Der Fokus der verwirrenden Vielfalt von Organisationstheorien und -gestaltungsansätzen hat sich im vergangenen Jahrhundert stetig weiterentwickelt. Die Industrialisierung wurde durch mechanische Ansätze begleitet. Die Organisation wurde als eine Art "Maschine" gesehen, in der der Mensch gewissermaßen als ein funktionierendes Rädchen eingebettet war. Hierauf folgten seit den 1920er Jahren verhaltensorientierte Ansätze, die den Menschen als aktiven Organisationsakteur mit eigener Motivation und eigenen Interessen betrachten. Die modernen Organisationstheorien fokussieren sich auf unterschiedliche Teilaspekte der Organisationsgestaltung, so z. B. auf die situativen Kontextfaktoren, auf die entscheidungsorientierte Gestaltung bzw. auf die Prinzipal-Agent-Beziehungen. Einen guten Überblick über diese Schwerpunkte in den verschiedenen Theorieansätzen zur Gestaltung der Organisation liefert die Tab. 1.

 
Ansatz Aktuelle Bedeutung der Ansätze für die Gestaltung der Organisation
Bürokratieansatz
  • Sicherung von Herrschaft (Führung)
  • Bildung von Idealtypen
  • Merkmale zur Beschreibung einer Struktur
  • Strukturtyp "Bürokratie"
Tayloristischer Ansatz
  • Effiziente Erledigung von Arbeitsvorgängen
  • Fließbandproduktion
  • Idee der Eignungsdiagnostik bei Mitarbeitern
  • Idee der Verlegung von "Kopfarbeit" auf spezielle Stellen (Stäbe)
  • Tayloristischer Strukturtyp
Human-Relations-Ansatz
  • Bedeutung der informalen Organisation
Struktur-technischer Ansatz
  • Fachterminologie der betriebswirtschaftlichen Organisationslehre
  • Prozess des Organisierens in den 3 Schritten Analyse, Synthese und Verteilung von Aufgaben
Situativer Ansatz
  • Idee der Abstimmung (Fit) von Organisation, Umwelt und den anderen Subsystemen der Führung
  • Bildung von Konfigurationstypen
Entscheidungstheoretischer Ansatz
  • Bedeutung divergierender Interessen in der Organisation
  • Bedeutung begrenzter Rationalität
  • Bedeutung organisationalen Lernens
  • Organisation als Entscheidungsarchitektur
Institutionen-ökonomische Ansätze
  • Überlegungen zur Gestaltung der Unternehmensverfassung
  • Bestimmung der Grenzen der Unternehmung und Gestaltung von Kooperationen
  • Überlegung zu Vor- und Nachteilen der (De-)Zentralisation
  • Motivation der Organisationsmitglieder
Evolutionstheoretischer Ansatz
  • Prognose ungeplanten organisationalen Wandels
  • Bedeutung von Kompetenzen für die Überlebensfähigkeit einer Unternehmung
  • Überlegungen zu einem evolutionären Management
Interpretativer Ansatz
  • Bedeutung der Organisationskultur
  • Problematik einer objektivistischen Organisationsforschung
Selbstorganisationsansatz
  • Effizienzfördernde Wirkung autonomer Selbstorganisation
  • Bedeutung autogener Selbstorganisation und Überlegungen zu Eingriffsmöglichkeiten in die autogenen Prozesse
Strukturations-Ansatz
  • Bewusstsein für rekursive Zusammenhänge
  • Probleme geplanten Wandels
  • Raum-Zeit-Bezug der Organisation

Tab. 1: Organisationstheoretische Ansätze und ihre Bedeutung für die Organisationsgestaltung[1]

Insgesamt lässt sich feststellen, dass Organisationstheorien zwar umfassende Erklärungsbemühungen zum Phänomen "Organisation" darstellen, aber heute nicht auf der Höhe der Zeit und vor allem nicht auf die zentralen Herausforderungen der Praxis gerichtet sind. Sie sind meist Produkte aus der Annahme einer stabilen Umwelt. Will man sich mit der relevantesten Herausforderung der Gegenwart, nämlich der VUCA-Situation, auseinander setzen, so ist eher die Beschäftigung mit Organisationsgestaltungsvorschlägen der Managementliteratur nutzenbringender als die Deutung klassischer Organisationstheorien. Agilität beschäftigt auch Controller zunehmend, weshalb es diese zu rezipieren gilt. Es gibt Aufholbedarf!

[1] Bea/Göbel, 2019, S. 233.

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