BFH: Erste Tätigkeitsstätte bei befristetem Arbeitnehmern

Reisekosten und deren richtige Abrechnung bei einem Arbeitnehmer mit einem befristeten Arbeitsverhältnis waren aktuell Gegenstand eines BFH-Urteils.

Der BFH (Urteil vom 10.04.2019 - VI R 6/17) hat entschieden, dass bei einem befristeten Arbeitsverhältnis regelmäßig keine erste Tätigkeitsstätte  vorliegt.

Praxis-Hinweis: Beim Leiharbeitsverhältnis können Arbeitnehmer 0,30 EUR regelmäßig pro gefahrenem Kilometer als Reisekosten ansetzen

Die Entscheidung ist zusammen mit verschiedenen anderen Urteilen veröffentlicht worden, in denen sich der VI. Senat des BFH mit wichtigen Fragen des seit 2014 geltenden Reisekostenrechts auseinanderzusetzen hatte. Hierbei hat der BFH zunächst keine verfassungsrechtlichen Bedenken an der neuen Regelung erkennen können (BFH Urteil vom 04.04.2019 - VI R 27/17). Sodann hat er die Auswirkungen der neuen Rechtslage auf verschiedene Berufsgruppen verdeutlicht (Urteil vom 10.04.2019 - VI R 6/17, Urteile vom 11.04.2019 - VI R 36/16, VI R 40/16 und VI R 12/17, siehe auch die Pressemitteilung des BFH Nr. 43 v. 18.7.2019).

Die zentrale Frage in dem im Mittelpunkt stehenden Entscheidungsfall ist:

  • Hat jemand, der bei einer Leiharbeitsfirma angestellt ist und bei einer Entleihergesellschaft befristet arbeitet, eine erste Tätigkeitsstätte und
  • kann er damit seine Fahrtkosten nur im Rahmen der gesetzlichen Regelungen zur Entfernungspauschale absetzen und nicht in voller Höhe?

Der BFH hat hierbei im Sinne des Klägers entschieden:

Ein Arbeitnehmer ist im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung regelmäßig nicht auf Dauer einer betrieblichen Einrichtung zugeordnet. Zwar ist der BFH nicht der Ansicht, dass es eine solche Zuordnung niemals geben kann, sie ist jedoch im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung, die ja gerade von der Flexibilität des Mitarbeitereinsatzes lebt, eher als ungewöhnlich anzusehen.

Eine dauerhafte Zuordnung für die Dauer eines Arbeitsverhältnisses liegt nach den Vorgaben des BFH nämlich nur dann vor, wenn für jede Zuordnung ein neues Arbeitsverhältnis abgeschlossen wird. Bei einer reinen Verlängerung gilt dies indes nicht. Betroffene Arbeitnehmer haben deshalb aufgrund dieser Entscheidung gute Chancen, Reisekosten im Rahmen einer Auswärtstätigkeit mit 0,30 EUR pro gefahrenem Kilometer geltend zu machen.

Finanzamt erkannte nur 0,30 EUR pro Entfernungskilometer an

Der Kläger war seit 2012 bei einer GmbH angestellt, die die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung betrieb. Nach seinem Arbeitsvertrag konnte er bundesweit an verschiedenen Orten eingesetzt werden. Der Kläger wurde dann bei einer AG in deren Werk in Y und später in deren Werk in X eingesetzt. Der Kläger beantragte im Rahmen einer Einkommensteuererklärung 2014 die Berücksichtigung der gesamten Fahrtkosten zur AG im Rahmen einer Auswärtstätigkeit mit 0,30 EUR pro gefahrenem Kilometer. Das Finanzamt berücksichtigte die Fahrtkosten lediglich im Rahmen der Entfernungspauschale, da sie keine Auswärtstätigkeit des Klägers sah. Der Einspruch gegen die Einkommensteuerfestsetzung hatte keinen Erfolg. Das angerufene Finanzgericht gab hingegen der Klage statt. Das beklagte Finanzamt rügte jedoch im Rahmen der durch das Finanzgericht zugelassenen Revision die Verletzung materiellen Rechts.

Keine unbefristete Zuordnung zu einem Beschäftigungsverhältnis – keine erste Tätigkeitsstätte

Die Revision hatte keinen Erfolg, der BFH bestätigte somit das Urteil des Niedersächsischen FG. Beruflich veranlasste Fahrtkosten sind Erwerbsaufwendungen. Allerdings sind Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Fahrten zwischen der Wohnung und der ersten Tätigkeitsstätte mit 0,30 EUR pro Entfernungskilometer abgegolten.

Eine erste Tätigkeitsstätte liegt vor, wenn der Arbeitnehmer einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers dauerhaft zugeordnet ist. Dies war hier beim Kläger indes nicht der Fall. Zwar schließt ein Leiharbeitsverhältnis die Annahme einer ersten Tätigkeitsstätte nicht in jedem Fall aus. Keine der beiden gesetzlichen Regelungen des § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG, die für die Annahme einer Tätigkeitsstätte maßgeblich sind, kommen hier jedoch zum Tragen. 

Eine unbefristete Zuordnung scheitert bereits daran, dass der Kläger lediglich befristet beschäftigt war. Auch für die gesamte Dauer des befristeten Beschäftigungsverhältnisses erfolgte keine Zuordnung zu einer Tätigkeitsstätte, da der Kläger mindestens zwei Standorten der AG zugeordnet war. Somit war insgesamt davon auszugehen, dass der Kläger keine erste Tätigkeitsstätte hatte.

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Schlagworte zum Thema:  Reisekosten, Entfernungspauschale