicklungskosten dem zu aktivierenden immateriellen Vermögensgegenstand verlässlich zugerechnet werden können (DRS 24.45). Im Ergebnis sind die entstandenen Aufwendungen in der Periode ihres Anfalls zu erfassen, ohne als aktivierte Eigenleistung oder als Bestandserhöhung an fertigen/unfertigen Erzeugnissen oder Leistungen neutralisiert werden zu können. Wird durch (zufälliges) Lösen der Rechenaufgabe als erster Teilnehmer dem miner ein Bitcoin-Betrag gutgeschrieben, erfolgt dessen bilanzielle Erfassung in dem Zeitpunkt, in dem die Gutschrift erfolgt (i. d. R. der Zeitpunkt, in dem die Rechenaufgabe gelöst ist), und je nach Absicht des Unternehmens im Anlagevermögen (erworbene immaterielle Vermögensgegenstände) oder im Umlaufvermögen (sonstige Vermögensgegenstände). Die Zugangsbewertung der Bitcoins erfolgt mit dem im Zeitpunkt der Gutschrift bewerteten Euro-Betrag (DRS 24.77 ff.).

Für unentgeltlich erworbene immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens besteht nach h. M. ein Aktivierungswahlrecht, da es solchenfalls an einer Wertobjektivierung mangele. Für aufgrund erfolgreichen Minings gutgeschriebene Bitcoin-Beträge vermag dieser Einwand indes nicht zu überzeugen, da deren Wert durch den Markt nachgerade bestätigt wird. Überdies sollte der gutgeschriebene Bitcoin-Betrag mit dessen Zeitwert bemessen werden; eine Bewertung mit Null, die bei einem unentgeltlichen Erwerb teilweise als zulässig erachtet wird, erscheint u. E. nicht sachgerecht.

Im Zuge der Aktivierung der Bitcoins entsteht zugleich ein Ertrag in der GuV. Indes scheiden Erlöse aus dem Verkauf, der Vermietung oder der Verpachtung von Produkten offensichtlich aus. Fraglich könnte sein, ob der miner mit der Zurverfügungstellung seiner Ressourcen Erlöse aus der Erbringung von Dienstleistungen erzielt. Zentrales Merkmal für die Erbringung einer Dienstleistung ist das Vorliegen eines Leistungsaustauschs. Ob der miner mit seiner Leistungserbringung, für die er – nur möglicherweise – mit der Gutschrift von Bitcoin durch das System belohnt wird, einen direkten Leistungsaustausch mit der Bitcoin-Blockchain unterhält, oder (nur) indirekt mit dessen Nutzern, kann dahin gestellt bleiben, da es sich bei Bitcoin nicht um ein (gesetzliches) Zahlungsmittel handelt. Vielmehr tauscht der miner Rechenleistung gegen (eventuell zu erhaltene) Bitcoin-Einheiten, sodass hiernach keine Umsatzerlöse i. S. v. § 277 Abs. 1 HGB vorliegen. Auch mangels anderer (spezieller) Erträge erfolgt die Erfassung der Bitcoin-Gutschrift als sonstiger betrieblicher Ertrag.

Handlungsempfehlung de lege lata: Je bedeutender Kryptowährungen in der Wirtschafts- und Finanzwelt werden, insb. in der Praxis wirtschaftlich neben die (gesetzlichen) Zahlungsmittel treten, desto dringender stellt sich die (notwendige) Frage, ob der Ausweis und die Behandlung von virtuellen Währungen als sonstige (immaterielle) Vermögensgegenstände sachgerecht ist oder es sich vielmehr um einen Posten sui generis handelt, der vom bisherigen Gliederungsschema des § 266 Abs. 2 und 3 HGB nicht erfasst wird. Die gleiche Frage stellt sich, wenn in der Praxis die Annahme von bestimmten Kryptowährungen wie (gesetzliche) Zahlungsmittel durch Unternehmen allgemein akzeptiert wird und derartige Transaktionen (trotzdem) in der GuV – in Anwendung der Tauschgrundsätze – anstelle von (sonst) auszuweisenden Umsatzerlösen zum Ausweis von sonstigen betrieblichen Erträgen führen.

Tatsächlich bietet – noch bevor (bestimmte) Kryptowährungen als gesetzliche Zahlungsmittel anerkannt sind bzw. die o. g. Änderung des Postens nach § 266 Abs. 2 B. IV. HGB durch den Gesetzgeber erfolgt ist – das HGB bereits jetzt Abhilfe. So dürfen gem. § 265 Abs. 5 Satz 2 HGB "neue Posten und Zwischensummen […] hinzugefügt werden, wenn ihr Inhalt nicht von einem vorgeschriebenen Posten gedeckt wird". Diese Vorschrift bezieht sich neben den mit arabischen Zahlen versehenen Posten auch auf die mit römischen Zahlen und Buchstaben versehenen Posten. Möglich wäre somit bspw. die (unternehmensindividuelle) Hinzufügung eines Bilanzpostens unter § 266 Abs. 2 B. HGB: V. Virtuelle Währungen. Dies sollte aus heutiger Sicht jedoch auf (im Allgemeinen und insb. in der jeweiligen Branche) weitestgehend anerkannte bzw. akzeptierte und hoch liquide Kryptowährungen, wie bspw. Bitcoin und Ether, beschränkt sein. Abweichungen vom gesetzlichen Gliederungsschema des § 266 HGB sind sodann im Anhang zu erläutern, ebenso wie die Bilanzierungs- und Bewertungsgrundlagen dieses neuen Postens.

Solchenfalls werden Transaktionen unabhängig davon, ob die vom Unternehmen erhaltene Gegenleistung ihrer Kunden in Euro oder in Bitcoin/Ether erfolgt, gleich behandelt. Im Ergebnis münden derartige Transaktionen einheitlich im Posten Umsatzerlöse, sofern die allgemeinen Voraussetzungen gem. § 277 Abs. 1 HGB für einen Ausweis als Umsatzerlöse vorliegen. Dagegen ist u. E. eine Erweiterung des Postens § 266 Abs. 2 B. IV. HGB "Kassenbestand, …, Guthaben bei Kreditinstituten, …" um virtuelle Währungen ebenso wie dessen Umbenennung (z. B. in "Liquide Mittel") und Untergliederung (z. B. in "1. Kassenbestand, Guthaben bei Kreditinstituten" und "2. Virtuelle Währungen") de lege lata abzulehnen.

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