Im Laufe des Jahres werden von der Finanzverwaltung Änderungen im Umsatzsteuerrecht vorgenommen bzw. werden gesetzliche Regelungen oder Veränderungen aufgrund der Rechtsprechung umgesetzt. Häufig ergeben sich dabei Übergangs- oder Nichtbeanstandungsregelungen, die in der Praxis zu beachten sind.

  • Seit dem 1.1.2019 gelten unionseinheitliche Regelungen zu den sog. Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheinen. Die Finanzverwaltung[1] hatte im November 2020 erstmalig umfassend zu den Neuregelungen Stellung bezogen. Dabei ergaben sich Anwendungsgrundsätze, die so nicht aus dem Gesetz ersichtlich sind. Die Finanzverwaltung beanstandet es nicht, wenn für alle vor dem 2.2.2021 ausgestellten Gutscheine diese Regelungen noch nicht angewendet werden.
  • Nachdem der BFH in einem Urteil 2013 festgestellt hatte, dass eine Werklieferung nur vorliegen kann, wenn ein leistender Unternehmer neben von ihm selbst beschafften Hauptstoffen auch einen fremden Gegenstand be- oder verarbeiten muss, hat die Finanzverwaltung[2] den UStAE entsprechend angepasst. Dies kann insbesondere bei der Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens von Bedeutung sein. Eine ursprünglich bis zum 31.12.2020 gewährte Nichtbeanstandungsregelung hat die Finanzverwaltung[3] verlängert; für Leistungen, die vor dem 1.7.2021 ausgeführt worden sind, beanstandet es die Finanzverwaltung nicht, wenn noch die früher von der Finanzverwaltung vertretene Rechtsauffassung angewendet wird.
  • Seit dem 1.7.2021 sind in Deutschland neben den Neuregelungen zum Ort der Lieferung und zu den Besteuerungsfolgen durch das MwSt-Digitalpaket der EU, auch die besonderen Aufzeichnungsvorschriften und die Haftungsvorschriften für die Betreiber elektronischer Schnittstellen neu geregelt worden. Insbesondere müssen die Betreiber elektronischer Schnittstellen die nationale Registrierung der über sie handelnden Unternehmer nicht mehr mit der Bescheinigung USt 1 TI, sondern mit der deutschen USt-IdNr. führen. Die Finanzverwaltung[4] hatte allerdings eine Nichtbeanstandungsfrist bis zum 15.8.2021 gewährt.
  • Eine Abmahnung eines Unternehmers gegenüber einem Dritten wegen Urheberrechtsverletzung oder wegen unlauterem Wettbewerb gegen eine "Abmahngebühr" stellt nach der Rechtsprechung des BFH[5] regelmäßig einen steuerbaren Leistungsaustausch dar. Die Finanzverwaltung,[6] die dies für alle offenen Fällen umgesetzt hat, beanstandet es aber nicht, wenn für alle vor dem 1.11.2021 durchgeführten Abmahnleistungen von einem nicht der Umsatzsteuer unterliegenden Entgelt ausgegangen wird.
  • Nach der Rechtsprechung des BFH ermittelt sich die Bemessungsgrundlage bei einem Tausch anhand des subjektiven Werts, der der erhaltenen Leistung beigemessen wird. Die Finanzverwaltung[7] hatte aufgrund dieser Rechtsprechung die bisherigen Regelungen zum verdeckten Preisnachlass im Kfz-Handel abgeschafft, beanstandet es aber für alle vor dem 1.1.2022 ausgeführten Leistungen nicht, wenn noch die bisherigen Rechtsfolgen zum verdeckten Preisnachlass angewendet werden.
  • Drittlandsgrenzüberschreitende Güterbeförderungen sind nach § 4 Nr. 3 Buchst. a UStG steuerfrei. Der EuGH[8] hatte dazu allerdings festgestellt, dass dies nur dann gelten kann, soweit der Frachtführer seine Leistung unmittelbar gegenüber dem Absender oder dem Empfänger der Warensendung ausführt; sog. "Unterfrachtführer" können danach keine steuerfreien Beförderungsleistungen ausführen. Die Finanzverwaltung[9] hatte dies grundsätzlich so umgesetzt und eine ursprünglich bis zum 30.6.2020 gewährte Übergangsfrist mittlerweile mehrfach bis zum 31.12.2021[10] verlängert.

     
    Hinweis

    Die Finanzverwaltung[11] hat zu der inhaltlichen Abgrenzung der Einschaltung von Unterfrachtführern noch ergänzend Stellung genommen und insbesondere bei den sog. gemischten Sendungen Vereinfachungsregelungen vorgegeben. Die bis zum 31.12.2021 eingeräumte Nichtbeanstandungsregelung ist dadurch aber nicht verändert worden.

  • Nachdem der EuGH[12] und nachfolgend der BFH[13] Aufsichtsräte (vergleichbar aber auch alle anderen Mitglieder von Aufsichtsgremien wie Beiräte etc.) dann nicht als Unternehmer angesehen hatte, wenn sie aufgrund einer nicht variablen Festvergütung kein Vergütungsrisiko tragen, hatte die Finanzverwaltung[14] dies entsprechend umgesetzt. Für alle Leistungen, die bis zum 31.12.2021 ausgeführt werden, wird von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, dass von einer selbstständigen Tätigkeit ausgegangen wird, auch wenn kein Vergütungsrisiko vorliegt. Dies gilt auch für den Vorsteuerabzug des jeweiligen Leistungsempfängers.

     
    Hinweis

    Unbeachtlich für die Einordnung als nichtunternehmerische Tätigkeit sind nach Auffassung der Finanzverwaltung geringfügige tätigkeitsabhängige Vergütungen (bis unter 10 % variable Bestandteile). Für Politiker und Beamte in Kontrollgremien bestehen darüber hinaus Sonderregelungen.

  • Die Finanzverwaltung[15] hatte aufgrund der Rechtsprechung des BFH[16] Anpassungen beim Vorsteuerabzug einer nicht unternehmerisch tätigen (Bruchteils-)Gemeinschaft vorgenommen. Wesentliche Inhalt...

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