TCO erfasst direkte und indirekte Kosten

Der TCO-Ansatz unterscheidet Kosten, die

  • vor dem Vertragsabschluss,
  • während der Vertragsdurchführung und
  • insbesondere nach dem Vertragsabschluss

entstehen können (vgl. Abb. 3).

Abb. 3: Kostenkategorien des Total-Cost-of-Ownership-Ansatzes

4.1 Kosten vor Vertragsabschluss

Die Kosten vor Vertragsabschluss entstehen bereits, bevor das Objekt gekauft wird und sogar, bevor die Bestellung dem Lieferanten übermittelt wird. Es werden all diejenigen Kosten betrachtet, die von dem Zeitpunkt, ab dem ein Nachfrager im Unternehmen einen Bedarf meldet, bis zum Abschluss von Vorverhandlungen entstehen (können). Während dabei einige Kosten offensichtlich sind, wie z. B. die Kosten der Beschaffungsmarktanalyse und der Lieferantensuche, werden andere Kosten oftmals übersehen. Weniger erkennbare Kosten umfassen u. a. die Anbindung eines neuen Lieferanten in bestehende Beschaffungsabläufe eines Unternehmens, wie z. B. die Aufnahme in eine internetbasierte Ausschreibungs- und Beschaffungsplattform.

 
Praxis-Tipp

Auch Hilfsprozesse berücksichtigen

In dieser Phase fallen Kosten an, die aber oft nicht wahrgenommen werden, da sie noch nicht dem späteren konkreten Beschaffungsobjekt zurechenbar sind. Diese Kosten entstehen aber alle dadurch, dass Prozesse stattfinden, die mit Zeit verbunden sind. Notieren Sie daher alle Prozesse, die Sie oder Ihre Mitarbeiter durchführen und dem Zweck dienen, die Beschaffung eines Objekts oder eine Dienstleistung vorzubereiten. Über die geschätzte Dauer der Prozesse (multipliziert mit z. B. Stundensätzen), Kosten für Eintrittskarten für Messen, Reise- oder Fahrtkosten können Sie die Kosten ermitteln.

4.2 Kosten während der Vertragsdurchführung

Die Kosten, die während der Vertragsdurchführung entstehen, sind den Unternehmen i. d. R. bekannt und werden von diesen durchgängig erfasst. Der Einstandspreis des Beschaffungsobjekts bildet dabei oftmals den größten Kostenblock. Allerdings dürfen weitere Kosten für Prozesse wie z. B. die Qualitätsprüfung nicht unberücksichtigt bleiben. Zeichnet sich ein Lieferant einerseits zwar durch geringe Preise aus, liefert aber Beschaffungsobjekte mit einem höheren Ausschussanteil als andere (teurere) Lieferanten, sind damit für das beschaffende Unternehmen weitere Kosten für Rücksendungen, Neubestellungen und erneute Wareneingangskontrollen verbunden.

4.3 Kosten nach Vertragsabschluss

Die Kosten, die für ein Unternehmen nach Vertragsabschluss anfallen bzw. ab dem Zeitpunkt, ab dem das Beschaffungsobjekt vom Unternehmen genutzt wird, werden in der Unternehmenspraxis oft vernachlässigt. Dies gilt auch, wenn diese einen erheblichen Teil des Gesamtkostenblocks ausmachen. Der Zeitraum, in dem diese Kosten anfallen und zu berücksichtigen sind, erstreckt sich dabei von der Warenannahme bis zur Nutzung des Produkts beim Endkunden. Dabei kann beobachtet werden, dass je weiter sich das Produkt (zeitmäßig betrachtet) vom Unternehmen entfernt, desto weniger die entstehenden Kosten betrachtet und berücksichtigt werden.

Funktionsstörungen oder Gefahrenpotenziale, die durch das entsprechende Produkt entstehen, sind mit Kosten für Rücknahme bzw. Reparaturen, insbesondere aufgrund der erweiterten Gewährleistungspflichten, verbunden. Im ungünstigsten Fall kann ein defektes Produkt beim Endverbraucher sogar dem Unternehmensimage nachhaltig schaden. Aktuelle Pressemeldungen über Rückrufaktionen bei einem japanischen Automobilproduzenten, damit verbundene Vertrauensverluste bei den Kunden und in deren Folge Absatzrückgänge verdeutlichen dies.

 
Praxis-Tipp

Leistungs- und Erfolgsmaßstäbe harmonisieren

Achten Sie darauf, dass die "Erfolgsmesser" der Bereiche, die Güter wie z. B. Anlagen beschaffen (der Einkauf) und nutzen (die Produktion), zusammenpassen. Wird der Einkauf vor allem auf Basis von Einkaufspreisreduktionen beurteilt, ist er am niedrigsten Angebot interessiert. Die Produktion innerhalb eines Unternehmens wird überwiegend an den laufenden Gemeinkosten, den Kosten für den Personaleinsatz und den Kosten für Ausschuss gemessen. Sie ist demzufolge an zuverlässigen Anlagen mit geringem Nutzungs- und Wartungsaufwand interessiert. Es entstehen zwangsläufig Widersprüchlichkeiten, die mit dem TCO-Ansatz aufgelöst werden können.

Nach der Durchführung einer TCO-Analyse stellen sich die Gesamtkosten einer Beschaffungslösung transparenter dar. Erst auf dieser Basis können und sollten Unternehmensentscheidungen getroffen werden.

Abb. 4: Gesamtkosten einer Beschaffungslösung nach der TCO-Analyse

Die genannte Aufzählung relevanter Kostenbestandteile innerhalb der Kostenkategorien ist nicht abschließend und muss für jedes zu beschaffende Objekt und jede Dienstleistung neu überdacht werden. Zur Verdeutlichung möglicher Kostenbestandteile kann ein Beispiel aus dem Bereich der industriellen Serienfertigung herangezogen werden.

Fehlentscheidungen durch reinen Einstandspreisvergleich

Vielfach ist zu hören, dass die Einstandspreise bzw. die Investitionsausgaben die wesentliche Entscheidungsgrundlage beim Kauf von Produktionsanlagen bilden. Da hierbei aber wichtige weitere Kostenblöcke igno...

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